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Augsburger Künstlerin: Mutter von Popstars Mimi und Josy: Sängerin Hélène Lindqvist malt jetzt

Augsburger Künstlerin

Mutter von Popstars Mimi und Josy: Sängerin Hélène Lindqvist malt jetzt

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    Eigentlich ist Hélène Lindqvist, die Mutter von Mimi und Josy, Opernsängerin. Nun malt sie auch.
    Eigentlich ist Hélène Lindqvist, die Mutter von Mimi und Josy, Opernsängerin. Nun malt sie auch. Foto: Siegfried Kerpf

    Der Begriff „Multitalent“ wird inflationär gebraucht, selbst eine Bosch-Küchenmaschine trägt diesen Namen. Nur wenige Menschen aber bringen es tatsächlich auf mehreren Gebieten zu außergewöhnlichen Leistungen. Hélène Lindqvist ist solch ein „Multitalent“ und ein tatkräftiges kreatives Energiebündel: Nicht nur hat sich die erfolgreiche Sängerin jüngst Malerei als zweites Standbein aufgebaut, sie managt auch eben mal ihr Business-Modell auf Social Media sowie Verkauf und Transport ihrer Werke europaweit und in die USA professionell, hat ausreichend technisches Verständnis, um Websites aufzubauen, unterrichtet als Musikpädagogin Meisterklassen in Kalifornien und ist mit vollem Einsatz Mutter – die Mutter der bekannten Mimi und Josy aus „The Voice Kids“, aber vor allem einfach eine Mutter, die für ihre Kinder da sein will, und deshalb in ihrer musikalischen Karriere nicht mehr alles ausreizt. Die Mädels sollen familiär und geografisch ein verlässliches Zuhause haben.

    Die Pandemie hat Hélène Lindqvist nicht umgehauen

    Hélène Lindqvist selbst war als Kind häufig unterwegs zwischen Stockholm, wo sie geboren wurde und bei Mutter und schwedischer Verwandtschaft aufwuchs, und Los Angeles, wohin der ägyptische Vater nach der Trennung der Eltern zog. Von ihm hat sie die dunklen Locken, ansonsten sei sie „super-schwedisch“. Was das bedeutet, fällt ihr schwer zu definieren. Vielleicht ist es die Tatsache, dass Lindqvist so entspannt und optimistisch ist, dass selbst eine Pandemie sie nicht umhaut? „Purcells ‚Dido and Aeneas’ mit mir als Dido in München wurde seit 2020 immer wieder verschoben.

    Für mich persönlich war das super, ich hatte ein paar Monate zuvor angefangen zu malen, und so hatte ich Zeit umzusatteln.“ Gemalt hat sie schon immer nebenbei und es nun autodidaktisch vertieft und viel ausprobiert. Lebendige, schnelle Pinselstriche und ausdrucksstarke Gesichter kennzeichnen ihre Bilder. Auch einen expressionistischen Einfluss – Lindqvist hat am Starnberger See gelebt und sich mit dem Blauen Reiter beschäftigt – kann man erkennen. Außerdem gibt es kein Gemälde ohne knalliges Gelb, Pink oder Orange – kontrastiert von einer gewissen Düsternis, die Lindqvist selbst ihren Werken bescheinigt: „Das ist so skandinavisch.“

    Künstlerin Hélène Lindqvist nutzt ihr Netzwerk in der Kunstwelt

    Dabei wirken die meisten ihrer Gemälde auf den ersten Blick fröhlich. Aber es macht gute Malerei aus, dass Vielschichtigkeit einen zweiten, dritten und immer wieder neuen Blick lohnt: Männer in Schutzanzügen vor einem gelben Hintergrund etwa – sind es Astronauten, Mediziner in einem Labor für Infektionskrankheiten, Aufräumarbeiter nach einer Nuklearkatastrophe? Für eine Ausstellung über weibliche Identität malte sie ausgerechnet Frauen am Herd, aber deren trostlose Gesichter sprechen Bände, während ihre Schürzen und der alte Herd auf nostalgische Art Spaß machen. Lindqvist malt nach Fotos, verändert und verfremdet die Sujets aber. Das malen zu können, erfordert Talent.

