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Gesang: Ein hohes C will vorbereitet sein: Meisterklasse mit Johannes Martin Kränzle

Gesang

Ein hohes C will vorbereitet sein: Meisterklasse mit Johannes Martin Kränzle

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    Johannes Martin Kränzle, gefeierter Bariton aus Augsburg (hier in der Rolle des Alberich in Richard Wagners Ring), gab beim diesjährigen Fronhof-Festival eine besondere Zugabe: Er unterrichte in einer Meisterklasse Gesangsstudenten des Leopold Mozart College of Music.
    Johannes Martin Kränzle, gefeierter Bariton aus Augsburg (hier in der Rolle des Alberich in Richard Wagners Ring), gab beim diesjährigen Fronhof-Festival eine besondere Zugabe: Er unterrichte in einer Meisterklasse Gesangsstudenten des Leopold Mozart College of Music. Foto: Royal Opera House London

    Montagvormittag im Konzertsaal des jüngst umbenannten Leopold-Mozart-Zentrums in der Grottenau. Johannes Martin Kränzle, der drei Abende hintereinander bei den Konzerten im Fronhof aufgetreten war, zwei davon in der Titel- und Mittelpunktsrolle von Donizettis "Don Pasquale", gibt eine Meisterklasse für Studenten der Ausbildungsstätte. Diese müsste sich glücklich schätzen, einen derart renommierten Bariton wie Kränzle für fünfeinhalb unterrichtende Stunden im Hause zu haben. Aber niemand der Leitung vom "Leopold Mozart College of Music – Uni Augsburg" erscheint am Vormittag, um den weltweit Gefragten offiziell zu begrüßen und zu danken. Wilhelm F. Walz, der künstlerische Leiter der Fronhof-Konzerte, übernimmt die Basishöflichkeit. Wer mit Herz, Mund und Ohren dabei war bei dieser öffentlichen Meisterklasse, der konnte nur begeistert sein. 

    Kränzle, vor knapp 61 Jahren in Augsburg geboren, einst Stephaner, gefeiert unter anderem in Bayreuth und Salzburg, ist nicht nur ein begnadeter Sängerdarsteller (Beckmesser in Bayreuth, Don Alfonso in Salzburg), sondern auch ein begnadeter Stimmpädagoge. 

    Johannes Martin Kränzle verfügt über eminentes Wissen und große Bühnenerfahrung

    Als er am Montagvormittag vier Studentinnen und Studenten à 45 Minuten unterrichtete, stellten sich viermal unüberhörbare technische, musikalische und interpretatorische Verbesserungen ein. Der Mann schüttelt sein eminentes Wissen und seinen Bühnenerfahrungsschatz in prägnantester Weise aus dem Ärmel – und macht, was er empfiehlt, auch eindrücklich vor. Ein Theatertier. Wie hieß es früher? Da staunt der Fachmann, und der Laie wundert sich. Keiner geht hier ohne Gewinn raus, nicht der Student, nicht der Klassikfreund, nicht der Dirigent, nicht der Musikkritiker. Sie alle erkennen in der Regel zwar, wenn's hapert, aber die wenigsten wissen, was konkret zu tun ist, um Abhilfe zu schaffen. Dazu braucht es ein Nähkästchen. 

    Bevor es aber wirklich zur Sache geht, bereitet Kränzle erst einmal den Boden, auf dem der Samen aufgehen soll. Zeigt Empathie, Freundlichkeit, Humor. Lobt, was zu loben ist, um dann – mit konstruktivem Zungenschlag – Hinweise zu geben, wie es besser gehen wird. Also vier Gesangsstudenten; drei Männer, eine Dame; zwei asiatische, zwei deutsche Kandidaten; zweimal Bariton, einmal Sopran, einmal Tenor; zweimal Mozart, zweimal Puccini. 

    Gesangsunterricht in Augsburg: Nur Schönheit reicht nicht

    Der erste Kandidat hat eine selten gesungene Arie des Guglielmo aus dem ersten Akt von Mozarts "Così fan tutte" vorbereitet. Er singe mit schöner, warmer Stimme, befindet Kränzle. Nur: Schönheit reicht nicht. "Diese Arie lebt von ganz vielen Farben", sagt er – und die möchte er hören. Möchte hören, wie Guglielmo Innerstes tatsächlich "brennt" und "friert", möchte vor allem auch hören, wie selbstgefällig Guglielmo tönt. Kränzle: "Genieße, dass du dich selbst ganz toll findest! Man muss, was man singt, im selben Moment erleben!" Und Kränzle nimmt dafür den Gesangstext auseinander, um Anhaltspunkte für die Entfaltung der Guglielmo-Rolle und des Gesangskandidaten zu geben. Es wirkt.

    Dann eine Studentin. Singt die Vorstellungsarie der Mimi aus Puccinis "La Bohème". Kränzle sagt: "Vokaltechnisch souverän gesungen." Ihr Sopran sei gut positioniert, er brauche nicht Forcieren. Vorsicht sei jedoch geboten, wenn sie tatsächlich mal mit großem Orchester singe – und nicht mit Klavier, wie eben (Mimi Park). Bei dieser Kandidatin geht Kränzle mehr ins interpretatorische Detail. Fordert, dass sie weniger traurig als schüchtern singen solle, und dabei ihre kleine positive Welt, in der sie lebt, vorstellen möge. Und: Es klappt. 

    In der Meisterklasse mit Johannes Martin Kränzle gibt es frappierende Ergebnisse

    Dann erscheint tatsächlich ausgerechnet der, dem sich Mimi gerade vorgestellt hat: Rodolfo, ein chinesischer Student. Vielleicht ist er derjenige, der heute am meisten an Erkenntnis davontragen kann. Erstens – und dies fordert Kränzle auch bei anderen immer wieder – das zielgerichtete Singen nach vorn bei spannungshaltendem musikalischen Fluss; zweitens, dass das hohe C des Tenors Rodolfo rechtzeitig schon vorbereitet sein will durch hellere Klangbeimischung. Das Ergebnis: frappierend.

    Schließlich tritt noch der Diener Leporello aus Mozarts "Don Giovanni" auf und singt die berühmte "Registerarie" mit der Auflistung all der Frauen, die sein Herr ins Bett ziehen konnte. Nach Lob schlägt Kränzle hier Grundsätzliches vor: "Etwas zu erzählen, etwas auszumalen, das ist das A und O des Singens." Und er empfiehlt, dass der Student sich in seiner Rolle auf eine Seite schlagen solle: Entweder möge er Stolz über die Lendenkraft seines Herrn kundtun oder aber buchhalterische, kritische Distanz dazu. Oder etwas überzeugendes Drittes … 

    Alles in allem lehrte dieser Vormittag die hohe Kunst der Differenzierung. Danke! 

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