Mit einer jauchzenden Klarinette, mit Soprangesang und Tamburin, brummendem E-Bass und schwelgendem Klavier – so begrüßt die jüdische Gemeinschaft in Schwaben das neue Jahr. Kurz vor Rosch ha-Schana, dem Neujahrsfest im jüdischen Kalender, das diesmal auf die Zeit vom 2. bis 4. Oktober fällt, spielt das Ensemble Feygele ein Festkonzert. Im Parktheater Göggingen fließt die Musik durch die Strömungen der jüdischen Klangkulturen und auch quer durch die Geschichte. Von alten liturgischen Weisen zu jungen Popsongs, über rumänische Tänze – bis zum Ausflug in den Wilden Westen.
Auch Country-Sound klingt beim Neujahrskonzert Von Feygele an
Bei diesem 14. Neujahrskonzert erzählen die Lieder Geschichten: Christina S. Drexel singt als Solistin Melodien auf Jiddisch wie Hebräisch, mit silbrigem Klang und sensiblem Vibrato. Mit manchem Text wird ein Gebet angestimmt, ein Lobpreis Gottes im Ton der Melancholie. Dann handelt ein altes Lied von einem bettelarmen Waisenjungen, der versucht, Zigaretten zu verkaufen. Lieder für große Gefühle.
Leichtigkeit klingt mit der Klezmer-Musik an: Sie entstand im 15. Jahrhundert als jüdische Volksmusik, mit Schwung und Seele. Da darf es rasseln, aber mit kontrolliertem Temperament: Drexel greift zum Tamburin, oder auch zur zweiten Geige neben Susanne Zippe. In diesen Stücken übernimmt die wichtigste Stimme aber Antonia Zott, mutig spielt sie voran mit ihrer Klarinette. Einige Zuschauerinnen dürfen dazu selbst einen jüdischen Tanz einüben und auf der Bühne aufführen – der Rest des Saals klatscht im Takt mit spürbarer Begeisterung. Der humorvollste Moment aber: Drexel setzt sich einen Sombrero auf, der Song „Borscht riders“ erzählt von einem wilden Pferd auf der Rennbahn. Eine schräge, ulkige Country-Parodie.
Im Neujahrskonzert wird an Nikola David erinnert
Der Abend zeigt, wie weit jüdische Klangkultur zurückreicht und wie weit sie sich entfaltet. Der stillste Moment ist dabei einem Musiker gewidmet: Nikola David ist am 2. August 2024 gestorben, der Kantor galt als wichtiger Impulsgeber der jüdischen Musikgemeinschaft. Das Ensemble Feygele spielt sein Lieblingslied „Adio kerida“, eine sephardische Liebesmelodie. Die begleitet Peter Bader am Klavier mit tiefem Ausdruck.
Das Neujahrskonzert endet mit einem jiddischen Grußwort, Bandgründer Josef Strzegowski kündigt dem Publikum den Titel des letzten Stücks an: „A gite Nakht!“
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