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„Die Singer von Shanghai“ hat Premiere im Textilmuseum in Augsburg

Augsburg

Schüler spielen „Die Singer von Shanghai“

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    Die Singer Nähmaschine rettete der Familie Abraham in Shanghai das Leben. Sie ist im Textilmuseum in Augsburg zu sehen.
    Die Singer Nähmaschine rettete der Familie Abraham in Shanghai das Leben. Sie ist im Textilmuseum in Augsburg zu sehen. Foto: Bernhard Rampf

    Ausgerechnet eine Fahrkarte nach Shanghai bot den im Deutschen Reich verfolgten Jüdinnen und Juden zeitweilig die einzige Chance zur legalen Ausreise, ausgerechnet in eine Stadt, die von dem mit Nazideutschland verbündeten Japan besetzt war. Die wenig bekannte Geschichte der 20.000 in die chinesische Hafenstadt Geflüchteten wird derzeit in der Ausstellung „Nähen, um zu überleben“ im Textil- und Industriemuseum aufgearbeitet. Aus den Erinnerungen von Zeitzeugen, die der US-Wissenschaftler und Ausstellungs-Kurator Kevin Ostoyich zusammengetragen hat, ist außerdem ein Theaterstück entstanden. Augsburger Schülerinnen und Schüler der Gymnasien Maria-Ward und Rudolf-Diesel bringen es nun in deutscher Übersetzung ein erstes Mal auf die Bühne.

    Wie die Ausstellung kreist auch die Theater-Inszenierung um eine historische Singer-Nähmaschine, mit der eine der flüchtenden Familien, die Familie Abraham aus dem hessischen Frickhofen, ihren Lebensunterhalt bestritt. Ein Interview mit dem damals auf der Flucht zwischen Frickhofen und Shanghai aufwachsenden Harry J. Abraham wird im Theater der Ausgangspunkt für einzelne Szenen. Harry erinnert sich und erzählt zum Beispiel von seiner Mutter. Immer begleitet von der Nähmaschine gelangte die Familie nach Shanghai, wo sie beengt und arm, aber in Sicherheit leben konnten. „Da war man völlig abgeschnitten und bekam von den Ereignissen in Europa nichts mit“, erinnert Lehrer Wolfgang Poeppel, der das Stück gemeinsam mit der theatererfahrenen Lehrerin Eva-Maria Noppen-Eckart und Schülern der zehnten und elften Jahrgangsstufen umgesetzt hat. Anders als im Schulunterricht, ist Wolfgang Poeppel überzeugt, können die Schüler sich „im Theater mit einer einzelnen Person identifizieren und in die Situation hineinversetzen. Und, schon weil der Text beim Proben ständig wiederholt wird, fallen einem dabei auch die Details auf“.

    „Harry ist ein Mensch, der sehr viele Fragen hat“, erzählt Schüler Alen, der Harry J. Abraham in Augsburg persönlich kennengelernt hat und im Theaterstück in dessen Rolle schlüpft. „Vor allem, warum niemand etwas unternommen hat und wieso sich das immer wiederholt. Das sind Fragen, die beschäftigen mich selbst auch sehr“. Wenn Harry seine Bewunderung dafür schildert, dass seine Mutter trotz all des Leids stark und beharrlich blieb, denkt Alen auch an seine eigene Mutter, die den Völkermord im Bosnien-Krieg überlebte.

    Wie Museumsdirektor Karl Murr berichtet, war Harry J. Abraham beeindruckt von dem, was die Schüler in kurzer Zeit neben dem Schulunterricht auf die Beine stellen wollen. Dass junge Menschen aus der Vergangenheit eigene Schlüsse ziehen und eine wachsame Haltung entwickeln, sei ihm ein besonderes Anliegen.

    Die Premiere findet am Donnerstag, 18. Juli, um 19 Uhr im Textilmuseum statt. Eine weitere öffentliche Aufführung ist am Montag, 22. Juli, um 19 Uhr. Der Eintritt auf Spendenbasis. Die Sonderausstellung „Nähen, um zu überleben“ ist noch bis zum 17. November im Foyer zu sehen.

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