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Warum die Tuba 2024 glänzt: Fabian Heichele im Porträt

Porträt

Liebe auf den ersten Ton: der Tubist Fabian Heichele im Porträt

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    Fabian Heichele, Tubist der Augsburger Philharmoniker, spricht mit Leidenschaft über sein Instrument.
    Fabian Heichele, Tubist der Augsburger Philharmoniker, spricht mit Leidenschaft über sein Instrument. Foto: Astrid Ackermann

    Nachts im Martinipark, am Augsburger Staatstheater. Auf der Bühne haben sie das Licht schon lange ausgeknipst. Aber von irgendwoher ... brummt es! Ein warmer Ton aus den Tiefen des Backstage-Bereichs. „Zehn Uhr bis zwei Uhr nachts, das sind die Zeiten, in denen ich am liebsten übe“, sagt Fabian Heichele. Wenn die Nacht anbricht, packt er sein riesiges, goldene Blechinstrument aus und spielt. Heichele ist der Tubist der Augsburger Philharmoniker – und damit der einzige auf seiner Position im Orchester. „Normalerweise spiele ich in der letzten Reihe, im Orchestergraben, fern vom Rampenlicht.“ Aber das wird sich ändern. Im nächsten Sinfoniekonzert will er zeigen, was in diesem riesigen Trichter steckt. Vor seinem Solokonzert spricht Heichele über die Liebe auf den ersten Ton – und warum es die Tuba verdient hat, das Instrument des Jahres 2024 zu sein.

    Fabian Heichele fand in Füssen seine Liebe zur Tuba

    Heichele erinnert sich an seine Jugend in Füssen, in seiner Allgäuer Heimat: „Ob die Tuba mich damals gesucht hat, oder ich sie, kann ich gar nicht sagen.“ Bis er 14 war, hatte er sich noch an der Posaune abgemüht. Spielte ohne Erfolg und ohne Lust, sein Lehrer war frustriert, „es war eine Teufelsspirale“. Aber dann legte ihm dieser Lehrer an der Musikschule Marktoberdorf ein anderes Instrument in die Arme: eine F-Tuba. „Es war Liebe auf den ersten Ton. Ab diesem Tag habe ich die Tuba immer mit in die Schule genommen. In jeder Freistunde habe ich geübt.“ Kaum ein Jahr später gewann er schon bei Jugend Musiziert den Bundespreis. Studierte bald an der Musikhochschule Frankfurt, am Mozarteum Salzburg, feinste Adressen. Er wurde: Tubist.

    Wie fühlt sich das an, in so einen Berg aus Metall zu blasen? In das größte der Blechblasinstrumente? „Die Schwingungen, die da entstehen, sind für mich wie Balsam, für Körper und Seele. Es fühlt sich fast wie eine Meditation an.“ Trotzdem, so eine Tuba wiegt gut 10 Kilogramm, die er mit Mundstück, Atem und Lippenspannung zum Schwingen bringen muss. Um sich fit zu halten, wandert er gerne in den Allgäuer Bergen, klettert und bouldert in der Halle. „Ich bin ein aktiver Mensch.“ Traumberuf Musiker? Er sei „nicht versessen“ auf die Karriere. Er will sein Leben als Musiker frei gestalten.

    Bei den Augsburger Philharmonikern fühlt sich Fabian Heichele zuhause

    Es gibt nicht viele Profi-Tubisten in der Szene, jedes Sinfonieorchester braucht nur eine Tuba, selbst die größten stellen höchstens zwei ein. „Man weiß unter Tubisten, in welchem Orchester welcher Kollege sitzt.“ Und fällt er einmal für einen Dienst aus, sucht er den Ersatz und klingelt sich durch sein Telefonbuch der Tubisten. Er selbst spielt auch mal im Leipziger Gewandhaus, wenn dort eine Tuba fehlt. Oder im BR-Sinfonieorchester, am Münchner Gärtnerplatztheater. „Das ist dann wie ein kleiner Urlaub und ich freue mich, wieder nach Hause zu kommen, in mein Augsburger Orchester.“

    Warum Tubisten so selten und gefragt sind? Erst vor etwa 170 Jahren wurde die Tuba entwickelt und mit den Jahrzehnten hat sie sich erst in die Werke der großen Komponisten eingeschlichen. Als Fundament, als Sound voll Kraft – für besondere Momente. Oft muss Heichele im Konzert auf seinen Einsatz warten. Viele Takte Pause. Ganze Sinfonie-Sätze ohne Note, bis sich unter dem Sound der Philharmoniker sein Tuba-Bass ausbreiten darf. Auch im jährlichen Konzertkalender „bleibt viel Freiraum“, sagt Heichele. Diese Pausen füllt der Allgäuer mit der Munich Brass Connection. Da spielt er mit Blechblaskollegen im kleinen Rahmen zu fünft, und übernimmt in Kinderkonzerten gerne die Rolle des Erzählers. Große Tuba – großes Staunen in den Augen der Kinder. Außerdem spielt er in einem Duo der ungewöhnlichen Art: Tuba plus Akkordeon, mit Konstantin Ischenko tritt er als „Tubakkord“ auf. Vom Orgelbuch von Bach bis zum Piazzolla-Tango, sie. „Weil ich Lust auf alle Stilrichtungen habe. Wir Tubisten sind unsere eigenen Arrangeure. Wir schreiben uns die Musik zurecht, die wir spielen wollen.“ Warum Tubisten so selten und gefragt sind? Erst vor gut 190 Jahren wurde die Tuba entwickelt und mit den Jahrzehnten hat sie sich erst in die Werke der großen Komponisten eingeschlichen. Als Fundament, als Sound voll Kraft – für besondere Momente. Oft muss Heichele im Konzert auf seinen Einsatz warten. Viele Takte Pause. Ganze Sinfonie-Sätze ohne Note, bis sich unter dem Sound der Philharmoniker sein Tuba-Bass ausbreiten darf.

