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Augsburg: Mit Wrestling-Spektakel: Das ist das Programm des Brechtfestivals 2023

Augsburg

Mit Wrestling-Spektakel: Das ist das Programm des Brechtfestivals 2023

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    Festivalleiter Julian Warner.
    Festivalleiter Julian Warner. Foto: Michael Hochgemuth

    Der Mann, der hier auf der Pressekonferenz des Brechfestivals 2023 intervenieren will, hat keine Chance. Mit wenigen zielgerichteten Handgriffen wird er von einer jungen Frau, die deutlich kleiner und zierlicher ist als er, ausgeknockt und des Raums verwiesen. Keine Angst, auch bei dieser Pressekonferenz können Fragen gestellt werden und keiner, bohrt er auch noch so unbequem nach der fehlenden großen Brecht-Inszenierung des Staatstheaters im nächsten Jahr, muss um Leib oder gar Leben fürchten. Denn: Alles nur Show natürlich und gleichzeitig einprägsame Hinführung auf einen Programmpunkt des nächsten Brechtfestivals vom 10. bis 19. Februar, der politisches Theater ganz neu definieren will. 

    Brechtfestival 2023: Ein Wrestling-Spektakel als politisches Theater in der Nachfolge Brechts

    Die junge Frau im bauchfreien Top ist Selina Nowak, Bühnenbildnerin, Kulturmanagerin und Wrestlerin in einer Person, ist eine der Protagonistinnen im "Kampf um Augsburg". In einem inszenierten Wrestlingspektakel werden lokale Konflikte im Ring ausgefochten. Im Grenzbereich zwischen Sport, Zirkus und Theater sieht Nowak diese Art der Inszenierung, für Julian Warner ist es eine Art Blaupause für politisches Theater, das in der Nachfolge von Brecht steht.

    Denn Warner, Leiter des Brechtfestivals für die nächsten drei Ausgaben, will neue Akzente in der Beschäftigung mit dem Augsburger Dichter setzen. Standen bisher eher die Werke in ihren verschiedenen Gattungen und historischen Kontexten im Zentrum, soll es in seiner Ägide um die Frage nach der "Großen Methode Brecht" gehen. "Wie kann uns Brecht wieder nützlich sein in einer Zeit, in der wir uns angesichts des Krieges und der Klimakatastrophe ohnmächtig fühlen und die eigene Wirksamkeit nicht mehr wahrnehmen können?" stellte sich Warner als Ausgangsfrage. Zwar habe er dafür keine Lösungen in der Tasche, aber Ansätze dafür könnten sich in einer Neuentdeckung Brechts für die Stadt finden. Nicht mehr das Was, sondern das Wie sollten in den Blick genommen werden

    Die Festivalzentrale ist im Saalbau Krone in Lechhausen

    Deshalb setze sich das Brechtfestival in erster Linie mit der Stadt und ihren Menschen auseinander, wobei hier das besondere Augenmerk auf den Stadtteilen liegen soll – allerdings nicht in einer Art "Zwangsbeglückung", sondern in Kollaboration mit bereits vorhandener Kultur. Lechhausen, jener Stadtteil, zu dem auch Brecht eine große Nähe zeigte, wird im ersten Jahr das Zentrum der Suche nach dem neuen Brecht in Augsburg sein. Hier, im Saalbau Krone, wird sich die Festivalzentrale befinden. Neben etablierten Veranstaltungsstätten wie den Spielstätten des Staatstheaters, dem Brechthaus und dem Textilmuseum wird es dann auch neue und ungewöhnliche Orte zu entdecken geben: die Alevitische Gemeinde, die Saunawelt, die Stadtteilbücherei, eine Filiale der Stadtsparkasse. Thematisch steht das Brechtfestival dabei auf drei Säulen.

    Drei Säulen des Brechtfestivals

    Unter dem Stichwort "Brecht" werden Veranstaltungen mit Bezug zur Person Brecht und seinem Werk stattfinden. Etwa der Mensch-Maschine-Schreibprozess "Brechtmaschine" aus der Digitalsparte des Staatstheaters, der mittels Künstlicher Intelligenz Texte erstellen soll. Das Theater Bremen gastiert mit "Leer/Stand – Der Brotladen oder: Wem gehört der Stadtraum?". Regisseurin Antigone Akgün verbindet mit einem Textfragment Brechts aktuelle Fragen wie Wohnungsnot und soziale Kälte. "Sieben Rosen hat der Strauch" ist ein Programm überschrieben, in dem die Lyrik Brechts mit feministischer Note auf die Bühne gebracht wird und ein Wiedersehen gibt es mit Suse Wächter und ihren Puppen. "Augsburg" steht über jenen Programmpunkten, die sich aktiv mit der Stadtteilkultur auseinandersetzen und mit Brechts Methoden aus dem lokalen Kontext Neues erschaffen wollen. Dazu gehören die vergessenen Geschichten, die beim gemeinsamen Weben eines Teppichs ausgegraben werden sollen, ebenso wie jene eingangs erwähnte Wrestlingshow oder Dorothea Schröders Audiofeature "Der Geist der Taverne", die sich in Lechhausens Kneipenszene umgehört hat. Bleibt als dritte Säule die "Musik", die seit jeher fester Bestandteil des Brechtfestivals ist und von Girisha Fernando in Zusammenarbeit mit Markus Acher von der Band The Notwist kuratiert wird. "Impossible Music" ist die Brechtnacht überschrieben, die scheinbar unmögliche und überraschende Kooperationen zusammenbringen will. Etwa ein Xylofon-Ensemble aus Uganda mit The Notwist. Zwölf Musiker und Musikerinnen aus Augsburg und München werden außerdem für die nächsten drei Jahre eine Band gründen, die sich Impossible Orkestra nennt und unter der Leitung des bekannten britischen Saxofonisten Alabaster DePlume steht.

    Keine Inszenierung des Staatstheaters

    Bliebe noch die Frage zu klären, warum das Staatstheater, das Kooperationspartner des Brechtfestivals ist, im Jahr von Brechts 125. Geburtstag keine Inszenierung eines seiner Stücke beisteuert. Die soll laut Julian Warner in den Jahren 2024 und 2025 folgen, in diesem Jahr habe man mit der Fokussierung auf die Stadtteilarbeit einen neuen kulturpolitischen Akzent setzen wollen. André Bücker, Intendant des Staatstheaters, wollte dem nichts hinzufügen.

    Info: Programm und Karten unter www.brechtfestival.de

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