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Geschichte: "Februar 33": Die große Flucht der Literaten vor den Nazis

Geschichte

"Februar 33": Die große Flucht der Literaten vor den Nazis

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    Motive und Fluchtgeschichten deutscher Literaten versammelt Uwe Wittstock in seinem Buch "Februar 33".
    Motive und Fluchtgeschichten deutscher Literaten versammelt Uwe Wittstock in seinem Buch "Februar 33". Foto: Uwe Wittstock

    Der Anhalter Bahnhof in Berlin existiert heute nicht mehr, im Zweiten Weltkrieg wurde er zerbombt. Von hier gingen Züge vor allem in Richtung Süden ab – wer einstieg, war in zweieinhalb Stunden in Prag, und wer von

    In seinem Buch „Februar 33“ (C.H.Beck) hat der Literaturkritiker und Autor Uwe Wittstock in eindrucksvollen Momentaufnahmen die Stimmung jener Tage unter den Schriftstellern eingefangen. Wittstock, eingeladen von der Augsburger Brecht-Forschungsstätte, trug im Brechthaus Abschnitte aus seinem im Herbst in die Bestsellerlisten aufgestiegenen Buch vor, natürlich nicht ohne dabei Brecht – am Abend von dessen 124. Geburtstag – in den Vordergrund zu rücken. Der Dramatiker, seit den frühen 20ern in Berlin lebend, war zunächst mit seiner Frau Helene Weigel und den Kindern Stefan und Barbara in der Stadt geblieben. Auch für ihn, den bekennenden Linken, war die politische Lage brenzlig geworden. Bei einem privaten Schriftstellertreffen, bei dem diskutiert wurde, wie der prekären Situation denn nun zu begegnen sei, warf

    Ihre kleine Tochter mussten Brecht und Helene Weigel in Augsburg lassen

    Indirekt vor bevorstehender Verhaftung gewarnt, flohen Brecht und Weigel am 28. Februar aus Berlin. Mit dem Zug zunächst nach Prag, dann weiter nach Wien. Tochter Barbara mussten sie in Deutschland lassen, die Zweijährige besaß keinen Pass. Vor der Flucht der Eltern war sie deshalb nach Augsburg zu Brechts Vater gebracht worden. Doch auch dort schien sie nicht vor Zugriff sicher, erfuhr Weigel in Wien doch telefonisch vom Schwiegervater, dass sich die Polizei erkundigt habe, ob Kinder im Hause seien. Was Brecht senior veranlasste, seine Enkelin sicherheitshalber außer Haus zu schicken. Letztlich gelangte Barbara Mitte März durch ein Täuschungsmanöver illegal zu ihren Eltern nach Wien ( – wie genau, darüber wird Michael Friedrichs in einem Vortrag am 27. Februar im Brechthaus sprechen). Brecht hatte während dieser Tage der Unsicherheit allerdings noch anderes im Sinn. Am 13. März macht er sich auf, seine in der Schweiz im Sanatorium liegende Geliebte Margarethe Steffin zu besuchen. Angesichts der aufreibenden Sorge (vor allem Helene Weigels) um Tochter Barbara ein fragwürdiges Verhalten Brechts, wie Wittstock kritisch anmerkte.

    Den von der Brecht-Forschungsstätte ausgerichteten Veranstaltungen folgend, zeigte Jürgen Hillesheim, Leiter der Forschungsstätte, ein thematisch passendes Stück aus dem umfangreichen Brecht-Bestand der Augsburger Staats- und Stadtbibliothek: jene „Landing Card“, die dokumentiert, dass der Schriftsteller und seine Familie im Jahr 1941 nach fünfwöchiger Überfahrt von Wladiwostok schließlich am 16. Mai in Los Angeles angelangt waren. Die USA waren die letzte Station des Exils, das im Februar 33 mit der Flucht aus Berlin begonnen hatte. Und dieses handtellergroße Stück Karton mit seinem Stempelaufdruck versprach Brecht und den Seinen neuerlich Sicherheit.

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