    Auch im jährlichen Konzertkalender „bleibt viel Freiraum“, sagt Heichele. Diese Pausen füllt der Allgäuer mit der Munich Brass Connection. Da spielt er mit Blechblaskollegen zu fünft, und übernimmt in Kinderkonzerten gerne die Rolle des Erzählers. Große Tuba – großes Staunen in den Augen der Kinder. Außerdem spielt er in einem Duo der ungewöhnlichen Art: Tuba plus Akkordeon, mit Konstantin Ischenko tritt er als „Tubakkord“ auf. Vom Orgelbuch von Bach bis zum Piazzolla-Tango reicht ihr Repertoire. „Weil ich Lust auf alle Stilrichtungen habe. Wir Tubisten sind unsere eigenen Arrangeure. Wir schreiben uns die Musik zurecht, die wir spielen wollen.“

    Seit 2010 spielt Heichele die Tuba in Augsburg

    Das Image der Tuba als musikalisches Schwermetall, als wuchtig und auch ein bisschen volkstümelig, das ist ein altes Klischee. „Das Instrument wird heute in der Wahrnehmung cooler, akzeptierter. Manchmal ersetzt die Tuba in Bands den E-Bass.“ Und: „Das Instrument entwickelt sich weiter.“ Junge Tubisten testen die technischen Grenzen bis zum Limit des Machbaren. Sie spielen, was aus dem Blech herauszulocken ist, und konkurrieren bei Probespielen um die wenigen Orchesterstellen.

    Dass er sich 2010 in Augsburg seinen festen Platz erspielt hat, nennt Heichele „einen Glücksfall“. Unter den Posaunisten, Hornisten, Trompetern fühlt er sich zu Hause. Doch jetzt tritt er vor alle Register, ins Rampenlicht, für ihn ist das ein Debüt: „Ich habe noch nie als Solist mit einem Sinfonieorchester gespielt.“ Im zweiten Sinfoniekonzert der Spielzeit (28. und 29. Oktober) spielt Heichele das Konzert für Tuba und Orchester von John Williams. Wie laut wird er spielen müssen, vorne am Bühnenrand? Findet er den Draht zu den Kollegen im Orchester? Diese Fragen beschäftigen ihn.

    Im Sinfoniekonzert steht John Williams auf dem Programm

    Fällt der Name John Williams, fallen Filmfans hunderte Melodien ein: Der US-Amerikaner hat Musiken geschrieben für „Indiana Jones“ und „Harry Potter“, und wenn Darth Vader in „Star Wars“ auftritt, erklingt der düstere Marsch von Williams. Aber sein Tuba-Konzert? „Da werden keine Filmmusikphrasen zu hören sein“, sagt Heichele. „Das Konzert ist ein ungewöhnlicher John Williams.“ Kadenzen für Tuba und Flöte stecken in dem Werk, ein Trio mit Harfe und Pauke, schnelle und punktierte Augenblicke für die Tuba. „Mit den Orchesterkollegen so zusammenzuspielen, das finde ich toll. Höhen, Tiefen, Rhythmus, es ist ein sehr anspruchsvolles Konzert.“

    Die Tuba ist ein ausgezeichnetes Instrument – ganz offiziell, in diesem Jahr. Seit 2008 vergeben die deutschen Landesmusikräte den Titel Instrument des Jahres. Warum fiel die Wahl auf die Tuba? Jetzt gerät Heichele noch einmal ins Schwärmen: „Dieses Instrument ist das Gegenteil von verbissen. Ein Instrument ohne Verspannungen, die Luft darf frei fließen. Und der Klang der Tuba, der ist umarmend, einnehmend.“ Und auch wenn er bald als Solist im Scheinwerferlicht auftritt – im Orchester haben die Tubisten und Tubistinnen ihren Platz: „Wir rollen das Feld von hinten auf.“

    Info: Das 2. Sinfoniekonzert der Augsburger Philharmoniker steht unter dem Titel „American“. Das Programm wird zweimal aufgeführt, am 28. Oktober und 29. Oktober, jeweils um 20 Uhr im Kongress am Park. Auf dem Programm stehen Leonard Bernsteins Divertimento für Orchester, Charles Ives Sinfonie Nr. 1 und John Williams Konzert für Tuba und Orchester.

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