Wie klingt Schwaben? Genauer: Wie klang es vor 150, ja vor 200 oder sogar 250 Jahren? Welche Musik erfüllte damals die Säle und Kirchen, die Feste und Konzerte in diesem Landstrich? Danach forscht der Chor Musica Suevica. „Diesmal nehmen wir uns im Konzert das 19. Jahrhundert vor“, erklärt Franz Wallisch, der Leiter des Ensembles. Seine Musica Suevica begibt sich jetzt wieder auf eine Klang- und Zeitreise – in einem Konzert am Sonntag, 27. Oktober, in der Augsburger Kirche Evangelisch St. Ullrich.
Die Musica Suevica widmet sich dem 19. Jahrhundert
Seit mehr als 30 Jahren vertieft sich diese Chorgemeinschaft in die Geschichte der schwäbischen Vokal- und Kirchenmusik. Sechs Orchestermessen gestalten die Sänger und Sängerinnen im Jahr – und festliche Kirchenkonzerte. Seit Januar proben sie schon das neue Konzertprogramm: „Jetzt geht es nur noch um die Feindetails“, sagt Wallisch. Die Tempo- und Tonartwechseln müssen sitzen, „da muss der Chor bereit sein“, sagt der Dirigent. In den letzten Proben dreht sich dann alles um die Abstimmung mit den Profis, die den Chor begleiten. Ein Ensemble aus Instrumentalisten des Münchner Rundfunkorchesters wird den Chor begleiten, das gehört zur Tradition des Ensembles. Ein Quartett an Solosängern stößt auch diesmal dazu: Priska Eser (Sopran), Roman Payer (Tenor) Kerstin Rosenfeldt (Alt) und Timo Janzen (Bass). Sie tauchen ein die schwäbische Musik eines vergangenen Jahrhunderts.
Worin liegt der Reiz der Musik aus dem 19. Jahrhundert? „Sie wird in dieser Epoche noch viel weitläufiger“, sagt Wallisch. Die Werke werden üppiger, Chor und Orchester wachsen, plötzlich taucht zum Beispiel die Klarinette neu in den Partituren auf. Die Formen fächern sich in Vielfalt auf – aber die Lebenswege der Komponisten, die auf dem Programmzettel der Musica Suevica stehen, die kreuzen sich.
Schwäbische Werke von Lutzenberger und Witzka
Zum Auftakt soll ein „Gloria“ erklingen, aus der Messe in Es-Dur des Ambrosius Lutzenberger. Er war ein Benediktinermönch, legte im Kloster Elchingen die Profess ab und stieg dann als Musiker bis ins Amt des Domorganisten von Augsburg auf. Der Bass ist in seinem „Gloria“ gefordert und Wallisch schwärmt von einem „imposanten Cellosolo“ im Werk. Die Lebenslinie des Mönchs trifft dann auf den Lebensweg von Johann Michael Keller aus Oberelchingen: „Lutzenberger nahm Keller einst als Schüler unter seine Fittiche.“ Er war Organist in St. Ulrich und Afra, Chorregent bei St. Stephan, dann eifriger Domkapellmeister, der auch Beethovens opulente Missa Solemnis aufführte. Keller selbst schuf 97 Kompositionen, mit „Eigenart“, „Kraft“ und „Wohlklang“, wie ein Zeitgenosse schreibt. Im Konzert zu erleben: Fünf Hymnen aus dem Kirchenjahr für Chor und Orchester.
Das Werk des Carl Bonaventura Witzka, Kellers Vorgänger als Augsburgs Domkappellmeister, ist dem Chor schon gut vertraut. Diesmal steht sein „Illusta facem“ für Sopran und Orchester auf dem Plan. „In diesem Werk spürt man, was die Musiker damals so virtuos gekonnt haben müssen“, sagt Wallisch. Aber vor allem beeindruckt ihn die Schönheit des Werks: „Was Witzka erschaffen hat, sind tolle Melodien.“
Ein Oratorium von Karl Kempter steht auf dem Programm
Karl Kempter stammte aus Limbach bei Burgau, sein Handwerk lernte er bei Johann Michael Keller. In das Musikgedächtnis hat er sich vor allem mit einem Werk eingeschrieben: Zur Weihnachtszeit erklingt in den Kirchen in ganz Schwaben seine Pastoralmesse in G-Dur. Im Konzert singt die Musica Suevica jetzt aber Auszüge aus „Maria, die Mutter des Herrn“, einem Oratorium des Meisters. „Es ist ein fein verzahntes, ein durchkomponiertes Werk“, sagt Wallisch. Ein weiteres Stück schwäbischer Musikgeschichte.
Info: „Virtuose Klangwelten schwäbischer Komponisten“, Konzert in Ev. St. Ulrich, am Sonntag, 27. Oktober, um 16 Uhr.
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