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Das Augsburger H2-Zentrum für Gegenwartskunst mit "Friends"

Ausstellung

Was gute Freunde wert sind

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    Wenn ein Museum Freunde hat: H2-Direktor Thomas Elsen (links) und Herbert Scheel, der Vorsitzende der Freunde der Kunstsammlungen, präsentieren gemeinsame Ankäufe wie dieses Großformat von Horst Thürheimer.
    Wenn ein Museum Freunde hat: H2-Direktor Thomas Elsen (links) und Herbert Scheel, der Vorsitzende der Freunde der Kunstsammlungen, präsentieren gemeinsame Ankäufe wie dieses Großformat von Horst Thürheimer. Foto: Rüdiger Heinze

    Seit vielen Jahren haben die Kunstsammlungen von Augsburg, dieser Großstadt eines sich kulturbeflissen gebenden Landes, keinen städtischen Ankaufsetat mehr. Wesentliche, mit der regionalen Geschichte verknüpfte Kunst, auch bedeutendes Kunsthandwerk kann auf diesem Weg, also mit öffentlichen Mitteln, nicht mehr für die Heimat gewonnen werden – und sei es nur eine fehlende Grafik.

    Die Kommune, die Verantwortung zeigen müsste, verlässt sich auf Privatpersonen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Dies sind die "Freunde der Kunstsammlungen Augsburg", die dort einspringen, wo die Politik sich zurückzog. Es sind tatsächliche Liebhaber der Kunst, die die Verpflichtung einsehen, dass Sammlungen – parallel zur weiterlaufenden Zeit – nicht abbrechen sollten. Und diese Freunde führen jetzt Augsburg vor Augen, was sie in Kompensation zum fehlenden öffentlichen Ankaufsetat ermöglichen. Ihre Ausstellung im H2-Zentrum für Gegenwartskunst im Glaspalast könnte heißen: "Tue Gutes und zeige es!" Sie nennt sich stattdessen ein wenig tiefstapelnd: "Friends! Erwerbungen der Kunstfreunde für die Sammlung der Museen".

    Das H2-Museum präsentiert seine Ankäufe

    Auch wenn diese Freunde weiterhin für den Erwerb alter Augsburger Kunst antreten, mithin den Ankauf von Silber, barocker Werke sowie Grafik früherer Epochen finanzieren, so versammelt nun die H2-Schau jene zeitgenössischen Arbeiten, deren Erwerb die Kunstfreunde seit 2006 zusätzlich übernehmen. Angewiesen waren sie bei der Entscheidung des Erwerbs auf Thomas Elsen, den Zuständigen für zeitgenössische Kunst bei den Kunstsammlungen – wie es jetzt Herbert Scheel, 1. Vorsitzender der Kunstfreunde, bei Eröffnung der Ausstellung klipp und klar bekannte. Elsen sei als "spiritus rector" der Kollektion unabdingbar gewesen. Und durch ihn habe sich ein Spiegel dessen gebildet, was die Kunstsammlungen in ihren Häusern seit Jahren an zeitgenössischer Kunst präsentierten. 

    Thomas Elsen seinerseits wies darauf hin, dass auf gleichsam "magische Weise" ein Konvolut entstanden sei, bei dem nie auf Quote, nur auf Qualität geachtet wurde, das aber dennoch erstaunlich ausgewogen weibliche und männliche Kunst sowie Arbeiten regionaler und überregionaler Künstler versammle. Wer auch sprach bei der gut besuchten Vernissage im Glaspalast: Unüberhörbar blieb der Appell: Kunst braucht Freunde! Machen Sie Werbung für den Verein der Kunstfreunde, auf dass diese wieder mehr werden nach einem coronabedingten Mitgliederrückgang!

    Es waren also schon mal mehr als die derzeit 470 Geschwister im Geiste. Was sie ermöglicht haben, dies also ist zu sehen im H2: Gemälde, Skulpturen, Fotos, Videos. Dass dabei die Landschaftsfotografie besonders breit vertreten ist, ordnet Thomas Elsen bei einem Rundgang mit den Worten "vermutlich kein Zufall, aber auch keine Absicht" ein. Die Landschaft sei nun mal eine Projektions- und Sehnsuchtsfläche des Menschen, auch eine Metapher für den Raum des Lebens. Und so stößt man – unter Einbezug von Bewegtbild – auf starke Landschaftsablichtungen bei Karen Irmer sowie bei Christof Rehm einerseits (um zwei regionale Kunstschaffende begründet hervorzuheben), andererseits auf mahnende Landschaftsporträts von Magdalena Jetelova und Olaf Otto Becker (um auf zwei überregional tätige Künstler besonders hinzuweisen). 

    Bei den Gemälden ist auf Per Kirkeby zu achten

    Daneben wird auch menschliche Tragik beleuchtet, etwa bei Andy Heller und ihren Stadtfotos von Obdachlosenplätzen San Franciscos unter freiem Himmel oder bei Andrea Mottas Flüchtlingsporträts auf der griechischen Insel Lesbos. Festgehalten sind hier "First moments": Soeben zurück liegt die erfolgreiche Emigration, nun beginnt die Zukunft. Menschen auf dem Punkt zwischen zwei Lebensabschnitten.

    Bei den Gemälden ist zu achten – natürlich – auf Per Kirkeby mit einer seiner stark strukturierten Mallandschaften, aber auch dringlich auf Horst Thürheimer mit seiner Mischtechnik "Wingspan" sowie sechs hinreißenden kleinen Arbeiten. Hinzu kommen Christofer Kochs und Sebastian Lübeck, jeweils mit figurativer Malerei, die indes zielgerichtet "gesichtslos" auftritt. 

    Sollte ein Verbesserungsvorschlag zum Publikumswohl erwünscht sein, dann wäre es einer, der in erster Linie die Skulpturen und die Videos betrifft. Hier würden sich einige Erläuterungsworte hilfreich ausmachen. Dann könnte besser verstanden werden, was es mit Reynold Reynolds Video "Der letzte Tag der Republik" auf sich hat – nämlich Abriss des Berliner "Palasts der (DDR-)Republik" plus Frage "Kann Geschichte getilgt werden?" Dann könnte auch besser nachvollzogen werden, warum sich Unbehagen einstellt angesichts Christian Hörls Installation "Leibeserziehung". Hier stehen sich Ballett-Ästhetik und die Körperqual, die dafür Voraussetzung ist, unversöhnlich gegenüber. 

    Laufzeit: bis 30. Juni, Öffnungszeiten: Di. bis So. von 10 bis 17 Uhr

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