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Jubiläum: Provino Club in Augsburg: Ein Ort für alles, was gut und schön ist

Jubiläum

Provino Club in Augsburg: Ein Ort für alles, was gut und schön ist

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    Bunt ist Programm: Der Provino Club in Augsburg besteht seit zehn Jahren.
    Bunt ist Programm: Der Provino Club in Augsburg besteht seit zehn Jahren. Foto: Pia Simon

    Einen Ort wie das Provino kann man nicht planen. Christoph Smija, einer der Mitgründer der Zwischennutzung in der rund 120 Jahre alten Wirtschaft Turamichele, erzählt die Legende, dass „der Hund des Wirts in einen Bach fiel und ein Punk ihn wieder rausgezogen hat. Als Dankeschön hat er den vorderen Raum bekommen, der nicht gebraucht wurde.“ Smija veranstaltete zusammen mit Freunden gerne Partys, und aus Rücksicht auf Nachbarn und zur Vorbeugung nächtlicher Besuche der Polizei veranstalteten sie dort eine Party. Nur, für einen Abend wurde nicht vermietet, und so verpflichtete sich Smija gleich für ein ganzes Jahr – „und dann ging das eben so los“. Denn eine Institution wie das Provino, gelegen an der Provinostraße am Zentrumsrand von Augsburg, kann man nicht am Reißbrett entwerfen. Ein solcher Ort entsteht in einem langsamen, organischen Prozess, gespeist von individuellen Ideen und einem kollektiven Idealismus. 

    Dieser Ort war vor allem erst einmal eine „riesengroße, zugemüllte und durchgeschimmelte Fläche, ein Zeugnis einer „richtigen Arbeiterkneipe, wo gekartelt und gesoffen wurde, wo Leben passierte neben dieser riesigen Textilindustrie“. Aber es war auch vom ersten Moment an klar, dass es ein besonderer Ort ist. Ein Ort der Begegnung, dessen Widerhall bis heute zu spüren ist. Das spürte auch Lisa Leitner, heute im Vorstand des Raumpflegekulturvereins, der mit dem zehnjährigen Jubiläum des Provinos selbst auch Geburtstag feiert. Der Zufall und eine Theater spielende Freundin brachten sie das erste Mal ins Provino, und sie spürte gleich dessen Zauber: „Es ist ein faszinierender, ein unwirklicher Ort. Mitten in der Stadt, umgeben von Neubauten, aus der Zeit gefallen. Ein Ort, an dem man machen kann, was man will. Verwilderte Natur, ein altes Gebäude mit so viel Geschichte, in dem man alle Ideen umsetzen kann.“ 

    Orte wie das Provino haben viel Potenzial

    Doch dafür braucht es viele helfende Hände, und schon Christoph Smija berichtet, dass ein Platz im Vorstand des Vereins Raumpflegekultur „wie ein zweiter Job ist“. Leitner kann das gut nachvollziehen, denn auch wenn viele gerne als Gäste kommen oder mit kleineren Dingen helfen möchten, ist es noch einmal eine ganz andere Geschichte, Verantwortung zu übernehmen. „Die Orte, neben dem Provino auch das Blaue Haus und das Peripher, bieten so viel Potenzial, das man füllen möchte. Es ist sehr viel Arbeit, aber im besten Fall ist man dann beim Event und denkt sich, ja, dafür habe ich das gemacht.“

    Konzerte wie der Auftritt von The Bland aus Schweden zählen zu den Höhepunkten im bisherigen Programm des Provino Clubs.
    Konzerte wie der Auftritt von The Bland aus Schweden zählen zu den Höhepunkten im bisherigen Programm des Provino Clubs. Foto: Peter Fastl, Archivbild

    Es sind Momente, die unzählige Menschen in den vergangenen Jahren erleben durften. Die ehemalige Popkulturbeauftragte Barbara Friedrichs erinnert sich noch heute mit Gänsehaut an das Wohnzimmerkonzert des norddeutschen Singer-Songwriters Enno Bunger, andere an die Schweden The Bland, die mit ihrem schweißtreibenden Vollkontaktkonzert das Ende der Pandemie erklärten. Oder an das Kegelbahnkonzert mit Fräulein Brecheisen, das erst spät in der Nacht startete, weil sich vorher ein volles Bier ins Mischpult ergoss. Theater, Lesungen, Demoschilder malen, ein kaltes Getränk im „Wir“-Garten nach einer Critical-Mass-Rundfahrt wie bei Julian Knödler oder „die Crew-Love beim Filmen der Kegelbahnkonzerte“ bei Svenja Tietze, beide ebenfalls Vorstandsmitglieder – das Gebäude mit dem warmen, knarzenden Holz der alten Kegelbahnen, den verschachtelten Räumen und Gängen, dem Biergarten unter Kastanien ist „die letzte Bastion für Kunst und Kultur inmitten eines zugebauten und gentrifizierten Viertels“, schreibt Knödler. Ein Ort mit schier unbegrenzten Möglichkeiten, an dem alle teilhaben können.

    Aussicht auf Verlängerung des Mietvertrags

    Ein Ort, und da sind sich alle einig, der nicht verschwinden darf. Lisa Leitner beruhigt in doppelter Hinsicht. Einmal besteht die Aussicht auf Verlängerung des Mietvertrages bis 2027, und Riegele als Vermieterin verspricht, ein bis zwei Jahre vorher Bescheid zu geben, sollte der Mietvertrag enden. Und: „Wir stehen auf so sicheren Beinen, dass wir dann einen neuen Ort suchen können, einen ganz anderen mit neuen Ideen. Aber trotzdem, so etwas wie das Provino mit Bühnen, Kneipe und Garten gibt es in Augsburg nicht noch einmal.“ Tietze stimmt zu: „Sonst findet man in der Stadt keinen Ort, der so zugänglich ist, getragen von Engagement, Leidenschaft und Vielfalt. Einen Ort, wo Profit noch nicht alles übertrumpft, was gut und schön ist. Das klingt pathetisch, ist aber so.“

    Überzeugen kann man sich am 3. und 4. Mai beim Status-Yo10-Festival. Mit vorzüglichen Bands wie San Antonio Kid, Havet, Mar Malade und einer einmaligen Rückkehr von We Destroy Disco. Und allem weiteren, was das Provino zu diesem einzigartigen Ort macht. 

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