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Der Literarische Salon extra hat Augsburg zum Thema

Interview

Marius Müller: "Es gibt wahnsinnig viele Bücher aus Augsburg"

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    Der Bibliothekar und Buchblogger Marius Müller diskutiert beim nächsten Literarischen Salon in Augsburg über Bücher aus Augsburg.
    Der Bibliothekar und Buchblogger Marius Müller diskutiert beim nächsten Literarischen Salon in Augsburg über Bücher aus Augsburg. Foto: Adrian Beck

    Reden wir über Augsburg und die Literatur. Das ist das Thema der nächsten Ausgabe des Literarischen Salons, einer Spezialausgabe. Um wie viel Bücher mit Augsburg-Bezug wird es da gehen?
    MARIUS MÜLLER: Wir haben wahnsinnig viele Bücher gefunden. Wenn ich einmal quer über die verschiedenen Gattungen fliege, sind es 50 bis 60 Bücher. Unsere Ausgangslage war, dass wir schauen wollten, was in der Stadt literarisch passiert. Betrachtet haben wir den Zeitraum der letzten beiden Jahre. Es ist erstaunlich viel veröffentlicht worden.

    Um was für Bücher geht es da?
    MÜLLER: Wir haben auf Belletristik, auf Sachbuch, auf Lyrik, auf Kinderbuch und auf Graphic Novels geschaut. Darüber hinaus sprechen wir auch über Kriminalromane, Kurzgeschichten und natürlich auch Bücher mit Bertolt-Brecht-Bezug. Die Fülle ist da.

    Was war überraschend bei dieser Suche?
    MÜLLER: Die Vielfalt. Wir haben große Namen, etwa Thomas von Steinaecker. Wir haben Bestsellerautoren wie Anne Jacobs mit den Tuchvilla-Romanen. Wir haben experimentelle Stimmen gefunden, es gibt wirkliche interessante Lyrik, beispielsweise von Sarah Kiyanrad, die diese Idee zum Salon gegeben hat. Ihr Lyrikband „Dorna“ umspielt die Geschichte einer Kranichfrau, einer Harpyie. Wir haben witzige Bücher dabei, zum Beispiel von Michael Decar. Er hat im März-Verlag seinen neuen Roman „Kapitulation“ veröffentlicht. Da geht es um einen jungen Herrn, der einen Sparkassen-Kunstpreis im Wert von 7500 Euro gewinnt. Daraufhin versucht er mit dem Geld verschiedene Lebensentwürfe zu testen, beispielsweise als Frührentner am Balaton. Wir haben eine Vielfalt an Formen gefunden, das ist wirklich beeindruckend.

    Das klingt, als ob in allen Gattungen und Bereichen der Literatur etwas in Augsburg zu finden ist.
    MÜLLER: Die Vielfalt der großen Literaturszene zeigt sich auch in Augsburg. Und es kann gut sein, dass uns sogar noch etwas durch die Lappen gegangen ist. Interessant ist auch, dass wir viele neue weibliche Stimmen gefunden haben.

    Wie oft kommt Augsburg als Handlungsort vor?
    MÜLLER: Es kommt in allen Formen vor. Im Sachbuch bei Elias Holl ist Augsburg auch ein großes Thema. Auch in der Graphic Novel von Christoph Emmendörffer ist Augsburg im Dreißigjährigen Krieg der große Schauplatz. In Krimis ist Augsburg oft der Hintergrund. Wolfgang Kemmers „Im Bauch des Baal“ spielt im Jahr 1983 und bezieht sich schon im Titel auf Bertolt Brecht. Da sieht man gut, wie alles miteinander verknüpft ist.

    Taucht Augsburg nur als Stadt mit reicher Geschichte auf oder werden auch die Teile der Stadt literarisch begangen und beschrieben, die jünger sind – also die vielen Stadtteile?
    MÜLLER: Wir haben einen Krimi dabei, „Sprung in den Tod“, der am Hotelturm spielt. Auch die Stadtviertel kommen vor. Im Sachbuch haben wir etwas Spannendes entdeckt. Willy Bernheims „Was tue ich eigentlich in Meknes“ im Wißner-Verlag erzählt die Geschichte eines Unternehmers aus Augsburg-Pfersee, der nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten enteignet wurde, in Frankreich Mitglied der Fremdenlegion wurde, dann über Paris wieder zurückkam, auch um Augsburg zu befreien. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie Lebensgeschichte, Zeitgeschichte und Augsburger Stadtgeschichte gleichzeitig erzählt werden.

