Gleich mehrere bedeutende historische Marken fasst das Friedensfest-Programm im XXL-Format in diesem Jahr zusammen: Unter dem Motto „Frieden riskieren“ werden vom 8. Mai bis zum 8. August drei Ereignisse miteinander verbunden: Die Friedensordnung in Europa, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren entstand. Dazu das Friedensabkommen von Dayton, das 1995 nach dreieinhalb Jahren den Krieg in Bosnien und Herzegowina beendete - und der 375. Jahrestag des Augsburger Friedensfests, mit dem Augsburg seitdem das Ende des 30-Jährigen Kriegs feiert. Ein großer Bogen, den Eric Nikodym als künstlerischer Leiter aufspannt.

Das Programm, das er im Augustanasaal vorgestellt hat, schafft es, ein Buch von 190 Seiten zu füllen. Auch die weiteren Zahlen beeindrucken: Über 100 Partnerinnen und Partner beteiligen sich, mehr als 3000 Personen engagieren sich in den einzelnen Veranstaltungen, insgesamt seien es mehr als 1000 Stunden Programm verteilt auf 50 Tage - und eines der Friedensprojekte würde sogar eine Verbindung ins All herstellen, sagt Nikodym.
Das Studentenwohnheim am Lech verwandelt sich zum Friedensturm
Eines der großen Projekte des Jahres widmet sich der Gestaltung des Friedensturms in Augsburg: Der Verein Die Bunten hat in Kooperation mit der Wohnbaugesellschaft Graffiti-Künstler aus der Region, Deutschland und der ganzen Welt aufgefordert, Konzepte für die Gestaltung des Studentenwohnheims am Lech einzureichen, das gerade renoviert wird. Das Hochhaus bietet sechs hohe Flächen. Von 123 Konzepten sind nun acht von einer Fachjury für die Endrunde ausgewählt worden: Umgesetzt werden am Ende sechs, ein Entwurf soll von der Stadtgesellschaft ausgewählt werden, wie Daniel Tröster vom Verein Die Bunten erklärte. Möglich ist das bis zum 18. Mai über das Machmit-Portal der Stadt Augsburg. Die Arbeiten an den Motiven wird erst im Verlauf des Jahres 2026 aufgenommen, wenn die Sanierung weit genug fortgeschritten ist.

Ein anderes Mitmach-Projekt beginnt für die Augsburgerinnen und Augsburger schon am 1. April. Dann können in der Bürger- und Tourist-Info der Stadt am Rathausplatz Pappelemente abgeholt werden, aus denen das Haus des Friedens vom 8. Mai entstehen soll. Jedes Element kann zu einem Pappstein gefaltet werden. Der Künstler Frank Bölter hat das Konzept dafür entworfen. Bevor aus den Papp-Ziegeln Wände werden, sind die Bürgerinnen und Bürger gefragt. „Eine Fläche des Steins soll mit einer privaten Friedensgeschichte bemalt werden“, sagt Bölter. Denn wir alle hätten auch in unserem eigenen Umfeld den einen oder anderen privaten Friedensschluss nötig, so der Künstler. Dass das Haus aus Pappe Wind und Wetter im Freien trotzen muss, ist ausdrücklich beabsichtigt. Denn beim Frieden handelt es sich ja auch um etwas Fragiles, Zerbrechliches, um etwas, das nicht selbstverständlich und für immer ist.
Das Augsburger Friedensfest möchte auch ins Weltall aufsteigen
Augsburg erwartet ein vielgestaltiges Programm: Diskussionsrunden, Mitmach-Projekte, Konzerte, Uraufführungen - und zum Beispiel die Möglichkeit, die Stadt auf dem Rad akustisch zu erkunden. Die schottische Soundkünstlerin Kaffe Matthews rüstet gerade gemeinsam mit der Bikekitchen acht bis zehn Räder zu Sonic Bikes auf, zu Rädern, die mit einem speziellen Soundsystem ausgestattet werden. Je nach Strecke, die mit diesen Rädern zurückgelegt wird, ist eine andere Augsburg-Komposition auf ihnen zu hören. „Auf den Sonic Bikes ist Augsburg wie in einem Film zu erleben“, sagt Matthews. Die Musik, die Soundcollagen und Geschichten, die Matthews gerade in Augsburg sammelt, verwandeln und verändern den Blick auf die Stadt.
Dann möchte Nikodym mit einem Projekt das Augsburger Friedensfest ins Weltall aufsteigen: Das Kollektiv Matthaei & Konsorten sammelt über den gesamten Festivalzeitraum Material, das auf einer Augsburger Golden Record festgehalten werden soll: Ein Pendant zu den Schallplatten aus Gold, die die Nasa in den späten 1970er Jahren mit den Voyager-Missionen ins All geschossen hat - als Anschauungsmaterial für außerirdische Wesen, die vielleicht in Kontakt damit kommen. Diese Aufnahme soll im September 2025 von Schottland aus mit einer Rakete ins All transportiert werden.
Für den Auftakt des Friedensfests hat der Komponist Marc Sinan gemeinsam mit den Augsburger Philharmonikern und Künstlern aus Europa ein multiperspektivisches Friedenskonzert geschaffen, das am 8. Mai in evangelisch Heilig-Kreuz uraufgeführt wird. Gespeist hat sich die Komposition aus Zeitzeugen-Berichten und Erfahrungen von Menschen an das Kriegsende 1945 in Europa.
Das Friedensfest steht in diesem Jahr unter dem Motto „Frieden riskieren“. Zum 375. Jahrestag findet es vom 8. Mai bis zum 8. August statt.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden