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Foto: Mercan Fröhlich
Foto: Mercan Fröhlich

Giovanni Weiss vor einem Porträt Django Reinhardts im Parktheater.

Festival
06.06.2022

Eindrucksvolles Jazz-Fest im Zeichen von Django Reinhardt

Von Renate Baumiller-Guggenberger

Die Erben des großen Gypsy-Jazz-Gitarristen zeigen drei Tage im Gögginger Parktheater ihr Können und machen deutlich, dass sich das Erbe in die Zukunft führen lässt.

Drei Tage (3. – 5. Juni) hat das Parktheater im Kurhaus Göggingen ganz im Zeichen des legendären Django Reinhardt gestanden. Das international ausgerichtete Festival begeisterte die Gypsy-Swing- und Jazzfans in dieser ersten Nach-Corona-Edition mit hochklassigen Konzerten, in denen sich virtuose Solisten inmitten der Ensembles von Weltrang behaupteten. Sie bewiesen, wie gut sich in klassischer "Django"-Manier dessen Erbe in die Zukunft führen lässt, wenn Könner ihre Saiten so gewitzt und enthusiastisch anschlagen. Mit der "Hommage á Schnuckenack Reinhardt" und dem Romeo-Franz-Ensemble klang das Event am Sonntagvormittag aus.

Selbst wer nur am Abend und damit nicht als aktives Mitglied der konstant wachsenden Gypsy-Swing-Szene ins Parktheater kam und damit das Zusatzangebot wie Instrumentenausstellung oder Workshops nicht nutzte, wurde berauscht. Dieser rhythmisierenden Energie und damit der ungebrochenen Faszination des Django-Reinhardt-Erbes, das sich auf der Bühne in mitreißenden Wellen entlud, kann man sich einfach nicht entziehen.

Schade nur, dass das Opening mit der Berliner Formation Radio Django missglückte, weil die vier Musiker um den Gitarristen Janko Lauenberger auf der Bühne sich wenig inspiriert präsentierten. Entsprechend monoton, steril und schlecht ausgesteuert kochte der als exklusiv annoncierte "Hot-Club de France"-Sound auf Sparflamme, die auch durch die Beimischung urbaner Hauptstadtklänge kaum befeuert wurde.

Die beiden Haupt-Acts machten das Ärgernis mehrfach wett

Nach der Pause machten die beiden Haupt-Acts dieses Ärgernis allerdings mehrfach wett. Zur "Starsection" eingeladen war der schwedische, Grammy-nominierte und als Peterson-Partner bekannte Ausnahmegitarrist Ulf Wakenius, der seinen Auftritt zum kostbaren Ereignis machte. Schnörkellos jonglierte er mit den Tunes, improvisierte voller Esprit und zauberte dank seinem kristallklaren, perlenden Klang weltmusikalisch eingefärbte und unvergessliche Momente in den Raum. Geschmackvoll, beseelt, kontrastreich interpretierte er Standards und manch eigene Titel inklusive einer Mozarthommage. Er verblüffte mit kreativen Akkordverzierungen und ließ seinen sehr besonderen Gitarrensound mit Stevie Wonder zum "Sunshine of my life" um die Wette strahlen.

Um diese solistische Sternstunde in den Django-Himmel zu hieven, gesellte sich mit dem Augsburger Violinisten Sandro Roy ein Shootingstar auf die Bühne, um das Wakenius-Vergnügen mit Streichergrandezza zu verdoppeln. Ein exzellenter Musiker, dessen Charisma und Virtuosität sich später auch im intensiven Zusammenspiel mit den "Rosenbergs" explosionsartig entfalteten. Schön, dass Augsburg in Sandro Roy (der unter anderem bei Linus Roth studierte) einen so viel-"saitig" hochbegabten Künstler zu Hause weiß, der im Moment die internationalen Klassik-Konzertbühnen im Sturm erobert (PS: Sandro Roy ist am 3. Juli im Parktheater mit dem "The Gypsy Violine"-Programm der Bayerischen Kammerphilharmonie als Solist zu erleben).

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Die Herzen des weiblichen Publikums schmolzen

In die späte Nacht hinein schraubte sich das "Netherlands Finale Furioso", das Paulus Schäfer als souveränen Leadgitarristen featurete. Johnny Rosenberg ließ nicht allein als charmant moderierender Rhythmusgitarrist, sondern auch als umwerfend lässiger Sinatra-Sänger die Herzen des weiblichen Publikums schmelzen. Wie harmonisch das Akkordeon die klassische Gipsy-Swing-Besetzung bereichert, demonstrierte an Tag zwei der Franzose Ludovic Beier in der Abend-Session im mit Samson Schmitt (Gitarre), Gino Roman (Bass) und Sven Jungbeck stark besetzten Swing-Ensemble.

Dem spanischen Intro folgte die Pariser Charmeoffensive mit einem Cocktail aus melancholischen Balladen, flottem Bossa Nova und sinnlicher Tango-Nummer, die in halsbrecherischen Soli-Passagen in ein Tempo-Battle mündete, das auch die Hörer atemlos und begeistert zurückließ. Goldrichtig platziert als kleine Intervention zum derart intensiven Drive war die filmisch-musikalische Liebeserklärung an Maestro Django – endend mit der Zeile "Wir sind Musik". Behutsam, genial untermalte der Gitarrist und zweifache Echo-Jazz-Preisträger Giovanni Weiss dieses von NDR und Arte produzierte Porträt mit seinem atmosphärischen Sound.

Im finalen Act und gleich mit seinem ersten eigenen Titel "A Day in New York" machte der 1997 in der Slowakei geborene, jetzt in Großbritannien lebende Andreas Varady deutlich, warum er den Nachwuchspreis des Augsburger Festivals 2022 bekommen hatte. Mit Joschi Schneeberger am Bass, dem überwältigenden Saxofon-Virtuosen Franck Wolf und Gypsy-Swing-Größe Gismo Graf hatte er sich ein echtes Dreamteam für die elegante Performance zusammengestellt. Einmal mehr wurde die hohe Kunst der flinken, über die Stahlsaiten fliegenden Finger zelebriert und zum eindrucksvollen Jazz-Fest!

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