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Museen und Kunstsammlungen Augsburg: Kostbar und kunstvoll: Das „Altenstetter Besteck“ ist zurückgekehrt nach Augsburg

Museen und Kunstsammlungen Augsburg

Kostbar und kunstvoll: Das „Altenstetter Besteck“ ist zurückgekehrt nach Augsburg

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    Funkelnder Drache: Ein Detail aus dem Altenstetter Besteck.
    Funkelnder Drache: Ein Detail aus dem Altenstetter Besteck. Foto: Karolin Rapp, Kunstsammlungen und Museen Augsburg

    Allzu viel weiß man nicht, über die Gebrauchsgeschichte dieses Bestecks, das da hinter Vitrinenglas funkelt. Aber lässt man die Augen über Löffel, Gabel, Messer wandern, dann versteht man sofort, dass dieses Set nicht für die allabendliche Wochentags-Tafel gedacht war. Wie denn auch? An Essen wäre kaum zu denken gewesen, der Blick hätte sich verloren in den winzigen, millimeterkleinen Details. Dort, an den silbernen Gabelgriffen, schillern Fantasiewesen: Hier ein blauer Drache, der seine goldenen Flügel spreizt. Da ein fabelwesenhaftes Männlein, das ein Musikinstrument bläst, darüber Laute und Trompete. Und am nächsten ein Katzenwesen, das mit einer Blume spielt, zwischen Blüten und Ranken. Es schillert und kein Griff gleicht dem anderen. Dieses Besteckset, dieses Kunstwerk aus der Renaissance, ist jetzt nach 409 Jahren zurückgekehrt an den Ort seiner Herkunft.

    Das Altenstetter Besteck in seiner neuen Vitrine, im Augsburger Maximilianmuseum.
    Das Altenstetter Besteck in seiner neuen Vitrine, im Augsburger Maximilianmuseum. Foto: Veronika Lintner

    1615 hatte es der Goldschmied David Altenstetter aus Augsburg geschaffen, einer der fähigsten seiner Zunft und Zeit, den Kaiser Rudolf II. einst zum Hofgoldschmied ernannte. Über Jahrhunderte und Umwege hat das Gedeck seinen Weg zurück gefunden, ist jetzt für alle Besucher im Maximilianmuseum zu besichtigen – und im Besitz der Kunstsammlungen und Museen Augsburg.

    1615 schuf Altenstetter sein Besteck für Maximilian I.

    Christof Trepesch, Direktor der Kunstsammlungen, und Jürgen K. Enninger, Kulturreferent der Stadt, präsentieren das Besteck gemeinsam im zweiten Stock des Museums: Sie sprechen von einem „spektakulären Neuzugang“, der ja eigentlich ein altbekannter ist. „Die Fuggerstadt war damals eine der wichtigsten Goldschmiedemetropolen“, sagt Enninger. Die Schmiede der Stadt belieferten die weltlichen und geistlichen Höfe Europas mit Goldware. Ein Edelprodukt, ja ein Stück Kunst dieser Zeit ist das Besteck von David Altenstetter (circa 1547 bis 1617), das er im Jahr 1615 wohl für Erzherzog Maximilian I. von Bayern schuf, für den Wittelsbacher Hof. Weitere Spuren des Sets finden sich im 18. Jahrhunderts, damals war es im Besitz der Augsburger Bankiersfamilie von Münch. Doch dann klafft eine Lücke im Lebenslauf des Bestecks, soweit die Forschung seine Wege rekonstruieren kann.

    2005 tauchte es wieder auf, beim britischen Auktionshaus Christies. Als die Echtheit des Fundstücks bestätigt war, da habe sich die Stadt Augsburg darum bemüht, das Set zu ersteigern. Doch am Ende wanderte das Besteck zu einem Privatsammler aus den USA, für die Summe von 1,24 Millionen Britischen Pfund. Jetzt, 20 Jahre später, als das Besteck wieder auf dem Kunstmarkt landete, waren es nun auch private Kräfte, die die Rückkehr möglich machten. „Dank eines Unterstützers der Augsburger Kunstsammlungen und Museen konnte es erworben werden“, erklärt Christof Trepesch.

    Aus 40 Teilen besteht das Besteck im Maximilianmuseum

    Eine kleine Bestandsaufnahme: 40 Teile. 12 Messer, 12 Löffel und 12 kurze Gabeln mit jeweils zwei Zinken. „Zwölfteilig, diese Zahl hat natürlich etwas Symbolisches“, erklärt Trepesch. Die zwölf Apostel, die zwölf Stämme Isreals, aber auch in anderen Kulturen sei die Zwölf als Zahl mit Bedeutung geladen. Dass hier die Dreiheit von Löffel, Gabel, Messer vereint ist, das galt zu Altenstetters Zeiten aber noch als echte Neuheit: „Der Löffel war das Hauptbesteck bis zum 16. Jahrhundert. Die Gabel war nördlich der Alpen gar nicht so weit verbreitet“, erklärt Trepesch. Und das hat dem Altenstetter Besteck einen offiziellen Eintrag im Guinness Buch der Rekorde verschafft, als „oldest complete cutlery set“, als ältestes, komplettes Besteckset, so wie wir es heute verstehen.

    Drei Teile von 40 aus dem Set des Altenstetter Bestecks.
    Drei Teile von 40 aus dem Set des Altenstetter Bestecks. Foto: Veronika Lintner

    Jeder Griff ist aus Silber gearbeitet, jeder Messergriff trägt die Signatur „D.A.F.“, kurz für „David Altenstetter Fecit“. Auf den Löffeln und Gabeln ist auch das Augsburger Beschauzeichen mit der Zirbelnuss verewigt. Dass dieses Besteck so glänzt und schimmert und durchsichtig wirkt, liegt natürlich daran, dass es als Prunk- und nicht als Gebrauchsstück diente, „das ist sicher nicht oft benutzt worden“, erklärt Trepesch. Aber es liegt auch an den Handwerks-Kniffen: Das Besteck ist eines der frühsten Beispiele für die sogenannte Tiefschnitt-Emaille, einer besonderen Behandlungstechnik des Materials, für die Altenstetter bekannt war. Und so schuf er vielfarbige Wesen, Drachen, Vögel, Pflanzen, die das Besteck bevölkern. Diese Ornamente sind kleine Grotesken, so wie sie in der Spätrenaissance in Mode waren.

    Das Museum hat das Besteck so drapiert, dass jedes Einzelteil zu seiner Geltung kommen und etwas vom Lichtschein abbekommen soll, damit die Details mit dem wandernden Auge, mit dem Blickwinkel funkeln. Das Besteck sei ein Hauptwerk Altenstetters, ein Hauptwerk der „Augsburger Renaissancekunst überhaupt“.

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    1 Kommentar
    Michael Weidel

    12 Messer + 12 Löffel + 12 kurze Gabeln = 40 Teile ??? Ich komm da nur auf 36.

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