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Mojca Erdmann mit "Les Illuminations" beim Mozartfest Augsburg

Mozartfest

Mojca Erdmann beim Mozartfest: Lichter, Klangfarben und Affekte

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    Applaus für die Sopranistin Mojca Erdmann, die zusammen mit der Bayerische Kammerphilharmonie Werke von Britten und Mozart interpretierte.
    Applaus für die Sopranistin Mojca Erdmann, die zusammen mit der Bayerische Kammerphilharmonie Werke von Britten und Mozart interpretierte. Foto: Fabian Schreyer

    Unter dem Titel „Illuminations“ machte das Programm der Bayerischen Kammerphilharmonie beim Augsburger Mozartfest gewaltige, abenteuerliche Sprünge. Die festliche Beleuchtung, die Erleuchtung im weiteren Sinne nahm in verschiedenster Weise musikalische Gestalt an: aus der Feder von Wolfgang Amadeus Mozart und von Benjamin Britten. Einziges verbindendes Glied war ein „Link“ zu einem Londoner Mozart-Zeitgenossen.

    Um beim Abenteuer zu beginnen: Das Frühwerk „Les Illuminations“ op. 18 von Benjamin Britten (1913 - 1976) ist zugleich eines seiner Hauptwerke, das die ganze Fantasie des Engländers schon zum Ausbruch brachte und seine Weltbedeutung begründete. Bereits die erste Begegnung mit dem Lyrik-Zyklus des französischen Poesie-Anarchisten Arthur Rimbaud (1854 - 1891) in den frühen dreißiger Jahren fesselte ihn und ließ ihn nicht mehr los, bis es Jahre später zur Aufführung kam. Aus dem genial wuchernden Knäuel dieser Prosa-Lyrik komprimierte Britten neun Gedichte für seinen Liederzyklus, der dann ebenso anarchisch lodernde Klänge hervorbrachte.

    "Les Illuminations" als wild mäandernder Trip von Poesie und Musik

    Rimbaud pendelte mit seinem Dichterfreund und Geliebten Paul Verlaine während der Entstehung des Werks zwischen Paris, London und Brüssel und spiegelt darin eine entsprechende Rastlosigkeit wider. Den wild mäandernden Abenteuer-Trip durch die Geschichte, die unterschiedlichen Kulturen, Mythen und Gefühle, aber auch in die Gehirnwindungen des von Sigmund Freud neu beleuchteten Menschen scheint Britten in seiner Kunst aufzunehmen, setzt den irrlichternden Rimbaud-Topos im Strudel von New York fort. 

    Herausgekommen ist eine Musik, die ohne Bläser und Schlagzeug auskommt und in der hinreißend das reine Streichorchester wie wohl bei keinem anderen Komponisten der neueren Zeit in die Rolle der Farbgeber schlüpft. Da reißen Pizzicati, kunstvoll „pfeifende“ Flageolett-Passagen, jäh platzierte Kontraste mit verhauchenden und hart knallenden Echowirkungen, auch schimmernde Melodiebögen ein Farbpanorama auf, in dem die Sängerin Mojca Erdmann ein von der Kammerphilharmonie höchst virtuos modelliertes Klangbett vorfindet. Darin breitete die vielseitige Hamburger Sopranistin ihr flexibel brillierendes Stimmmaterial aus. Das Publikum jubelte.

    Mojca Erdmann macht Mozarts Musik zu einer Art Mini-Theater

    Ihr Potenzial, den dramatischen Ausdruck elastisch ins intime Register zu überführen, eine musikalische Szene überzeugend zu verwandeln, führte Mojca Erdmann auch nach der Pause in einer anderen Musikepoche vor. Zwei berühmte Konzertarien Mozarts, „Basta vincesti - ah non lasciarmi, no“ (KV 486a) und „Bella mia fiamma, addio“ (KV 528), machte sie mit dem Zauber ihrer vokalen Präsenz zu einer Art Mini-Theater: Liebe, Verzicht, Hoffnung scheinen auf. 

    Den Abend hatte das Werk eines Mozart-Zeitgenossen, den er selbst in London traf, eingeleitet, die Ouvertüre zur Oper „La Duenno“ von Thomas Linley. Im selben Jahr wie Mozart, 1756, geboren, starb er früh bei einem tragischen Bootsunglück. Die Ouvertüre, dreiteilig nach dem Muster einer „Sinfonia“ angelegt, imponiert durch eine farbige aufgefaltete Themendichte. 

    Und Mozart schließlich beendete den Abend. Die Sinfonie C-Dur KV 425, die „Linzer“, brachte er umständehalber in wenigen Tagen zu Papier. Doch man hört ein geniales, perfektes Werk: Immanente Stimmungswechsel im 1. Satz wie bei „Don Giovanni", seliges Strömen im Andante, ein deftiges Menuett wird im Trio ins Pianissimo entrückt, zuletzt ein pulsierendes, wunderbar organisch dem Ende zugeführtes Finale. Die Bayerische Kammerphilharmonie lud dieses Werk mit bebender Energie und präzis gesteuerter Affektfreude auf. Jubel im Saal.

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