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Neues Buch über Augsburger Maler Karl Kunz

Malerei

Karl Kunz, Künstler in den Stürmen der Zeit

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    Der Augsburger Bombennacht vom Februar 1944 galt heuer großes 80-Jahr-Gedenken. Karl Kunz bannte sie im April 1945 mit Öl auf Sperrholz.
    Der Augsburger Bombennacht vom Februar 1944 galt heuer großes 80-Jahr-Gedenken. Karl Kunz bannte sie im April 1945 mit Öl auf Sperrholz. Foto: Ulrich Wagner (Archivbild)

    Das Etikett „Einzelgänger der Moderne“ trägt der Augsburger Maler und Zeichner Karl Kunz (1905-1971) zu Recht. Der früh von Kubismus, Surrealismus, Pittura Metafisica, Neuer Sachlichkeit beeinflusste Künstler erlitt im NS-Reich nicht nur Mal- und Lehrverbot, er verlor in der verheerenden Augsburger Bombennacht vom 25./26. Februar 1944 auch fast das ganze Schaffen zweier Jahrzehnte im Schutt des elterlichen Furnierhandels. 

    Karl Kunz war 1954 auf der Biennale in Venedig vertreten

    Mit deutlichem Bezug zu Picassos Schreckensbild „Guernica“ hat er im April 1945 diese Bombennacht als Kellermotiv auf eine Sperrholzplatte gebannt. 1951 wurde das Ölbild für die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen angekauft. Zwei Jahre später erwarb die Stadt Augsburg sechs Gemälde aus einer Kunz-Werkschau im Schaezlerpalais. Viel galt da sein Name, der 1954 auch auf der Biennale von Venedig im Deutschen Pavillon vertreten war. Doch alsbald geriet seine an Figur und Gegenstand gebundene Kunst quer zur Zeit, die Abstraktion und Informel quasi zur westlichen Norm erhob. 

    Kunz zog sich aus dem Kunstbetrieb zurück in die verschlüsselte Welt seiner inneren Bilder. Gleichwohl gibt es keinen zweiten Augsburger Maler des 20. Jahrhunderts in so vielen Museumsbeständen – sei es Von-der-Heydt Wuppertal, Mathildenhöhe Darmstadt, Städel Frankfurt, Folkwang Essen, Kunstmuseum Leipzig, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Pinakothek der Moderne München, Museum der Moderne Salzburg.

    In der Neuen Nationalgalerie Berlin hängt Kunz neben Picasso

    Und doch waren viele Kunstfreunde überrascht, als die Neue Nationalgalerie Berlin bei ihrer Wiedereröffnung 2021 Karl Kunz mit „Deutschland erwache!“ neben Picassos „Großen liegenden Akt“ präsentierte; beide Gemälde aus dem Jahr 1942. In Augsburg trat Kunz zuletzt 2013/14 bei der zweiten Jahresausstellung der Kongresshalle größer in Erscheinung. 

    Sein grafisches und malerisches Schaffen liegt in zwei Werkverzeichnissen von 2013 und 2015 umfänglich vor. Umso willkommener erscheint nun die summarische Betrachtung, die mit dem Titel „Karl Kunz – Ein Surrealist der Nachkriegsmoderne“ vom Verlag Klinkhardt & Biermann in München herausgebracht wurde. Verfasser ist der an der Universität Regensburg lehrende Kunstgeschichtsprofessor Christoph Wagner. 

    Ein neues Buch bringt Karl Kunz nahe

    Das geschmackvolle Bändchen ist reich illustriert mit Malerei und im biografischen Teil mit Fotos. Ein Selbstporträt fehlt allerdings. Es gibt wohl auch keines von diesem Maler, der mit der „Unzulänglichkeit meines Künstlertums“ haderte und die angeschwemmte Galionsfigur eines Schiffswracks siebenmal als sein Selbst ausgab. 

    Das erklärt, warum die von seinem Sohn Wolfgang in Berlin arrangierte Gedenkschau zu seinem 50. Todestag den Titel „Der Schiffbrüchige“ trug. Von einem Ehrenaufenthalt in der römischen Villa Massimo war Kunz 1971 geschwächt nach Frankfurt zurückgekehrt, wo er wenig später seinem chronischen Herzleiden erlag. Im Familiengrab auf dem Augsburger Nordfriedhof wurde er beigesetzt. 

    Christoph Wagner: Karl Kunz - Ein Surrealist der Nachkriegsmoderne. Klinkhardt & Biermann Verlag, München. 80 Seiten; 12,90 €.

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