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Helge Schneider in Augsburg: Der Meister des Absurden und Anarchischen ist zurück

Musik

Helge Schneider in Augsburg: Der Meister des Absurden und Anarchischen ist zurück

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    Helge Schneider hat auf seiner Tour "Katzeklo auf Räder" auch ein Konzert im Kongress am Park in Augsburg gegeben.
    Helge Schneider hat auf seiner Tour "Katzeklo auf Räder" auch ein Konzert im Kongress am Park in Augsburg gegeben. Foto: Michael Hochgemuth

    Er setzt sich ans Klavier, spielt fünf Akkorde und bricht ab. „Das war’s für heute. Tschüss.“ Ein Konzert für beendet erklären, bevor es richtig losgeht und die Fans damit zum Lachen bringen? Das kann nur Helge Schneider, Meister des Wortwitzes und der absurden Wendungen. 

    Beim Auftritt im Kongress am Park in Augsburg bricht der Musiker mit dem Erwartbaren und liefert mit dem vorgetäuschten Konzertende gleich noch einen selbstironischen Kommentar. Denn als Schneider vor drei Jahren unter Coronaauflagen in Augsburg auftrat, brach er sein Konzert tatsächlich nach wenigen Minuten ab und sorgte für einen Eklat

    Helge Schneider lässt Wortwitze und absurde Bilder im Kopf entstehen

    Aber weil jetzt wieder alles beim Alten und die Stimmung im ausverkauften Saal gut ist, macht Schneider weiter. Natürlich nicht mit irgendeinem Lied, sondern mit „Katzenklo“, das ihn vor rund 30 Jahren deutschlandweit bekannt machte. Und natürlich singt er es nicht im Original, sondern dreht den Text frei weiter – bis die Katze so fett wird, dass ihr Bauch über den Sisalteppich schleift. Den größten Hit gleich am Anfang verbraten? Schneider kann es sich erlauben, in anarchischer Manier stellt er Gewohntes auf den Kopf und wird genau dafür von seinen Fans gefeiert. 

    Über sie ist der Komiker sichtlich erfreut: „Ihr seid ein tolles Publikum, so gemischt und nicht so alt wie das in Kempten.“ Auch über Augsburg schwärmt Schneider. Eine der schönsten Städte, die er so aufgebaut gesehen habe, sei das hier, eine echte Klappstadt. Und dann auch noch die Puppenkiste. „Mit der habe ich mich selbst erzogen“, sagt Schneider, hampelt über die Bühne als hinge er an Fäden und alle lachen. 

    „Katzeklo auf Rädern“ heißt seine Tour, die der 68-Jährige als „Welttournee durch Deutschland, Österreich und die Schweiz“ angepriesen hatte. Mit dabei sind seine Band und ein Haufen Instrumente. Schneider singt vom Telefonmann, der Wurstfachverkäuferin, über „Die Trompeten von Mexiko“ oder persifliert Herbert Grönemeyer mit „She’s gone“. Egal, was er macht, ob er die Augenbraue hebt, in die Trompete haucht oder am Pfefferminztee nippt, es wirkt immer irgendwie witzig. Wenn er drauflos plappert, kreiert er Wortwitze und lässt abgedrehte Bilder im Kopf entstehen. 

    Schneider spielt mit einer Hand Trompete und mit der anderen Klavier

    Was das Publikum zu hören bekommt, wenn Schneider eine brasilianische Samba-Nummer anmoderiert? „Ich muss nicht weg, um die Welt zu erleben, ich kann einfach fernsehen“, sagt Schneider und erzählt von einer Tierdoku im brasilianischen Dschungel, die er neulich gesehen habe. Wie der Kameramann plötzlich von einer Anakonda verschlungen wurde und aus dem Bauch des Viehs seine Mutter anrief, um ihr zu sagen, dass er es nicht zum Mittagessen schaffe, weil er in der Schlange stehe. 

    Aufgeschrieben klingt es wie ein billiger Wortwitz, wenn Schneider es erzählt, muss man einfach lachen – und wenn er dann zwischen Congas, Panflöte und Marimbafon hin- und herwechselt, muss man bei allem Klamauk sagen: Schneider ist auch einfach ein exzellenter Jazzmusiker. Allein beim Konzert in Augsburg spielt er mehrere Instrumente, mal gibt er ein Gitarrensolo, mal spielt er mit einer Hand Trompete und mit der anderen Klavier. 

    Mit Reinhard Glöder am Kontrabass, Sandro Giampietro an der Gitarre und Willy Ketzer am Schlagzeug hat er talentierte Musiker an seiner Seite. Er selbst beschwert sich zwar, was das Arbeitsamt ihm da für Typen geschickt habe und kanzelt sie für ihre misslungenen Soli ab. Aber mal ohne ironischen Unterton: Das Augsburger Publikum bekommt ein hervorragendes Konzert zu hören. 

    Helge Schneiders Konzerte sind eine Mischung aus Klamauk und Improvisation

    Neben Schneiders eigenen Songs spielen die Musiker unter anderem „Satin Doll“ von Duke Ellington oder „Dexterity“ von Charlie Parker. Schneider improvisiert am Bariton-Saxofon, wechselt für eine langsame Nummer ans Altsaxofon, aber er wäre nicht Helge Schneider, würde er vom virtuosen Jam nicht nahtlos übergehen in eine Jazz-Version von „Ein Vogel wollte Hochzeit feiern“ und das Publikum zum Kanonsingsang animieren. 

    Auf die Spitze treibt er das Spektakel, wenn er dann auch noch Sergej Gleithmann zur „artistischen Slipeinlage“ auf die Bühne bittet. Der Schauspieler arbeitet seit den 1980er-Jahren mit Schneider zusammenarbeitet, trat mal als Saxofonist mal als Löwenmensch oder kaukasische Bartfrau auf und wirkt mit seinem Rauschebart wie ein aus „Herr der Ringe“ entlaufener Gandalf, der nun ausdruckstanzend auf der Bühne herumhüpft. 

    Schneiders Konzerte sind eine Mischung aus Klamauk, Improvisation und hoher Kunstfertigkeit. Absurd und anarchisch. Oder wie er selbst sagt: „Verplemperte Lebenszeit. Ihr hättet jetzt auch Tatort gucken können.“ Genau für diese Form der Selbstironie sind die Fans gekommen. 

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