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Festivalsommer: Strandkorb-Festival: "Helge Schneider hat sich selbst am meisten geschadet"

Festivalsommer

Strandkorb-Festival: "Helge Schneider hat sich selbst am meisten geschadet"

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    Schönes Wetter, als es im Juli mit dem Sommer am Kiez auf dem Gaswerk-Areal losging.
    Schönes Wetter, als es im Juli mit dem Sommer am Kiez auf dem Gaswerk-Areal losging. Foto: Peter Fastl

    Mehr als 20.000 Veranstaltungen hat Manfred Hertlein in 42 Arbeitsjahren schon auf die Beine gestellt, er war schon auf allen großen Bühnen und in allen Stadien – am Hockenheimring und auf der Berliner Waldbühne. Aber Süddeutschland, das war für den Konzertveranstalter aus Würzburg bislang Stuttgart und München, dazwischen lag zwar Augsburg, aber das ließ er bislang immer links liegen. Bis die Corona-Pandemie die ganze Branche in den Stillstand zwang und nach neuen Ideen verlangte. Etwa: ein Strandkorb-Festival, um Abstands- und Hygieneauflagen der Gesundheitsämter erfüllen zu können.

    So kam Hertlein, Lizenznehmer dieser Idee, nach 42 Berufsjahren doch noch nach Augsburg, stampfte gemeinsam mit der Augsburger Messe den Augsburger Ableger aus dem Boden und konnte dort dann maximal 1400 Besucher an 32 Abenden empfangen. „Wir hatten gut 30.000 Besucher“, sagt er. Maximal möglich wären fast 44.800 gewesen. Mit der Auslastung ist Hertling trotzdem zufrieden, vor allem wenn er sieht, wie anderswo das Publikum sich noch zögerlich und zurückhaltend verhält. 14 Mal war das Strandkorb-Festival komplett ausverkauft: Was Hertlein staunen ließ und auch besonders freute: Die Augsburger Band im Programm, „Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys“, waren am schnellsten ausverkauft.

    Manfred Hertlein denkt darüber nach, wieder nach Augsburg zu kommen

    Mit der Zusammenarbeit mit der Stadt, dem Ordnungsamt und der Messe ist Hertlein nun so zufrieden und glücklich, dass er jetzt schon darüber nachdenkt, ob und wie er Augsburg im kommenden Jahr, in dem es sicher kein Strandkorb-Festival mehr geben werde, weil der Aufwand dafür sehr hoch sei, ob und wie er Augsburg wieder einen Besuch abstatten kann. Hertlein möchte die tollen Kontakte, die sich ergeben haben, wieder nutzen.

    Strandkörbe als kleine Inseln und Abstandhalter in Pandemie-Zeiten, das war die Grundidee des Strandkorb Festivals auf dem Messegelände.
    Strandkörbe als kleine Inseln und Abstandhalter in Pandemie-Zeiten, das war die Grundidee des Strandkorb Festivals auf dem Messegelände. Foto: Peter Fastl

    Anfangs allerdings, das erzählt der Veranstalter, war er eher skeptisch, weil der Vorverkauf schleppend anlief. Dann gab es auch den Ärger mit den Anwohnern, die sich über das Strandkorb-Festival bei der Stadt beschwerten. Mit ein Problem: Dass es sich nicht um ein Konzert, sondern ein ausgewachsenes Festival mit 32 einzelnen Veranstaltungen handelte. „Die Menschen fühlten sich in der Summe gestört“, sagt Hertlein.

    Und dann gab es da noch den Aufreger, der deutschlandweit Schlagzeilen machte: der abgebrochene Abend mit Helge Schneider. „Eine große Enttäuschung für mich“, sagt Hertlein. An diesem Abend sei er nicht selbst in Augsburg, sondern in München gewesen. Als Schneider schon von der Bühne gegangen sei, habe er, Hertlein, mit Schneiders Agenten gesprochen. Allerdings wollte Schneider selbst nicht an den Apparat. „Es hätte sicher eine Lösung für das Problem gegeben“, sagt Hertlein. Den Betrieb der Gastronomie, über den sich Schneider beschwert habe, hätte man sofort unterbrechen können. „Aber die Möglichkeit hat sich durch das fehlende Gespräch leider nicht ergeben.“ So habe man sich hinterher nur noch darauf einigen können, dass die Besucher des Abends ihr Geld erstattet bekommen. Alle weiteren Auftritte von Helge Schneider wurden abgesagt. „Ich glaube, Helge Schneider stand sich da selbst im Weg und hat sich selbst am meisten damit geschadet“, findet Hertlein. Jetzt bekomme Schneider eine Rechnung über die zusätzlichen Kosten, die durch den Abbruch entstanden ist. Den anderen Künstler haben die Strandkorb-Festivals gefallen, sagt Hertlein.

