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Ausstellung: Als Urmel aus dem Eis kam: Die Ausstellung "75 Jahre Augsburger Puppenkiste"

Ausstellung

Als Urmel aus dem Eis kam: Die Ausstellung "75 Jahre Augsburger Puppenkiste"

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    Puppenspieler Hans Kautzmann zeigt den sogenannten Dachboden der Augsburger Puppenkiste. Eine Ausstellung zeigt die Schätze aus der Geschichte, die sonst hier im Verborgenen liegen.
    Puppenspieler Hans Kautzmann zeigt den sogenannten Dachboden der Augsburger Puppenkiste. Eine Ausstellung zeigt die Schätze aus der Geschichte, die sonst hier im Verborgenen liegen. Foto: Ulrich Wagner

    Ein runder Geburtstag ist ein Grund, zurückzuschauen. "Ein Hoch auf … 75 Jahre Augsburger Puppenkiste!" – unter diesem Motto steht die neue Sonderausstellung im Augsburger Puppentheatermuseum "Die Kiste". Hervorgeholt und liebevoll inszeniert wurden dafür die schönsten Erinnerungen an die vielen Theater-, Film- und Fernsehproduktionen, die die Puppenkiste seit ihren Anfängen im Jahr 1948 bis heute über die Augsburger Stadtgrenzen hinaus bekannt gemacht haben.

    Die Ausstellung zeigt geliebte Figuren der Augsburger Puppenkiste

    Es grüßt in einer ersten Vitrine die Figur des Zauberers aus dem ersten Stück "Der gestiefelte Kater" (1948). Der Zauberer ist die einzige Figur, die davon noch vollständig erhalten ist, vom Kater gibt’s nur noch den Kopf. Von der "Kraft des Willens und des Optimismus" sollte dieses Stück damals erzählen. Puppenkistengründer Walter Oehmichen findet sich mehrmals im Porträt gezeichnet, unter einem seine Aussage, dass, nachdem im Krieg "alles so kaputt und trostlos war", er sich gedacht habe, "die Leute brauchen doch was zum Träumen".

    Die Ausstellung zu "75 Jahre Augsburger Puppenkiste"
zeigt den Kopf des ersten "gestiefelten Katers" von 1948 – und den Zauberer aus dieser Geschichte.
    Die Ausstellung zu "75 Jahre Augsburger Puppenkiste" zeigt den Kopf des ersten "gestiefelten Katers" von 1948 – und den Zauberer aus dieser Geschichte. Foto: Ulrich Wagner

    In den Vitrinen der Ausstellung, als offene "Kisten" gestaltet, finden sich, nach Jahreszahlen geordnet, einzelne Szenen, Figuren und Bühnenbilder der Inszenierungen. Zu den früheren gehört auch das Stück "D. Joannis Fausti", das im September 1948 als erstes Stück für Erwachsene gezeigt wurde und später zweimal neu inszeniert wurde – zum Teil mit neuen Puppenköpfen. So begegnet einem in der Ausstellung der Gelehrte Dr.

    Auch Wagners "Ring" hat die Augsburger Puppenkiste inszeniert

    Ein Zeitsprung führt in eine Doppelvitrine, die unter den Oper-Adaptionen des Puppentheaters insbesondere auf die jüngste, den "Ring der Nibelungen" aufmerksam macht. Eine Meisterleistung der Puppenkiste war es, den kompletten Wagner'schen "Ring" von ursprünglich gut 16 Stunden auf zwei Stunden zu reduzieren und dabei das Gefühl zu vermitteln, dass diesem "Ring" gar nichts fehlt. Im Gegenteil.

    Reizvoll bei dieser Ausstellung sind so manche Hintergrund-Geschichten zur Entstehung der Stücke. Da ist eine Szene aus dem Stück "Pepino" (1958) – ein armer Waisenjunge mit Esel steht vor einem von zwei Schweizergarden bewachten Portal in Rom. Er hat eine Bitte, die nur der Papst erfüllen kann. Im Begleittext zu dieser Szene ist zu erfahren, dass Walter Oehmichen dieses "fromme Stück" nach der Novelle von Paul William Gallico im "zeitlichen Umfeld der Firmungstage" inszeniert habe. Seine Absicht sei es gewesen, die Augsburger Puppenkiste "zu einem Gruppenausflugsziel für die Kirchenvertreter und ihre Firmlinge zu machen". 

    Die Puppenkisten-Ausstellung zeigt die Figuren der "Opodeldoks"

    Ein paar Schritte weiter die Vitrine des Stücks "Die Opodeldoks". Sie wohnen mit ihren Hühnern im "Grasland", auf einer Wäscheleine aufgespannt sind riesige Spiegeleier. Zu erfahren ist, dass der Kinderbuchautor Paul Maar von Regisseur Josef Strubel gefragt worden sei, ob er nicht Lust hätte, einmal direkt für Marionetten zu schreiben. "Lass die Figuren bitte nicht allzu oft durch Türen gehen oder sich unter Bäumen aufhalten – wegen der Fäden", habe Strubel dem Autor mitgegeben.

    Die Schweizergarde spielte einst im Stück "Pepino" eine Rolle – ein Puppenspiel speziell rund um die Firmungstage.
    Die Schweizergarde spielte einst im Stück "Pepino" eine Rolle – ein Puppenspiel speziell rund um die Firmungstage. Foto: Ulrich Wagner

    Der sagte zu und siedelte die Opodeldoks im fadenfreundlichen Grasland an. Noch eine dritte so schöne Hintergrundgeschichte: Dem Autor von "Urmel aus dem Eis", Max Kruse, sei die Idee zu diesem Urzeit-Tier beim Gedanken an seine jüngst erworbene Gefriertruhe gekommen. Auf Schauwänden finden sich solche Geschichten, dazu auch Fotos von so vielen Menschen, die die Augsburger Puppenkiste geprägt haben und weiterhin prägen.

    Eine Reise in die Vergangenheit der Augsburger Puppenkiste

    Diese kleinen Welten lassen sich kaum zu Ende entdecken: Wie ein Wimmelbild erscheint die Dachboden-Szenerie, bevölkert mit Figuren aus den Kabaretts und Theaterproduktionen der vergangenen Jahrzehnte und Kulissen. Da ist ein Schlangenbeschwörer, ein Drachenbefreier, das Raumschiff Enterprise, der Rapunzelturm, eine Windmaschine …

    Und ganz im Zentrum der Ausstellung, nicht zu übersehen, ist der originale Reisekistendeckel der Augsburger Puppenkiste, der bis Ende der 60er-Jahre zum Inventar der Wanderbühne gehörte. 

    Info: Die Ausstellung ist geöffnet bis zum 5. November 2023. Dazu gibt es ein reiches Begleitprogramm. Alle Informationen gibt es unter www.diekiste.net

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