In den „Metarmophosen“ schickt Autor Lucius Apuleius den göttlichen Amor mit der weltlichen Psyche auf einen irrlichternden Weg durch Verlangen, Tabubruch, Verlust und Erkenntnis. Dass das Elektropop-Duo Fliegende Haie sein Debütalbum nach den beiden Protagonisten benannt hat, ist konsequent, sind doch die neun Songs der Eigenproduktion „Amor und Psyche“ ein wilder Ritt auf Synthieburgen und Effektbatterien durch die Höhepunkte und die Abgründe des menschlichen Seins.
Auf dem neuen Album der Fliegenden Haie treffen Gangsterrap auf Rave-Keyboards
Durch sein Revolvergebiss drücken sich in einem Haileben bis zu 30.000 Zähne, musikalische Referenzen findet man auf dem Album nur unweigerlich weniger. Der Opener „Astronaut“ atmet die schneidende Luft einer NDW-Disko, Jan Königs Gesang klingt, als wäre Falco von den Toten auferstanden und hätte die Augsburger Elektropunks Fräulein Brecheisen für sich entdeckt. Gangsterrap-Beats der ganz alten Schule treffen auf Rave-Keyboards aus den Neunzigern, die große Chartshow verirrt sich in einen Hauptstadt-Technoclub, als Berlin noch cool war. Die antike Schönheit Psyches verzerrt sich zur modernen Psychose, dröhnende Bässe unter Glitzerkeyboards bei „Venus“ lassen die dunklen Abgründe hinter der schillernden Fassade der Reichen und Schönen erahnen.
Jeder Song ist zwingend tanzbar, die düsteren wie humorvollen Texte unbedingt beachtenswert. Kristina Paulini klingt wie Jill Scott, wenn sie Frau Klum fragt, mit welchem Topfmodel ihr nächster Einheitsbrei gekocht wird. Apuleius warnte vor der Lektüre: „Pass auf, du wirst dich amüsieren.“ Knapp 2000 Jahre später behält diese Warnung zum Haie-Debut ihre Relevanz.