Das Staatstheater schickt sein Publikum auf eine Krimi-Schnitzeljagd in Augsburg
Der virtuelle Mitmach-Krimi „Solo – Folge 1“ des Staatstheaters Augsburg endete mit einem Knall. „Folge 2“ führt das Publikum direkt ins Stadtgetümmel.
Im Fernsehsessel lümmeln und sich vom ARD-Tatort begruseln lassen – das hat Reiz. Aber wie prickelnd wäre es, selbst den Ganoven auf die Spur zu kommen? Mit „Solo – Folge 2, Schlüssel zur Welt“ schickt das Staatstheater Augsburg sein Publikum nun auf eine Schnitzeljagd mit Thriller-Plot. Die Fährte des Mitmach-Krimis führt, bei diesem zweiten Teil einer Krimi-Trilogie, mitten hinein in das Stadtleben.
Das Staatstheater Augsburg setzt seine Krimi-Reihe fort
Um den fiktiven Fall zu starten, genügen ein, zwei Klicks auf dem Smartphone: Auf der Handy-App zum Spiel ploppt eine Chatnachricht auf, eine Figur namens „Vergil“ schreibt. Mysteriös – was will er? Ist er Freund oder Bösewicht? Der Weg, auf den „Vergil“ die Hobby-Ermittler dann mit Tipps lotst, führt über belebte Altstadtplätze, zu Ladenschaufenstern, auch an einen Kiosk. Und überall wartet schon das nächste Rätsel. Ab 1. April kann sich jeder auf die Spurensuche begeben, dann startet das Spiel.
Die Vorgeschichte, „Solo – Folge 1“, war einen Tauchgang ins Digitale: Mit der „Virtual-Reality“-Brille auf der Nase fand sich das Staatstheater-Publikum als Ermittler an einem gefilmten Tatort wieder, mit Schauspielern in den weiteren Rollen. Der Plot: Aufruhr in der Firma „Golden Mind“. Ein junger Mann attackiert die Konzernchefin Annette Herzog – und springt am Ende aus dem Hochhausfenster. Die Umstände scheinen brisant: Wegen Überbevölkerung und Klimawandel hat die Politik das Projekt „Bundesisolationsjahr“ gegründet: Jedes Jahr ziehen sich Menschen ganz aus ihrem Leben zurück und verbringen zwölf Monate völlig isoliert in einer Simulation. Und diese Illusionswelt hat „Golden Mind“ designt, um das Verhalten der Menschen in der Katastrophe zu erforschen. Ein Knall beendet Folge eins: Herzog stirbt durch einen Anschlag. An dieser Stelle setzt die Fortsetzung an – und wie sich der Fall jetzt wendet, liegt in der Hand der Spieler.
"Mixed Reality": So funktioniert Sebastian Klaukes "Solo - Folge 2"
Der Autor hinter der Schnitzeljagd ist Sebastian Klauke, er hatte schon das Buch für „Folge 1“ verfasst. Für einem Probelauf zieht er nun mit einer Testgruppe durch die Stadt, per Straßenbahn zum nächsten Hinweis, und erklärt: „Die Herausforderung ist für uns: Welchen Schwierigkeitsgrad wähle ich bei den Rätseln? Wie viele Hinweise geben wir? Und welches Publikum kann das Theater mit dem Projekt erreichen?“ Wichtig sei ihm, dass niemand Folge eins gesehen haben muss, um Folge zwei zu verstehen.
Klauke schreibt zum ersten Mal in diesem Genre, der „Mixed Reality“: Das bedeutet, dass sich hier Ebenen der Wirklichkeit überkreuzen, verschwimmen. Die App zeigt die Stadtkarte an, sendet Chatnachrichten, immer mehr Figuren mischen sich in die Geschichte ein. Besonders charmant wird die Suche aber, wenn sich die Welten diffus mischen. An einem beliebten Augsburger Treffpunkt (mehr sei nicht verraten) können die Spieler, James-Bond-reif und leibhaftig, einem „Whistleblower“ in diesem Fall begegnen.
Im Alten Rockcafé Augsburg entstand das Krimi-Konzept
Für das Stück hat das Theater verschiedene Partner gewonnen, die Hinweise zur Story bei sich verstecken, zum Beispiel die Stadtbücherei. Zig Zahnrädchen müssen also perfekt ineinandergreifen, damit sich die Geschichte nicht auf dem Weg verheddert – in der App-Software, an den vielen Stationen, und im Kopf der Spieler und der Spielerinnen. Dafür verlangt der Krimi allerdings auch keine Eile: Einsteigen, pausieren und später weitermachen ist jederzeit möglich. Wer mit Tempo rätselt, soll den Plot im Laufe einer Woche durchspielen können.
Manche Tricks und Gags der Schnitzeljagd haben im Testlauf noch gefehlt. „Wir haben noch nicht alle Geräte“, erklärte Tina Lorenz, Projektleiterin für digitale Entwicklung – also geht die Arbeit jetzt in den Endspurt. Im Alten Rockcafé hat das Krimi-Team ein Kämmerchen mit Stuckdecke in eine Projekt-Werkstatt verwandelt: löten, schrauben, kleben, an einem geheimnisvollen Automaten bauen, der Münzen ausspuckt. Dazu liegen liebevoll getexte Info-Flyer für das „Bundesisolationsjahr“ aus. Selbst die digitale Arbeit findet hier statt. Markus Schubert hat die App zum Spiel mitentwickelt, der Berliner zeigt sich begeistert: „Das was das Staatstheater hier macht, ist Avantgarde.“
Gruselige Visionen malen Sebastian Klauke und Regisseur David Ortmann in dieser Geschichte: Wie können wir uns gegen monströse Katastrophen der Zukunft stemmen? Lebt unser Bewusstsein bald ganz in der Sphäre der Bytes und Pixel? Das alles bietet viel Science-Fiction-Futter für philosophische Gedankenspiele. Apropos Zukunft, Tina Lorenz verspricht eine Fortsetzung: „Es wird eine Folge drei in der nächsten Spielzeit geben. Und die wird noch einmal ganz anders funktionieren als die ersten beiden.“
Tickets für das Stück gibt es bald im Online-Shop des Staatstheaters und beim Besucherservice am Rathausplatz.
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