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Foto: Jan-Pieter Fuhr
Foto: Jan-Pieter Fuhr

Der neue Ballettabend "Dimensions of Dance part 3" soll Spaß machen, verspricht Ballett-Chef Ricardo Fernando.

Interview
02.10.2021

Ricardo Fernando: "Jetzt soll das Publikum gute Laune bekommen"

Von Birgit Müller-Bardorff

Das Ballett des Staatstheaters startet mit „Dimensions of Dance. Part 3“ in die Spielzeit. Ricardo Fernando erzählt, wie die Compagnie durch den Lockdown gekommen ist.

Ricardo Fernando, so viele Monate konnten die Tänzerinnen und Tänzer nicht auf der Bühne stehen. Wie hat die Compagnie den Lockdown überstanden?

Ricardo Fernando: Sie haben es relativ gut überstanden, weil wir es geschafft haben, die Psyche der Tänzer gesund zu halten. Es gab zwischendurch immer wieder Etappen, in denen wir uns auf eine Produktion und eine Premiere vorbereiten konnten. Zuerst „Winterreise“, dann „Creations“ und „Dimensions of Dance“, das ja schon letzte Spielzeit auf die Bühne kommen sollte. Und dann haben wir das Roboter-Ballett für die VR-Brille produziert. So haben die Tänzer immer wieder ein Ziel gehabt und waren nicht nur die ganze Zeit untätig zuhause. Das hat geholfen.

Das hat aber doch auch immer wieder Enttäuschungen gebracht, wenn es dann nicht mit der Bühne geklappt hat.

Fernando: Klar, aber wir konnten zusammenkommen und im Ballettsaal trainieren, weil unser neuer Saal im Gaswerk ziemlich groß ist und auch eine gute Lüftungsanlage hat. Wir konnten proben, wir konnten tanzen – sogar ohne Masken. Viele Ballett-Kompanien hatten diese Möglichkeiten nicht, weil sie nicht die Räumlichkeiten hatten.

Aber trotzdem war es für die Tänzer bestimmt sehr schwierig, körperlich fit zu bleiben. Wie haben Sie das geschafft?

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Fernando: Ja, das war superschwierig. Denn für all die Pirouetten und Sprünge in unseren Choreografien braucht man sehr viel Energie und Kraft. Immer wieder Lockdown, und vor allem so lange, das bedeutete natürlich, dass der Körper nicht mehr so fit ist, wie das normalerweise der Fall ist. Die Tänzer haben große Disziplin aufgebracht, um sich fit zu halten. Und mussten nach den Lockdowns immer erst mal Aufbauarbeit leisten. Das hat uns zurückgeworfen, bis wir wieder mit dem normalen Training und den Proben für die Stücke beginnen konnten.

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Foto: Jan-Pieter Fuhr
Foto: Jan-Pieter Fuhr

Die Augsburger Ballett-Compagnie tritt am Sonntag erstmals in der Saison auf.

Nun ist das Körperliche das eine, das andere aber die Moral, der Spirit, den man ja auch irgendwie aufrecht erhalten musste. Wie konnten Sie die Tänzerinnen und Tänzer bei der Stange halten?

Fernando: Das war schwierig, man hat schon gemerkt, wie einige in sich gekehrter waren, weil der Lockdown bei der kurzen Zeitspanne, die Tänzerinnen und Tänzer für ihre Karriere haben, viel mehr wiegt als bei anderen Künstlern. Wir haben versucht, sie positiv zu bestärken, haben viele Zoom-Sessions gemacht, um zu reden. Geholfen hat vielleicht ein bisschen die Einsicht, dass niemand etwas dafür kann und dass alle Menschen auf der Welt davon betroffen sind und daran in irgendeiner Weise leiden.

Zu Beginn der vergangenen Spielzeit sind vier neue Tänzerinnen und Tänzer in die Compagnie gekommen, in dieser Spielzeit waren es jetzt noch einmal vier. Wie gelingt es da, eine Truppe zu formen, wenn man den Großteil der Zeit gar nicht zusammenkommen kann?

Fernando: Das war gar nicht so schwer. Die neuen Tänzerinnen und Tänzer passen sehr gut in die Compagnie. Und man darf nicht vergessen: Wir sind als fest Angestellte in einem Staatstheater ja unheimlich privilegiert. Das heißt, die Tänzer haben das ganz klar im Kopf gehabt: Hier geht es uns wesentlich besser als vielen anderen Künstlern in der Welt.

