Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten
Feuilleton regional
Icon Pfeil nach unten

Kunst: Ausstellung von Herbert Maier: Betrachten macht Arbeit!

Kunst

Ausstellung von Herbert Maier: Betrachten macht Arbeit!

    • |
    Herbert Maier: Fuge 2019, Öl auf Leinwand.
    Herbert Maier: Fuge 2019, Öl auf Leinwand. Foto: Kiessling

    Wie lange hält die Wirkung von Kunst an, die umstandslos, voraussetzungslos, sofort gefällt? Jenes hübsche, Karl Valentin zugeschriebene Bonmot, dass Kunst schön sei, aber viel Arbeit mache, zielt ja nicht zwangsläufig allein auf den Schöpfer, sondern darf auch als Anweisung an den Betrachter gelesen werden: Knie’ Dich rein! Stelle Deine Antenne auf! Entziffere eine Botschaft! Lerne eine Handschrift, ja, eine Dir unbekannte Sprache!

    Die Gemälde des Freiburger Malers Herbert Maier (*1959) sind in ihrer Konzeption durchaus voraussetzungsschwer. Sie sind langsamen Auges zu erschließen, weil in ihnen einerseits widerstreitende Kräfte aufscheinen, andererseits deren Polarität auch als eine Zusammengehörigkeit bildhaft abgespeichert ist.

    Herbert Maier Ende Januar 2022 in Leitershofen
    Herbert Maier Ende Januar 2022 in Leitershofen Foto: Kiessling

    Herbert Maier im Kunstraum Leitershofen: 30 Gemälde aus den Jahren 2005 bis 2021

    Die dabei wohl wichtigsten Kräfte sind: Fläche und Raum, Körper und Leere, Licht und Schatten, Statik und Dynamik, Transparenz und Dichte, Farbe und Form, Vorder- und Hintergrund. Jetzt stellt Herbert Maier wieder einmal in Leitershofen aus, nun im Kunstraum am Pfarrhof – nachdem er schon mehrfach in der Galerie Oberländer des Stadtberger Ortsteils eindrücklich zu sehen war. 30 Gemälde aus den Jahren 2005 bis 2021 sind versammelt und Maiers denkend-untersuchende Malerei in mehreren Zyklen anschaulich machend – so der Betrachter Geduld und Versenkung mitzubringen bereit ist.

    Zwei Zyklen mögen hier als Beispiele für die Bildsprache Maiers beschrieben sein. Wenn er die Steinstufen einer mexikanischen Pyramide zunächst als geschichtete, bloße Streifen auf der Leinwand festhält, dann bleibt – zumal ohne Zentralperspektive – die ursprüngliche Gegenständlichkeit des Motivs nicht erkenntlich. Sie hat sich der Betrachter durch subtile zusätzliche Hinweise wie etwa Schlaglichter – und vergleichbar einem Vexierbild – selbst zu erschließen. Durch Sehzeit wird die Fläche zum Raum, der Streifen zur Treppenstufe. Mittlerweile überhöht Maier die Grundthematik („Speicher/aus Mexiko“) stark, indem er die Stufen in Wellenbänder transformiert (Bild oben). Diese Bilder stehen weit über der Unterscheidung von Gegenständlichkeit und Abstraktion.

    Herbert Maiers Gemälde enthalten Bedeutungsfülle jenseits der Sprache

    Noch raffinierter geht Maier in dem Zyklus „Naturzeit – Gebautezeit“ vor, in dem halb kristalline, halb organische Formen zwischen und hinter halbtransparenten farbigen Blenden zu schweben scheinen. Tiefenstaffelung und Lichtverhältnisse sind schwer zu klären; wir haben es mit „Lichtschatten“ und einer Bedeutungsfülle auch jenseits von Sprache zu tun.

    Fenster zum Sehen und genauen Einordnen sind also auch hier geöffnet – so, wie die Schau insgesamt unter dem Titel „windows“ steht. Dass aber alle erkenntnistheoretischen Ansätze von Herbert Maiers Kunst mit der Ästhetik feinster Kolorierung einhergehen, das garantiert die Lasur-Technik der alten flämischen Meister. Bis zu 70 Farb-„Folien“ legt er in seinen Gemälden übereinander, derart Tiefenglanz und Lichtpräsenz erzeugend.

    Maler Herbert Maier schafft Bildräume für Augenmenschen

    Und so fallen in den Gemälden von Herbert Maier, wiederholt Stipendiat der Josef und Anni Albers Foundation in den USA, zwei bemerkenswerte Umstände in eins: Sie ersparen dem Betrachter das behutsame Schauen und dialektische Denken nicht – und sind doch in ihren besten Schöpfungen delikate, auratische Bildräume für Augenmenschen. Womit auch zu erkennen ist: Voraussetzungsschwere und sorgfältiger altmeisterlicher Aufbau schaffen Haltbarkeit.

    Ausstellung im Kunstraum Leitershofen, Bergstraße 3, bis 27. März. Geöffnet samstags und sonntags von 15 bis 18 Uhr.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden