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Konzert: Leidenschaftlich und spirituell sind kein Gegensatz: Choro d'Arte singt in St. Anton

Konzert

Leidenschaftlich und spirituell sind kein Gegensatz: Choro d'Arte singt in St. Anton

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    Der Choro d'Arte gestaltete, unter der Leitung von Stefan Nerf, das Werk „Misatango“ in der Kirche St. Anton.
    Der Choro d'Arte gestaltete, unter der Leitung von Stefan Nerf, das Werk „Misatango“ in der Kirche St. Anton. Foto: Michael Hochgemuth

    Dramatischen Gesang und rhythmisch aufgewühlte Bandoneon-Passagen erwartet man beim Tango. Dass diese Musik aber nicht nur auf Erotik und Sinnlichkeit zielt, bewies Stefan Nerf mit seinem ausgezeichnet vorbereiteten „Choro d’Arte“ jetzt in St. Anton. Am Sonntagabend präsentierte er die „Misatango“, auch „Misa a Buenos Aires“, des Argentiniers Martín Palmeri in der komplett ausverkauften Kirche St. Anton neben dem Wittelsbacher Park. Die Kombination von katholischer Liturgie mit den markanten Rhythmen des argentinischen Tanzes bewegte die Zuhörer. Und sorgte nicht nur am Ende für jubelnde Begeisterung.

    Choro d‘Arte gestaltet die 1996 komponierten Messe von Palmeri

    Der als verrucht geltende Tango Argentino wurde nach 1900 längst nicht mehr nur in den Vorstadtkneipen von Buenos Aires, sondern auch auf den Tanzparketten in Europa getanzt. Doch 1914 verurteilte Papst Benedict X. den Tanz als unmoralisch und wegen seiner Sinnlichkeit auch als sündhaft. Dass diese Musik inzwischen weltweit die Kirchen erobert, mag damit erklärt sein, dass sich jede Zeit ihre spirituellen Ausdrucksformen sucht, vielleicht aber auch damit, dass der heutige Papst aus Argentinien und selbst Tango-Fan ist. Oder auch einfach mit der soghaften Wirkung der rhythmischen und emotionalen Wendungen des Tangos.

    Melancholische Melodiebögen, Verzögerungen mitten im Takt, wiegende Ruhephasen und dann wieder rasant gesteigertes Tempo – all das findet sich auch in der 1996 komponierten Messe von Palmeri wieder. Eindeutig ließ er sich von seinem Landsmann Astor Piazzolla mit seinem „Tango Nuevo“ inspirieren. Und er gab auch dem charakteristischen Instrument des Stils eine zentrale Funktion: Das Bandoneon mit seinen zahlreichen Knöpfen auf dem handlichen Korpus.

    Auch das Augsburger Ensemble „Más que Tango“ mischt mit

    Nerf, der neben dem Chor auch das großartige Augsburger Musikensemble „Más que Tango“ (unter der Leitung von Iris Lichtinger am Klavier) dirigierte, achtete sorgsam auf die Balance von Instrumenten und Gesang. Fließend gelangen hier die Übergänge und auch temperamentvolle Violinenausbrüche. Der einzige Wermutstropfen war dabei die Platzierung des Bandoneons von Marcelo Mercadante, der etwas versteckt saß, dank der Akustik der großen einschiffigen Kirche aber gut zu hören war. Der Argentinier Mercadante stellte vor der Messvertonung sein Instrument mit einer Improvisation und einem Piazzolla-Werk vor und schon hier zeigte sich, wie schnell Jubel und Begeisterung im Publikum geweckt werden konnte. Leider wurde dann auch zwischen den Teilen der Messe applaudiert und damit Spannung gebrochen.

    Die Misatango beginnt mit dem vollen eindringlichen Ruf nach Erbarmen im „Kyrie“, und folgt dann der Tradition der durch die Stimmen laufenden Fuge. Auf die ausdrucksstarken tiefen Stimmen legte sich der Sopran mit heller Klarheit und bewundernswerter Beweglichkeit. Die etwa 40 Sänger des Choro d’Arte, der nun schon seit mehr als 30 Jahren Teil der lebendigen Kirchenmusik in St. Anton ist, zeigten sich rhythmussicher und hielten die Spannung der Bitte um Erbarmen mit allen Tempowechseln. Nach dem schnellen „Gloria“-Beginn dann der flehentliche Einsatz der Solistin, Mezzosopran Theresa Holzhauser, deren Stimme mit ihren melancholischen Farben hier eine perfekte Ergänzung bildete. Sehr emotional zeigte sie sich im „Credo“ mit starkem Vibrato in den lang gehaltenen Tönen. Das weich gestaltete „Benedictus“ und dann die abschließende meditative Bitte um Frieden in warmen Harmonien: Nerf hatte bei der Vorrede nicht zu viel versprochen mit dem Satz, die Zuhörer werden „mit unglaublichen Melodien einschlafen heute Nacht“.

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