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Foto: Jan-Pieter Fuhr
Foto: Jan-Pieter Fuhr

Ricardo Fernando leitet das Ballett des Staatstheaters Augsburg.

Waren die Tänzerinnen und Tänzer auf Kurzarbeit?

Fernando: Ja, aber nicht sehr lange, denn wir mussten dann ja immer wieder Premieren vorbereiten.

Zuletzt den neuen Ballettabend „Dimensions of Dance, Part 3“, der am Sonntag zum ersten mal zu sehen sein wird. Zwei namhafte Choreografen konnten Sie dafür gewinnen.

Fernando: Ja, an Johan Inger bin ich über den Ballettchef in Mannheim gekommen. Ich freue mich sehr, dass wir „Rain Dogs“ zeigen können, ein ganz besonderes Stück, das habe ich mir gewünscht. Johan Inger hat dafür selbst mit der Compagnie gearbeitet und wird auch bei der Premiere dabei sein.

Was macht „Rain Dogs“ besonders?

Fernando: Zum einen die Musik. Es sind Songs von Tom Waits. Dazu choreografiert Johan Inger ein bisschen parodistisch über die Menschen, die Liebe, das Leben. Das passt wunderbar zu dieser extremen Stimme von Tom Waits.

Dann gibt es noch „Whim“ von Alexander Ekman, ein ganz anderer Stil.

Fernando: Alexander Ekman choreografiert mit sehr viel Humor. Viele Compagnien in Deutschland haben eine Choreografie von Ekman im Repertoire. Ich wollte etwas finden, was noch nicht so bekannt hier ist. „Whim“ ist in Augsburg eine Deutschland-Premiere. Das ist natürlich eine große Auszeichnung für das Ballett Augsburg.

Von Ihnen wird es die Choreografie „Satisfaction“ auf ein Potpouri von Songs der Rolling Stones geben. Da konnten Sie ja aus dem Vollen schöpfen.

Fernando: Ja, man könnte drei Tage durchtanzen. Ich habe Musik ausgesucht, die ganz unterschiedliche Tanzstile ermöglicht und auch verschiedene Stimmungen transportiert.

Geben Sie ein Beispiel.

Fernando: „Paint it black“ ist für mich ein Stück, in dem jemand aus dem Krieg zurück nach Hause kommt. Dazu habe ich ein Solo kreiert, in dem sich ein Tänzer fast „kaputt tanzt“. Aber es gibt dann natürlich auch Partien, die sehr lustig sind. Der Humor war mir gerade für diesen Ballettabend sehr wichtig.

Warum?

Fernando: Das Publikum soll Spaß daran haben, wieder im Theater zu sitzen. Am wichtigsten war es mir, Corona jetzt hinter uns zu lassen. Ich will nicht auch noch auf der Bühne Drama und Traurigkeit zeigen. Es war für mich nicht leicht, auf dem Höhepunkt von Corona ein schwermütiges Stück wie „Winterreise“ zu choreografieren. Das werden wir in dieser Spielzeit auch endlich live auf der Bühne zeigen können. Aber jetzt will ich dem Publikum erst einmal gute Laune, Humor und Freude mit unserem Ballettabend machen.

Zur Inszenierung:

Premiere am Sonntag, 3. Oktober, um 18 Uhr im Martinipark. Es werden drei Choreographien gespielt.

  • RAIN DOGS - Choreografie Johan Inger; Bühne/Kostüm Johan Inger; Lichtdesign Peter Lundin; Einstudierung Carl Inge
  • WHIM - Choreografie Alexander Ekman; Bühne/Kostüm Alexander Ekman; Lichtdesign Jan F. Kurth; Einstudierung Mathilde Petra, Carolina van de Meerendonk
  • SATISFACTION - Choreografie Ricardo Fernando; Bühne und Kostüme Peer Palmowski; Lichtdesign Ernst Schießl; Gitarre/Gesang Nikolaos Doede

Es tanzen Sewon Ahn, Ana Isabel Casquilho, Michele Nunziata, Franco Ciculi, Nikolaos Doede, Gabriela Zorzete Finardi, Ria Girard, Martina di Giulio, Giovanni Napoli, Afonso, Pereira, Martina Piacentino, Cosmo Sancilio, Gonçalo Martins da Silva, Jayson Syrette, Momoko Tanaka, Emily Yetta Wohl sowie Moeka Yugawa.

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