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Interview mit Akkordeon-Virtuosin Olivia Steimel

Augsburger Philharmoniker

Akkordeon und Klassik, funktioniert das, Frau Steimel?

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    Olivia Steimel - Akkordeon
    Olivia Steimel - Akkordeon Foto: Daniele Caminiti

    Frau Steimel, das Akkordeon gehört in der breiten Wahrnehmung nicht im selben Maße zu den Konzertinstrumenten der Klassischen Musik wie etwa das Klavier oder die Geige. Woran liegt das?
    OLIVIA STEIMEL: Hauptsächlich wohl daran, dass das Akkordeon ein noch sehr junges Instrument ist. In seiner heutigen Form mit Einzeltonmanual gibt es das Akkordeon erst seit den 1950er Jahren. 1829 gab es zwar das erste Patent, aber die damalige Form war noch weit entfernt von dem Instrument, wie man es heute kennt. 75 Jahre sind natürlich wenig im Vergleich zur Geschichte, wie sie etwa das Klavier vorzuweisen hat. Und obwohl es inzwischen ungemein viele Kompositionen für das Akkordeon gibt, existieren doch noch nicht so viele überragende Werke wie im Falle von Violine oder Klavier.

    Was haben Sie und Ihr Instrument zu bieten, wenn Sie im Kontext eines Sinfoniekonzerts auftreten wie jetzt zusammen mit den Augsburger Philharmonikern?
    STEIMEL:: Das Akkordeon ist sehr vielseitig. Durch die Entwicklung des Einzeltonmanuals kann man wunderbar polyphone Musik spielen. Zudem hat das Akkordeon einen riesigen Tonumfang, fast wie das Klavier. Und dann gibt es da noch den Balg, die „Lunge des Instruments“, insofern ist das Akkordeon auch ein Blasinstrument. Man atmet, man kann wunderschöne Klangfarben erzeugen, es gibt Register wie bei der Orgel …

    Für gewöhnlich nimmt man das Akkordeon in anderen musikalischen Kontexten wahr, vorneweg im Bereich der Volksmusik. Wann hat die Klassische Musik das Akkordeon entdeckt?
    STEIMEL: Es ist mir wichtig, dass das Akkordeon nicht nur als Instrument der Volksmusik wahrgenommen wird. Schon Tschaikowsky hat das Akkordeon eingesetzt, 1883 in seiner Suite Nr. 2, in der er gleich vier Akkordeons zusammen mit Orchester verwendet. Auch Alban Berg hat in seiner Oper „Wozzeck“ das Akkordeon eingesetzt. Und in Paul Hindemiths Kammermusik Nr. 1 von 1922 kam das Akkordeon schließlich als vollwertiges Konzertinstrument auf die Bühne. Ab den 50er Jahren ging es dann so richtig los, von da an konnte man Akkordeon auch an der Hochschule studieren, es wurden mehr Instrumente gebaut und weiterentwickelt, immer mehr Komponisten mit dem Schreiben von Werken beauftragt. Wichtige Komponisten heutiger Zeit, die für Akkordeon geschrieben haben oder schreiben, sind etwa Luciano Berio, Salvatore Sciarrino, Rebecca Saunders oder Beat Furrer. Ich bin zuversichtlich, dass man in 200 Jahren das Akkordeon auch als Konzertinstrument kennen wird – vielleicht sogar schon früher.

    In der jetzt beginnenden Spielzeit sind Sie Artist in Residence der Augsburger Philharmoniker mit insgesamt sechs Konzertprogrammen. Wie beabsichtigen Sie, Ihre Residenz zu gestalten?
    STEIMEL: Ich möchte das Akkordeon vor allem als klassisches Konzertinstrument vorstellen, das allein in diesem Bereich eine Vielzahl von Facetten besitzt. Man kann ungemein viel Musik aus Barock und Klassik auf das Akkordeon übertragen. Aber ich werde in meinen Augsburger Konzerten auch Tangos spielen, wenn auch nicht viel weiter in den Bereich der Unterhaltungsmusik vordringen. Ein wenig Neue Musik ist auch dabei. Ich will das Publikum neugierig machen auf mein Instrument und die Hörer auch ein bisschen überraschen.

    Ihr erster Auftritt erfolgt zusammen mit den Augsburger Philharmonikern beim 1. Sinfoniekonzert Anfang nächster Woche. Sie sind Solistin im Akkordeonkonzert „Pohádky“ des tschechischen Komponisten Václav Trojan. Was erwartet die Hörer?
    STEIMEL: „Pohádky“ heißt auf Deutsch Märchen. Man muss sich das Konzert vorstellen als eine Folge von Bildern zu Märchenhaftem wie Prinzessin, Ritter, Drache und so weiter. „Pohádky“ ist eines der ersten Akkordeonkonzerte überhaupt, es entstand 1959. Aber für diese Entstehungszeit besitzt das Konzert ein sehr romantisches Klangbild, sehr farbenreich, mit einerseits zarten Melodien, aber auch sehr virtuosen Abschnitten. Höchst abwechslungsreich, das Ganze.

    Zur Person

    Olivia Steimel stammt aus dem Badischen. Als Solistin und Kammermusikerin erhielt sie bereits zahlreiche Preise, an der Musikhochschule Würzburg ist sie Dozentin. Als Artist in Residence der Augsburger Philharmoniker stellt sie sich am 23. und 24. September (20 Uhr) im Kongress am Park vor. Neben dem Akkordeonkonzert „Pohádky“ von Václav Trojan stehen Engelbert Humperdincks Konzertouvertüre „Königskinder“ sowie Richard Strauss‘ „Don Quixote“ auf dem Programm, es dirigiert Domonkos Héja.

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