    Welche Bücher lohnen sich besonders?
    MÜLLER: In der Mitte des Abends in der Stadtbücherei sprechen wir – wie es für den Salon typisch ist – über drei Bücher. Ganz spannend ist für mich zum Beispiel das Debüt von Valerie Bäuerlein mit dem Titel „Die Unvollständige“. Eine in ganz eigenem Ton erzählte Flaneur-Geschichte aus Berlin, die mit einem geradezu filmischen Blick die Themen Trauer und migrantisches Leben in Deutschland miteinander verknüpft. Oder Christina Walker mit „Kleine Schule des Fliegens“, einem Roman, der im vergangenen Jahr für den österreichischen Buchpreis nominiert war. Die Autorin lebt in Augsburg und erzählt vom Umgang mit dem vermeintlich Fremden. Sie wählt dafür die Allegorie eines Krähenschwarms, der im Baum gegenüber eines Hauses nistet und von den Bewohnern des Hauses völlig unterschiedlich betrachtet wird. Das ist ein toller Roman, der auf kleinem Raum spielt und trotzdem viel über die Gesellschaft sagt. Für mich eine echte Entdeckung.

    Wie wird die Spezialausgabe des Literarischen Salons ablaufen?
    MÜLLER: Wir haben vier Blöcke, also vier Gespräche mit Experten, Michael Schreiner, ehemals Augsburger Allgemeine, untersucht die Lyrik, Sarah Käsmayr vom Maro Verlag die Sachbücher, Birgit Müller-Bardorff, auch Augsburger Allgemeine, die Kinder- und Jugendbücher, und Juliana Hazoth präsentiert Graphic Novels mit Augsburg-Bezug. In der Mitte des Abends findet die Diskussion des Literarischen Salons statt, der sich der Belletristik aus Augsburg annimmt.

    Das hört sich nach einer geballten Ladung Buchtipps an.
    MÜLLER: Es ist ein stattliches Programm, und ich bin gespannt, wie lange wir brauchen. Es wird ein wilder Ritt.

    Haben sich auch Augsburger Autorinnen und Autoren schon als Publikum angemeldet?
    MÜLLER: Einige sind so mutig, dass sie auch kommen. Christina Walker, deren „Kleine Schule des Fliegens“ wir im Literarischen Salon auch besprechen, hat sich angemeldet. Einige Buchhändlerinnen und Buchhändler haben sich angekündigt. Ioana Orleanu, die in Bukarest geboren ist und jüngst ihren Roman „Im Gold des Oktobers“ veröffentlicht hat, hat ihr Kommen angesagt. Die Augsburger Literaturszene wird also auch mit einigen Autorinnen und Autoren vertreten sein.

    Zur Person

    Marius Müller, 1991 in Pegnitz geboren, leitet die Studienbibliothek in Dillingen und lebt in Steppach. Außerdem betreibt er seinen Buchblog Buch-Haltung und bespricht dort literarische Neuerscheinungen.

    Der Literarische Salon extra findet am Donnerstag, 15. Februar, um 19.30 Uhr in der Stadtbücherei Augsburg statt. Thema und Klammer des Abends ist Augsburg. Es geht um Bücher aus Augsburg. Es diskutieren im Literarischen Salon Sarah Käsmayr (Maro-Verlag), Birgit Müller-Bardorff (Augsburger Allgemeine) und Juliana Hazoth (Universität Augsburg/ freie Kritikerin) mit Moderator Marius Müller (Buchblogger und Leiter der Studienbibliothek Dillingen) über die Romane von Christina Walker („Kleine Schule des Fliegens“), Anna Gien („Paris Rot“) und Valerie Bäuerlein („Die Unvollständige“). Unterstützung erhalten sie von Kurt Idrizovic von der Buchhandlung am Obstmarkt und von Michael Schreiner, dem ehemaligen Feuilletonchef der Augsburger Allgemeinen. Zusammen mit anderen Diskutierenden stellen sie belletristische Neuerscheinungen und Bücher aus unterschiedlichen Genres vor. Was alle vorgestellten Werke eint: ihr Augsburg-Bezug. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei.

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