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Lesung: Im Zoo geht's recht kraftbayrisch zu

Lesung

Im Zoo geht's recht kraftbayrisch zu

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    Bernhard Butz und Michaela Dietl fordern ihr Publikum mit bairischen Texten von Georg Queri.
    Bernhard Butz und Michaela Dietl fordern ihr Publikum mit bairischen Texten von Georg Queri. Foto: Peter Fastl

    Jener Pfau, der beim ersten Abend von „Literatur im Tiergarten“ dem Valentin-Geschichten erzählenden Dirk Heißerer kreischend ins Wort gefallen war, hatte am zweiten Abend der Reihe keine Chance gegen Michaela Dietl, die wie ein Rudel Hunde bellen, wie Hähne krähen kann und dabei noch in die Tasten ihrer Harmonika greift. Vor allem wenn zu all dem Gekrähe und Gebelle der Schauspieler Bernhard Butz den Bayern-Schriftsteller Georg Queri (1879 bis 1919) rezitiert. Allerdings könnte es auch sein, dass die Begattungszeit des Pfaus (nur dann schreien sie) vorbei ist. Ersatzweise brachte die von Bernhard Butz vorgelesene „Bauernerotik“ des Schriftstellers Queri das Publikum in Wallung.

    Unabhängig von dieser Hochstimmung, die manchen, zumindest so lange es noch hell war, die Schamesröte ins Gesicht trieb, wäre für anwesende Preußen, Sachsen, ja selbst für Franken ein Übersetzer für das Buch „Kraftbayrisch“ hilfreich gewesen. Man musste schon mal kurz nachdenken bei Versen wie diesen: „Waarst wohl scho a schön Büabei, /hättst wohl a schöns Gwand/aber dei Stroach, der is größer, /als wia’s Salzburger Land!“ Selbst bayerische Schwaben, die den Zungenschlag aus Ferien in den Bergen kennen, blickten verlegen in den Nachthimmel, wenn Butz vom Wirthausgebaren und Raufereien vorlas, wie sie der Queri Georg für die Nachwelt aufgeschrieben hatte.

    Von ländlicher Idylle ist bei bei Queri keine Rede

    „Fortbildung in der Kulturgeschichte“, führte Butz als Rechtfertigung zum Beispiel dafür an, warum der Queri lieber in München „beichtn“ ging anstatt beim „Hochwürdn in Polykarpszell“ (Polykarpszell war Queris Synonym für Starnberg, dem Ort seiner Kindheit). So lesen wir in „Die weltlichen Gesänge des Egidius Pfanzelter von Polykarpszell“: „Wahr is’s:/ich tua jetz nur mehr z’Münka beichtn,/ da vergeben’s dee schwaarn Sündn grad aso wia dee leichtn, herentgegn:/unser Herr Hochwürden in Polykarpszell,/der monat allaweil, ma müaßt pfleilgrad in d’Höll“:

    Nein, von ländlicher Idylle, braven Bauernsleut und kirchlichen Würdenträgern ist beim Queri keine Red’. Der hat hinter die Beichtstühle und Wirtshausstubn und in Dachkammerln, besonders das vom Annemirl geguckt, und dabei aufgedeckt, was so an Hinterfotzigkeit abgeht und wann der „Watschnbaum“ umfällt. Wegen der andauernden Respektlosigkeit in seinem 1911 erschienenem Buch „Bauernerotik und Bayernfehme in Oberbayern“ und besagtem „Kraftbayrisch“ war dem Journalisten Queri auch die Staatsanwaltschaft auf den Leib gerückt.

    Bernhard Butz erzählte von dem Sittlichkeitsprozess, der dank Queris Fürsprecher Ludwig Thoma ad acta gelegt wurde. Aufgrund dieser Mitteilung konnte Michaela Dietl ihr schadenfrohes lautmalerisches Gelächter nicht unterdrücken. Ein Schelm war, war dabei im Tiergarten Schlechtes dachte. Und wenn schon so eine bairische Lesung in Augsburg dank der Buchhandlung am Obstmarkt stattfindet, darf der Saubua W.A. Mozart auch noch ein paar Nötchen beitragen. Michaela tat’s und vergnügte mit „Bona nox, bist a rechter Ox“. Wahrscheinlich haben Ochsen im Tiergarten bis zum Ende zugehört, sind aber still geblieben.

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