Er glänzt, fast wie frisch gegossen steht er da: ein silberner Chanukka-Leuchter im Jüdischen Museum Augsburg Schwaben. Auf seinem langen Bein trägt er acht flache Schalen und eine zusätzliche – in ihnen wird das Öl-Licht entzündet, für jene besonderen Festtage im Winter. Mit jedem Tag soll dann ein Lichtlein mehr brennen, bis zum achten Tag des großen jüdischen Lichterfests: Chanukka. Dass in diesem Silberwerk eine schwäbisch-jüdische Geschichte schlummert, das zeigt eine Gravur am Griff: „Zum Andenken dem Herrn Districts : Rabbiner Aron Guggenheimer von seiner Gemeinde Kriegshaber.“
Dass diese Chanukkia über Umwege und nach langen Jahrzehnten wieder in Augsburg gelandet ist, „das ist ein riesiger Zufall“, sagt Carmen Reichert, Direktorin des Jüdischen Museums. Vor drei Monaten habe ihr Team den Leuchter im Internet entdeckt. Ein Auktionshaus in Paris präsentierte ihn in schönsten Bildern, druckte ihn sogar auf das Titelblatt eines Katalogs, bereit zur Versteigerung. „Und da wussten wir, jetzt müssen wir schnell handeln. Der Chanukka-Leuchter ist ein wichtiges Objekt für die jüdische Geschichte unserer Region.“ Recherchieren, Echtheit prüfen, einen privaten Spender finden, um den Kauf zu finanzieren – und dann verfolgte das Museumsteam am Bildschirm die Auktion. Tatsache, der Zuschlag ging nach Augsburg, an das Museum. Und der Leuchter darf jetzt wieder in Kriegshaber glänzen: Am Sonntag, 14. Juli, feiert das Museum das zehnjährige Bestehen seiner Zweigstelle in Kriegshaber – in der ehemaligen Synagoge, in der jener Aaron Guggenheimer einst predigte. Er war der Rabbiner des Distrikts, von 1819 bis 1859.
Was hat der Rabbiner Aaron Guggenheimer bewirkt?
Was weiß man heute über Guggenheimer? Er lebte und wirkte in Zeiten des Wandels, sagt der Historiker Christian Porzelt. „Er war in einer spannenden Zeit Rabbiner, in einer Phase des Umbruchs war er ein Vermittler.“ Guggenheimer – 1793 im fränkischen Dittenheim geboren – kümmerte sich als Distriktrabbiner nicht nur um die jüdische Gemeinde in Kriegshaber. Er war auch zuständig für die Umgebung, Pfersee, Augsburg, Steppach, Schlipsheim. Guggenheimer war Anhänger der jüdischen Reformbewegung: Dass er – was lange Zeit undenkbar war – in deutscher Sprache predigte, beweist ein Manuskript, das das Museum ersteigern konnte. Der Franke unterrichtete zudem Religion an den Augsburger Gymnasien St. Anna und St. Stephan. Und Kriegshaber wuchs in seiner Zeit zu einem jüdischen Zentrum heran.
Guggenheimer war ein Mann des Wandels, aber auch ein Rabbiner mit Durchhaltevermögen, erklärt Porzelt: „Es war gut 40 Jahre in Kriegshaber Distriktsrabbiner.“ So eine lange Amtszeit sei nicht selbstverständlich, auch nicht, dass ihm die Gemeinde dann zum feierlichen Abschied diese feine Chanukkia schenkte – schließlich wählt jede Gemeinde ihren Rabbiner. Guggenheimer musste sich den Reformern, aber auch den konservativen Kräften stellen. Er integrierte sich, heiratete die Tochter seines Amtsvorgängers und auch sein Sohn wurde Rabbiner. Doch als das jüdische Leben allmählich von Kriegshaber nach Augsburg wanderte, da ging auch Guggenheimer. 1860 zog er nach Úsov im heutigen Tschechien.
Jüdisches Museum feiert 10 Jahre Standort Kriegshaber
Seit 2014 widmet sich das Museum in der Ehemaligen Synagoge Kriegshaber – unter anderem – auch diesem Kapitel: der Geschichte des jüdischen Lebens auf dem Land. Beim Fest am 14. Juli bietet das Museum ab 11 Uhr Führungen an, Rundgänge für Familien durch das Museum, aber auch durch den Stadtteil auf Spuren jüdischen Lebens. Zudem spielt die Augsburger Folk-Band The Revelling Crooks. Reichert sagt: „Wir wollen das als ein Nachbarschaftsfest feiern.“
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