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Foto: Daniel Blaser
Foto: Daniel Blaser

Augsburger Talent am Violoncello: der 15-jährige Lysander Francescatti.

Festival der Nationen
20.09.2023

An Igor Levits Seite: Ein Augsburger Cello-Talent spielt im Orchester beim Festival der Nationen

Von Veronika Lintner

Lysander Francescatti spielt Klavier, ist Domsingknabe, aber seine größte Leidenschaft gilt dem Cello. Jetzt tritt er im Orchester mit Star-Pianist Igor Levit auf.

Lysander Francescatti setzt sich an den schwarzen Flügel und legt die Finger auf die Tasten. Was er zu spielen beginnt, ist dabei alles – nur nicht Beethoven. Er schlägt Jazz-Akkorde an, die Töne schweben zum offenen Zimmerfenster hinaus in den Spätsommerabend. „Ich liebe es, zu improvisieren“, sagt der 15-Jährige. Sich sein eigenes Werk bauen, eine Architektur aus Harmonien konstruieren, das gefällt dem jungen Mann. Bald aber wird er wieder nach Noten spielen, so wie Beethoven sie schrieb. Dann wird der Pianist Igor Levit auf der großen Konzertbühne am Flügel sitzen – und Lysander Francescatti darf an seiner Seite spielen. Allerdings nicht auf dem Klavierhocker, sondern mitten im Orchester. Francescatti ist ein vielseitiges Musiktalent, seine größte Liebe gilt aber: dem Violoncello. Beim „Festival der Nationen“ in Bad Wörishofen spielt der Augsburger Cellist in einem Sinfonieorchester, das Igor Levit begleiten wird.

Lysander Francescatti spielt im vbw-Orchester mit

Eine „musikalische Nationalmannschaft Bayerns“, so beschreibt sich das Vbw-Orchester selbst. Talente im Alter von elf bis 17 Jahren haben hier die Chance, sich zu beweisen, beim Festival im Kursaal von Bad Wörishofen. An zwei Wochenenden hat das Auswahl-Ensemble schon gearbeitet, an diesem Donnerstag folgt die erste Probe mit Igor Levit. „Für mich ist er einer der größten Beethoven-Interpreten“, sagt der Cellist Francescatti über den Pianisten Levit. Der Name ist eine Marke, Levit steht für junge, engagierte Musik. Der Berliner mischt sich in politische Diskussionen ein, wehrt sich gegen Antisemitismus, spielte schon mal Gratis-Konzerte im digitalen Live-Stream. Ein Idol für viele.

Fragt man Francescatti nach seinen Vorbildern, nennt er Cellisten der Gegenwart: Daniel Müller-Schott und Maximilian Hornung. In München lernt Francescatti gerade bei Hanno Simons (stellvertretender Solocellist des BR-Sinfonieorchesters), in Augsburg unterrichtet ihn Edward King am Leopold-Mozart-Zentrum. Fragt man den 15-Jährigen, woran er besonders hart arbeitet, sagt er: technische Perfektion. „Es geht darum, makellos zu werden.“ Woher kommt die Zielstrebigkeit? Liegt das Talent in der Familie? Seine Mutter ist die Profimusikerin Iris Lichtinger, mit vier Jahren begann ihr Sohn Klavier zu lernen, mit fünf Violoncello. Francescatti erinnert sich an einen Tag im Augsburger Zeughaus, an dem Kinder Instrumente ausprobieren konnten. Andere standen schon Schlange, aber das Cello wollte der kleine Lysander nicht aus der Hand geben. „Da war ich stur: Lass mich weiterspielen!“, sagt er heute und lacht. „Da habe ich mich in das Instrument verliebt.“

In Bad Wörishofen findet wieder das Festival der Nationen statt

Das Cello ist für ihn das Höchste. Und das Tiefste. Er liebt den weiten Tonumfang, die hohe Brillanz der A-Saite, das Sonore und das Warme der Tiefen. Alle Klangfarben und Epochen will Francescatti entdecken, er spielt bei Wettbewerben auch zeitgenössische Werke: „Es gibt so viel fantastische Musik. Und dann merke ich, dass ich nur ein Prozent davon kenne.“ Neues Repertoire lernt er im Münchner Attacca Jugendorchester kennen – und jetzt in Bad Wörishofen. Auf Beethoven hat er sich gefreut, auf Bekannte und Freunde im Orchester. Denn man kennt sich unter Talenten: „Die Musikwelt ist sehr klein.“

Aber für ihn existiert auch eine Welt jenseits der Musik: Wenn er nicht Cello übt, spielt er gerne Basketball. Ja, er weiß schon, vom Ballsport sollte er eigentlich die Finger lassen. Erhöhtes Verletzungsrisiko für Cellisten-Finger. Aber für ihn sei der Ausgleich wichtig, der Spaß am Sport, und in Augsburg findet er diese Balance: „Die Stadt fühlt sich für mich sehr heimelig an.“ Hier genießt er eine Ausbildung bei den Domsingknaben und besucht das Gymnasium St. Stephan.

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Igor Levit spielt mit Talenten wie Lysander Francescatti

Wohin ihn die Reise mit der Musik führen wird? In Ravenna durfte er schon bei einem namhaften Festival als Solist auftrumpfen, mit Bachs Cellosuite Nr. 2. Und von manchen Konzertsälen träumt er: „Die Carnegie Hall“, sagt er, das wäre das Größte. Aber die nächste Station heißt: Bad Wörishofen – Festival der Nationen.

Info: "Igor Levit & Next Generation", am Samstag, 23. September, 20 Uhr, im Kurhaus Bad Wörishofen. Beethovens Klavierkonzert Nr. 5 und Schumanns Sinfonie Nr. 3, die "Rheinische".

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