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Kunstaktion: Was rauscht da leise im Kirchenschiff?

Kunstaktion

Was rauscht da leise im Kirchenschiff?

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    Über die Monitore bringt Carolina Pérez Pallares das Blau des Meeres und des Himmels in die Moritzkirche. Von Benjamin Appel stammt die Installation mit den Stühlen und Tischen im Hintergrund.
    Über die Monitore bringt Carolina Pérez Pallares das Blau des Meeres und des Himmels in die Moritzkirche. Von Benjamin Appel stammt die Installation mit den Stühlen und Tischen im Hintergrund. Foto: Foto: Michael Hochgemuth

    Betritt man in diesen Wochen die Moritzkirche, dann, wenn es ganz still ist, wenn kein Gottesdienst gefeiert wird, wenn jeder Schritt zu hören ist und das schlichte Weiß und das Licht des Raumes die Besucherin und den Besucher umfangen, kann es sein, dass plötzlich ein leises, andauerndes Sirren ans Ohr dringt. Es ist ein angenehmer, schwirrender Klang – erzeugt vom Wind, der sich an Flaschenhälsen bricht. Zehn Monitore in den Seitenschiffen der

    Eingefangen und in die Kirche eingespielt hat diese Impressionen die chilenische Konzept-Künstlerin Carolina Pérez Pallares. Zusammen mit ihrem Künstlerkollegen Benjamin Appel, der mit einer eigenen Arbeit in der Moritzkirche vertreten ist, hat sie die diesjährige, achtwöchige Raumintervention für die erweiterte Fastenzeit gestaltet. „Undo ending“ ist der Titel des Projekts, der, aus dem Englischen übersetzt ein „sich auflösendes Ende“ bedeutet. Wohin dieses Ende führt, wie es der Einzelne, der sich auf diese Kunst einlässt, für sich deutet, soll offen bleiben.

    Die Künstlerin will in der Moritzkirche an den Ursprung des Klanges zurückkehren

    Wer von Bildschirm zu Bildschirm schreitet, begegnet Motiven, die einander ähneln. Und doch ist jedes anders. Da stehen leere Flaschen am Strand oder in den Dünen, mal nur eine, mal mehrere, in unterschiedlichen Formen, Größen und Farben, zunächst fast wie Fremdkörper. Mit diesen Flaschen hat Carolina Pérez Pallares den Wind aufgezeichnet, wie er über ihre Öffnungen streicht und aus jeder einen anderen Klang hervor lockt. Der Künstlerin lag daran, mit diesen natürlichen, einfachen Klängen, „ganz puritanisch, ohne Effekte“, wieder an den „Ursprung“ des Klanges zurückzukehren, der eng mit dem Wind zusammenhängt – und dies mit den Bildern in Beziehung zu setzen. Diesen Ursprung der Klänge in der Natur sieht

    Der Klang, die Musik, so die Künstlerin, hätten einen direkten Zugang zum Menschen, setzten bei ihm Erinnerungen und Gefühle frei. Wer sich Zeit nimmt für die Bilder und ganz genau hinschaut, nimmt wahr, dass diese Landschaften belebt sind, ganz zart, ganz leise. Da fließt das Wasser stetig dahin, wirft Wellen und zieht Ringe. Dürre Gräser auf den Dünen zittern sacht im Wind. Auf einem anderen Monitor spielt der Wind mit der am Strand liegenden Fototasche der Künstlerin, bläst sie auf, lässt wieder davon ab.

    Benjamin Appel setzt mit seiner Arbeit den Kontrast

    Dann der Kontrast: Nicht zu übersehen ist die Installation des Künstlers Benjamin Appel. In einem Seitenschiff der Moritzkirche hat er eine Skulptur aus Tischen und Stühlen gebaut und darüber eine drei Meter hohe „Decke“ gezogen, verbunden mit einem Pfeiler der Kirche. Nachempfunden ist dieser künstlerische Raum einer typischen deutschen Altbau-Wohnung mit 32 Quadratmetern Grundfläche. Auch Benjamin Appel hat als Bezugspunkt das Einfachste gewählt, nämlich das „Rechteck als Ordnungsbezug des Menschen“. „Das Rechteck ist allgegenwärtig“, sagt er, „in den Grundrissen, in den Fenstern, in den Tischen“. Die

    Der Aufbau aus ausgedienten Alltagsmöbeln ist mächtig, steht schwer und auffällig im Kirchenraum. Die Möbel stützen einander und werden gestützt, sie tragen und werden getragen. Ursprünglich für eine andere Nutzung durch den Menschen geschaffen, werden sie, auf- und ineinander verbaut, zu einem eigenen mentalen Raum, abgegrenzt von der äußeren Wirklichkeit, eingefügt ins Sakrale und – bei aller möglichen Deutung – auch hier den Betrachtern den Spielraum lassend, darüber hinaus zu denken.

    „Was verbindet das Heilige mit dem Alltäglichen, das Erhabene mit dem einfachen Ursprünglichen?“, fragt Michael Grau, der Kunstreferent der Moritzkirche, der das Projekt begleitet und der die beiden Künstler der jüngeren Generation aus Leipzig nach Augsburg eingeladen hat. Beide haben sich schon Meriten in der zeitgenössischen Kunstszene erworben. Das Anliegen dieser Kunstaktion in den Wochen der Fastenzeit sei es, so

    Kunstaktion Die Öffnungszeiten zur Installation „Undo ending“ in der Moritzkirche sind von Montag bis Samstag, 9 Uhr bis 17.30 Uhr; Sonntag von 12 Uhr bis 17.30 Uhr. Die Klanginstallation läuft immer zehn Minuten vor jeder vollen Stunde. Die Laufzeit ist bis 10. April.

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