    Dazu nutzt Lindqvist ihr Netzwerk in der Kunstwelt, das durch ihre musikalische Laufbahn groß ist: Nach ihrer Ausbildung zur lyrischen Sopranistin in Stockholm studierte sie am Mozarteum Salzburg und gewann während der Ausbildung den 1. Preis im internationalen Liedwettbewerb „Concerto delle donne“. Meisterklassen und ersten Rollen folgten feste Engagements in Saarbrücken, Regensburg und Ulm. Lindqvist sang Oper, Operette, Oratorium, Lied und Musical, u.a. Mozart, Verdi, Strauß, Schönberg, Ligeti, aber auch Andrew Lloyd Webber und nach einem Wechsel ins dramatische Sopranfach Wagner. Liederabend-Tourneen führten sie gemeinsam mit ihrem Pianisten und Ehemann Philipp Vogler nach Griechenland, Schweden und in die USA, in letzteren beiden Ländern gab sie selbst Meisterkurse, engagierte sich außerdem in München als Musikpädagogin in sozialen Projekten für geflüchtete Teenager.

    In Augsburg fühlt sich die Familie wohl

    Fester Lebensmittelpunkt der Familie ist seit vier Jahren Augsburg. „Es ist wunderschön hier. Wir hatten vorher in Hamburg, Weimar, Regensburg, Köln gewohnt, aber ich habe nie wie hier erlebt, dass die Leute so gerne auf der Straße sind.“ Im Erdgeschoss ihres gemütlichen Hauses in der Altstadt, am Fenster zum Innenhof, hat Lindqvist ihr Atelier eingerichtet. „Ich male immer hier, weil ich so viel Kram habe. Meine Acrylfarben mische ich in hunderten Tigelchen, damit kann ich nicht rausgehen.“ Neben all den Farbtöpfchen sammelt sie alte Jahrbücher und Kataloge, in denen sie viele ihrer Motive findet. Lindqvist war in mehreren Ausstellungen zu sehen und für den Kemptener Kunstpreis ARTig nominiert. Auch Auftragsarbeiten bekommt sie mittlerweile so regelmäßig, dass sie langsam von der Malerei leben kann und Musik nur noch ausnahmsweise macht, wenn zum Beispiel wie jetzt ein Komponist anruft und eines seiner Stücke unbedingt von ihr aufgenommen haben möchte.

    Hier entstehen die Bilder von Hélène Lindqvist.
    Hier entstehen die Bilder von Hélène Lindqvist. Foto: Siegfried Kerpf

    Die Malerei hat für Lindqvist viele positive Aspekte: „Es ist nicht so anonym wie mit dem Opernpublikum, ich kenne praktisch alle, die meine Bilder kaufen. Meine Kunst hat Bestand. Wenn man Musik macht, singst du fertig und es ist weg. Meine Bilder kann ich wochenlang immer noch anschauen.“ Anfangs musste sie sich regelrecht daran gewöhnen, dass sie „nach oben gehen und eine Tasse Kaffee holen konnte, und es immer noch da war – großartig!“

    Aber dass der Druck weg ist, in der Musikwelt „immer superfit, noch besser als gestern, viel besser als vorgestern und besser als alle anderen“ sein zu müssen, findet sie gut. „In der Kunst gibt es für jeden Geschmack eine Nische. Ich habe die Latte anfangs nicht hoch gelegt. Warum sollte ich nicht einfach eine drittklassige Künstlerin sein, wenn es mich glücklich macht?“ Mit dieser Einstellung ist Lindqvist nicht nur absolut entspannt, sondern auch viel mehr als eine drittklassige Malerin. Zurücklehnen kann sie sich dennoch nicht: Wo andere Familien den Weihnachtsbaum schmücken, streicht sie mal eben die Wohnzimmerwand neu, nachtblau extra fürs Fest, auch wenn Pandemiebedingt das Treffen mit Freunden ausfällt. Aber das jüngste Bild wurde am Vortag fertig, und irgendetwas muss das Multitalent Hélène Lindqvist einfach immer tun.

    Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast mit den Augsburger Sängerinnen Mimi und Josy aus dem Jahr 2019 an.

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