Dreimal Solovioline in einem Konzert, dreimal Nachwuchsvirtuosinnen an einem Abend: Da lassen sich gut vom Publikum die Tongebung und der Technikstand, die Gestaltungskraft und die Bühnenpräsenz vergleichen. Wer jetzt im Kleinen Goldenen Saal beim Ablegerkonzert des Internationalen Violinfestivals junger Meister am Bodensee im Auditorium saß, konnte ins Staunen geraten, gerade wenn sie oder er die Konzertreihe auch in den letzten Jahren besucht hatte. Es gab hochinteressante Querverbindungen zum Festival 2022 und 2023, auch deswegen, weil erneut Krzysztof Wegrzyn, der gesuchte Geigenprofessor der Musikhochschule Hannover, einen Meisterkurs in Langenargen abhielt.
Zu seinen ausgesuchten Schülerinnen zählt auch die rumänisch-japanische Sofia Smarandescu. Die Entschlossenheit dieser noch keine 20 Jahre alten Geigerin, in Camille Saint-Saëns' "Introduction et Rondo capriccioso" nicht nur virtuos zu reden, sondern auch inhaltlich etwas sagen zu wollen, frappierte. Gleichsam verwachsen mit ihrem Instrument, führte und bestimmte sie. Unabhängig von ihrer exzeptionellen Technik traf sie bis hin zur Stretta überrumpelnd den spanischen Ton, die spanische Haltung der Komposition: kapriziös, auch ein wenig kokett und süffisant. Um im iberischen Bild zu bleiben: Hier sprach keine Micaela, hier sprach eine Carmen. Smarandescu kostete den Triumph nach dem letzten Ton mit lange hoch gehaltenem Bogen aus. Hieß auch: Widerspruch sinnlos!
Sophie Druml ist eine Doppelbegabung
Ihr gegenüber ist Sophie Druml, die den Abend eröffnete, gewiss ein anderer musikalischer Charakter. Die Wienerin, Schülerin auch von Benjamin Schmid, dem Augsburger Leopold-Mozart-Preisträger, interpretierte Mozarts Violinkonzert KV 218 – und darin am überzeugendsten das Andante cantabile, wo sie empfindsam mitatmend hohe Spannung aufbauen konnte, etwa über dem Pochen der tiefen Streicher und des Fagotts. Die Ecksätze hingegen hätten weniger vorsichtig, etwas freier gestaltet werden können. Spielt nun ihr Jahrgang 1998 eine Rolle bei der Einordnung ihrer Leistung? Nur am Rande, nur bedingt. Denn Sophie Druml ist eine Doppelbegabung; 2023 glänzte sie am selben Ort mit Mozarts Klavierkonzert KV 414. Das muss eine erst mal hinkriegen: hier wie dort meisterlich zu sein.
Den größten musikalischen Atem benötigte an diesem Abend Elisso Gogibedaschwili – auch wenn Beethoven in seinem Violinkonzert einen langen roten Teppich für die Solo-Geige ausrollt. Auch sie ist Schülerin Krzysztof Wegrzyns, auch sie spielte schon im Kleinen Goldenen Saal, 2022, Mozart, justament KV 218. Nun ist sie wieder eine Stufe weiter, nun hat sie erneut an musikalischer Reife zugelegt – abgesehen davon, dass ihr Ton der schönste war des Abends: warm in der Tiefe, mit Silberstift gezeichnet in der Höhe. Auch bei ihr muss man sich nicht mit Technik-Betrachtungen, am Grundsätzlichen, aufhalten. Gogibedaschwili spielt einen erstaunlich konzentrierten, intensiven, reifen Beethoven, ja scheut auch kein Pathos. Souverän arbeitet sie am Notentext nicht nur des Wiener Klassikers, sondern auch Alfred Schnittkes, dessen Kadenzen (unter Einbezug von Pauke und flirrend hohen Streichern) erklingen. Beethovens Errungenschaft reicht sich mit Schnittkes Errungenschaft die Hand, eine heuer 24-Jährige schaut – künstlerisch aristokratisch –weit über den Tellerrand hinaus. Und, um mit Beethoven zu sprechen: Es ging zu Herzen.
Ein Wermutstropfen blieb: Zumindest bei Mozart und Beethoven hätte man sich für die Solistinnen ein delikater aufspielendes Orchester als das Kammerorchester Pforzheim unter Douglas Bostock gewünscht. Die Hörner bei Beethoven etwa: recht grob.