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Nahost-Konflikt: Antisemitische Debatten in Berlin finden in Augsburg keinen Widerhall

Nahost-Konflikt

Antisemitische Debatten in Berlin finden in Augsburg keinen Widerhall

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    Die Israelische Fahne hängt mittlerweile nicht mehr auf dem Augsburger Rathausplatz, nachdem sie mehrmals abgerissen wurde.
    Die Israelische Fahne hängt mittlerweile nicht mehr auf dem Augsburger Rathausplatz, nachdem sie mehrmals abgerissen wurde. Foto: Silvio Wyszengrad

    Manchmal stellt sich Überforderung ein. Flucht-Migration, Killer-Virus, Ukraine-Krieg, Hitze – die Krisen nehmen kein Ende. Und jetzt noch der Israel-Hamas-Krieg. Obwohl Tausende Kilometer weit weg, besetzen Studenten in Deutschland Universitäten, Künstler rufen auf roten Teppichen zum Israel-Boykott. Solidaritätsfahnen mit der arabische Antisemitismus die Oberhand, die Stadt setzte dem nichts entgegen, die Fahne bleibt eingemottet. 

    Im Martini-Park wird über das Schweigen zum Terrorangriff der Hamas diskutiert

    Mit diesen Worten leitete Klaus Wolf am Mittwochabend die Podiumsdiskussion der DIG für Augsburger Kulturschaffende ein. Der Ort, das Foyer des Staatstheaters im Martini-Park, war gut gewählt. Trotz der Schwere des Themas eine lockere Atmosphäre im Industriecharme vergangener Jahrhunderte. Intendant André Bücker war selbst auf der Bühne, neben ihm Thomas Elsen, Leiter der Museen für Gegenwartskunst in Glaspalast und Höhmannhaus, Schauspielerin Natalie Hünig, Kulturreferent Jürgen Enninger und die Landespolitikerinnen Caroline Trautmann (CSU) sowie Simone Strohmeyer (SPD).

    Auszuloten war, woher das Schweigen zum Terrorangriff der Hamas kommt, wo waren die Künstlerinnen und Künstler, als die Dschihadisten 1200 Israelis ermordeten, wo bleibt die laute Solidarität mit den Geiseln in den Katakomben des Gaza-Streifens? Stattdessen bot die Biennale Regisseuren eine Bühne, die öffentlichkeitswirksam „Apartheid“ in Israel und „Genozid“ an Palästinensern riefen. 

    Etwa 100 Menschen verfolgten die Debatte. Der deutsche Wissenschafts- und Künstlerbetrieb, so sagt es Andreas Müller, Lehrer, DIG-Mitglied und Moderator des Abends, habe sich mehrfach selbst diskreditiert. Woran kann das liegen? Überraschend preschte Müller mit der Frage nach der feministischen Perspektive vor. Die Kunstszene sei berechtigt stolz auf den Kampf von Me too gegen sexualisierte Macht und Gewalt

    Der Angriff der Hamas war eine Gewaltorgie gegen Frauen

    Der Angriff der Terroristen auf das Musikfestival in Israel sei genau das: eine organisierte und mit rekrutierten Kameramännern dokumentierte Gewaltorgie gegen Frauen. „Warum gab es keinen Aufschrei in dieser links-liberalen Szene?“, fragt Müller. Auch die Vereinten Nationen (UN) reagierten zunächst gar nicht, hätten wochenlang allgemeine Gesprächsmöglichkeiten ausgelotet. Erst Ende Januar sei die UN-Außenbeauftragte für Frauen nach Israel gereist, erst Ende Februar formulierten die UN erstmals den systematischen Frauenhass der Hamas. 

    Elsen, der beruflich viel in Israel ist, kritisiert eine grundsätzlich antiisraelische deutsche Haltung. „In der Kunstszene in Deutschland werden viele israelische Kulturschaffende von vornherein ausgeknockt“, hat er beobachtet, darüber müsse man reden.

    Antisemitische Debatten in Berlin finden in Augsburg keinen Widerhall

    Auf die Frage nach Relativierungen und Ja-aber-Sätzen zum Hamas-Terror sowie dem Antisemitismus in der liberal-progressiven Kulturszene hatte vielleicht die Schauspielerin Natalie Hünig die beste Antwort. Sie ist Jüdin, Halb-Israelin und in den letzten Wochen etwas unfreiwillig zur Aktivistin geworden, wie sie sagt. „In der linken Kulturszene gibt es eine Sehnsucht nach Eindeutigkeit, nach Gut und Böse, frei und unfrei. Freies Palästina steht dann plötzlich auch für den feministischen Kampf gegen das Böse. Da wird vieles einfach eingemeindet.“ In Augsburg, da waren sich alle einig, sei die Kulturszene sortiert. Die antisemitischen Berliner Diskurse fänden hier keinen Widerhall.

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