    Wie "Sommer am Kiez" und das Strandkorb-Festival zueinander gefunden haben

    Manfred Hertlein hat das Strandkorb-Festival organisiert.
    Manfred Hertlein hat das Strandkorb-Festival organisiert. Foto: Peter Fastl

    Kämpfen musste das Strandkorb-Festival wie andere Open-Airs auch mit dem Wetter. „Zwei Mal mussten wir wegen Gewitter und Starkregen das Gelände evakuieren“, berichtet der Veranstalter. Das Publikum habe in der Messehalle Unterstand gefunden, beide Veranstaltungen konnten aber fortgesetzt werden. Anderswo habe es auch Abbrüche gegeben.

    Was sich hingegen vollkommen in sein Gegenteil verkehrt hat, das war das anfangs gespannte Verhältnis zu „Sommer am Kiez“, das in diesem Jahr auf dem Gaswerk-Gelände stattgefunden hat. Als sich die beiden Macher dann aber persönlich kennengelernt habe, sei aus Misstönen plötzlich eine Freundschaft entstanden. „Das war kein gegeneinander, sondern ein miteinander“, sagt Hertlein, der als Außenstehender bewundert, was für ein Festival Meitinger mit Sommer am Kiez mitten in der Stadt ins Leben gerufen hat. „Der Platz, auf dem er das macht, das ist einzigartig in Deutschland. Es gibt kein Festival, das auf so einem Platz mitten in der Stadt direkt mit dem Zug zu erreichen ist.“ Augsburg habe bei Hertlein also einen solch positiven Eindruck hinterlassen, dass er ziemlich sicher sei, wieder etwas in Augsburg zu veranstalten.

    Der Zwist, den es anfangs zwischen den beiden Festival-Betreibern gab, ist auch für Stefan Bob Meitinger schon lange vergessen. Er spricht ebenfalls von Freundschaft und sogar von einer möglichen Kooperation im kommenden Jahr. Denn auch 2022 wird es einen Sommer am Kiez geben – so viel steht für Meitinger fest, nachdem er in diesem Jahr eine positive Bilanz zieht. 13 Veranstaltungen umfasste Meitingers Festival, das coronabedingt auf dem Gaswerk-Areal stattfand: Die letzten beiden Konzerte – Barock – The AC/DC Tribute Show und Anthony B. – finden am Samstag, 21. August, und Sonntag, 22. August, statt. Bislang wurden rund 10.000 Tickets für die 13 Konzerte verkauft. „Damit bin ich zufrieden“, sagt Bob Meitinger. Maximal 1250 Personen dürfen sich auf der Fläche vor der Bühne, 250 weitere Besucher:innen im Biergarten aufhalten. Ausverkauft hieß es beim Sommer am Kiez genau einmal: bei Eisbrecher.

    Bob Meitinger will im kommenden Jahr große Bands fürs Gaswerk-Areal buchen

    In den vergangenen Wochen hat Meitinger Gefallen an dem großen Gelände am Oberhauser Gaskessel gefunden. Im kommenden Jahr will er gerne in ein „anderes Regal reingreifen“ und große Bands buchen. Aufgrund der Biertischgarnituren, die er auf der Veranstaltungsfläche vor der Bühne verteilte, hätten auch Konzerte mit rund 1000 Besuchern gut besucht gewirkt. „Wenn diese Corona-Maßnahme wegfällt, wirken die 1000 Leute auf dem Gelände natürlich verloren.“

    Bob Meitinger hat „Sommer am Kiez“ aufs Gaswerk gebracht.
    Bob Meitinger hat „Sommer am Kiez“ aufs Gaswerk gebracht. Foto: Peter Fastl

    Unter normalen Bedingungen bräuchte er schon eine Band, für die er mindestens 3000 Karten verkaufen könnte. Zwei, drei Konzertabende könnte Meitinger sich mit Sommer am Kiez am Gaskessel vorstellen – vielleicht auch in Kooperation mit seinem neuen Freund Manfred Hertlein. Dafür würde er womöglich auch eine Bühne kaufen, die eine Nummer größer ist. Seine Bühne habe er in diesem Jahr früher aufgebaut und sie den Veranstaltungen des Gaswerk Sommers, Modular-Festivals und des KunstWerk Open-Airs zur Verfügung gestellt. „Da muss man zusammenhalten.“

    Doch eigentlich sei die Bühne für das Gelände zu klein. „Das ist die Bühne, die normalerweise auf dem Helmut-Haller-Platz steht“, sagt er. Und an seinen angestammten Platz soll der Sommer am Kiez im kommenden Jahr größtenteils auch wieder zurückkehren. „Wenn es Corona zulässt, planen wir dort mit acht oder neun Konzertabenden. Wir fragen bereits Bands an.“

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