Seit 40 Jahren reist er durch die Region, sammelt Geschichten, verdichtet sie und präsentiert die Erkenntnisse seinem eingefleischten Fanpublikum: Silvano Tuiach. Die Premiere des neuesten Programms „Geht's no!?“ ist ausverkauft. Im Spectrum Club ist neu bestuhlt, nur noch die erste Hälfte ist in ordentlichen Reihen, der Rest ist mit Hochtischen aufgefüllt. Locker lässt es sich hier auf den Hockern sitzen und mit einem Getränk auf dem Tisch die gute Sicht und die Show genießen.
„Geht's no!?“ - so fährt der verdrießliche Augsburger den geschwätzigen Mitwartenden an der Haltestelle an. Was erlaubt der sich, ihn anzusprechen und über einen angeblichen Fesselballon am Himmel zu schwärmen? Und dann, als der Grantler endlich aufblickt, noch zu behaupten, ach, jetzt sei er doch tatsächlich hinter einer Wolke verschwunden. Verdrossenheit und Misstrauen des großstädtischen, mürrischen Schwaben aufs Korn zu nehmen, ist Tuiachs Spezialität. Er versteht es, den Augsburgern, Friedbergern, Neusässern liebevoll den Spiegel vorzuhalten. Das Publikum wiederum nimmt's leicht, mehrfacher Zwischenapplaus ist sicher.
Gesundheitstipps für die Babyboomer
Tuiachs Zielpublikum ist die Babyboomer-Generation, die „letzte vernünftige Generation“. Deswegen gibt's Neues aus der „Apothekenschau“. Für die vielen ergrauten Männer im Saal und ihr „medizinisches Begleitpersonal“, ihre Frauen. Wie steht es mit dem Namensgedächtnis? Gut wäre ja ein großes Schild auf der Brust für jeden und jede, samt Namen drauf. Geht nicht, wegen „Datenschutz“? Ja, dann täte es auch ein QR-Code auf dem Schild, zum Abscannen. Alarmglocken sollten allerdings schrillen, wenn man den Schuhlöffel sucht und ihn in der Spüle findet, „mit Essensresten dran“. Dann sei die Demenz fortgeschritten.
Für nächstes Jahr hat Tuiach große Pläne. Auf drei Hektar im Süden Augsburgs wird er das „Gruftiland“ eröffnen, mit gelben Telefonzellen, „echten deutschen“ Wirtschaften mit Hawaii-Toast und vor allem nur zwei Toiletten, eine für Damen, eine für Herren. Dann wird's noch Räume geben mit Sendungen aus der alten Zeit, „Heiteres Beruferaten“ mit Robert Lemke. Auch Sponsoren hat er schon gefunden: Kutscher und Gehr, Bill Gates, Klosterfrau Melissengeist.
Gut, dass es einen Special Guest gibt. Robert Krabbe alias Herr Braun beamt das Programm ins Heute, in die Welt der KI, des Klimawandels und der autonomen Autos. „Vergiss Teneriffa!“ Eine Woche Bobingen, Wandern an der Singold und als Bonbon ein Ausflug nach Schwabmünchen. Auch das digitalisierte Märchen, in dem Rotkäppchen Handy wischend durch den Wald läuft, zeigt die Qualitäten seiner Performance.
Roland Krabbe als kapriziöser Autor
Höhepunkt des Programms ist der Auftritt von Robert Habernicht (Roland Krabbe). Der Dichter liest aus seinem neuen Buch „Bodenlos“, für das er den Preis „Leere Seite“ gewann. Man sei sehr stolz, ihn dazuhaben, so Gastgeber Tuiach. Das Publikum muss still sein, keine Zwischenrufe, kein Klatschen. Mit verwuschelter brauner Perücke schreitet Habernicht zu seinem Tisch. Kerzengerade sitzt er, schaut prüfend ins Publikum. Schon da kennen einige kein Halten mehr. Langsam, bedächtig schaut der Dichter indigniert herüber. „Er fühlt sich beobachtet“, erklärt Tuiach einer Zuschauerin leise, sie möge bitte unbedingt ab jetzt nach unten schauen. Der Künstler liest. „Nashorn“ heißt das Gedicht, bestehend aus „Hornnas“ und „Horn ohne Nas“. Lacher. Noch ein Werk: „Der Rettich“. Eine im Publikum kennt kein Halten mehr. Die Dame möge den Saal verlassen, blafft Habernicht. „In meinem Garten wächst ein Rettich. Fertich.“ Das Publikum grölt. Eine gelungene Parodie auf Allüren und großartig-leere Gestik im gehobenen Kunstbetrieb und im Ganzen ein gelungenes Programm, abwechslungsreich und mit genau der richtigen Prise Augschburgerisch, für das seine Fans Tuiach lieben.