Die Zukunft der Augsburger Museen haben seit Dezember 2016 die beiden Museumsexperten Matthias Henkel und Jochen Ramming im Blick. Sie wurden von der Stadt Augsburg beauftragt, ein Konzept für die Entwicklung der Häuser zu erstellen. Ein gutes Jahr später präsentierten sie jetzt die Ergebnisse ihrer Untersuchung im Kulturausschuss. Sie haben dafür 2018 zuerst die Museen als anonyme Besucher betrachtet, haben dann mit den Mitarbeitern der Häuser, mit Kooperationspartnern der Museen und Besuchern offiziell gesprochen, sie haben eine Online-Umfrage gestartet, Video-Interviews geführt und einen dreiteiligen Bürgerbeteiligungsprozess organisiert. Alle Informationen flossen in die Ergebnisse, die sie am Montag Augsburger Stadträten in einer gut dreistündigen nicht öffentlichen Sitzung vorstellten. Folgende zehn Empfehlungen für die künftige Entwicklung der Kunstsammlungen gaben sie:
Römisches Museum Seit der Schließung des Römischen Museums in der Dominikanerkirche wegen Baufälligkeit vor gut sechs Jahren ist die Zukunft dieses Hauses ungewiss. Im Augenblick gibt es eine Übergangsausstellung in der Toskanischen Säulenhalle im Zeughaus. Henkel und Ramming empfehlen der Stadt Augsburg, das Römische Museum als ein „römisch-archäologisches Forum Augsburg“ am bisherigen Standort zu entwickeln. Nötig wäre dafür ein Neubau; die Dominikanerkirche soll als repräsentativer Eingangsbereich dienen. Im Neubau soll eine archäologische Ausstellung untergebracht werden, in der die Römerzeit und zusätzlich die gesamte Archäologie präsent sind. Dazu schlagen sie eine großzügige Sonderausstellungsfläche für alle Teile der Kunstsammlungen vor, für die allerdings nicht das Römische Museum, sondern ein unabhängiger Moderator zuständig sein soll.
Stadtgeschichte Einem neuen stadtgeschichtlichen Museum erteilen Henkel und Ramming eine Absage: Sie empfehlen der Stadt Augsburg stattdessen, eine Taskforce Stadtgeschichte zu schaffen, die alle Abteilungen der Kunstsammlungen verknüpft. Sie soll über Interventionen in Museen, Vortragsreihen, neue digitale Formate und Kooperationen der Augsburger Stadtgeschichte noch mehr Gewicht in der Museumsarbeit der Kunstsammlungen geben.
Zentrum für Audience Development Hinter dem modischen Anglizismus verbirgt sich der Vorschlag, eine ebenfalls die kompletten Kunstsammlungen umgreifende Einheit zu schaffen, in der alle Besucherbelange gebündelt werden. Aufgabe der Abteilung wäre es, die Besucherstruktur des Museums zu erforschen und neue Besuchergruppen zu erschließen. In der Planung von neuen Ausstellungen soll dieses Zentrum dann sein Wissen über die Besucher einbringen und gleichzeitig darauf achten, dass der Museumsbesuch noch allgemeiner und ganzheitlicher gefasst wird. Über digitale Angebote könne der Besucher sich zum Beispiel vorab schon im Wohnzimmer informieren.
Depot Bislang ist die Sammlung der Kunstsammlungen auf mehrere einzelne, zum Teil nur bedingt geeignete Depot-Räume verteilt, auch in angemieteten Räumen. Das Konzept sieht ein zentrales Depot vor, mit einem zentralen Management. Das würde auch vereinfachen, neue Sammlungsschwerpunkte aufzunehmen, für die bislang kein Haus der Kunstsammlungen verantwortlich ist.
Digitale Transformation Ein wichtiger Vorschlag von Henkel und Ramming, bei dem sie großes Potenzial sehen, ist die digitale Transformation der Kunstsammlungen. Um eine angemessene digitale Repräsentation zu schaffen und eine digitale Dependance, die von den Kunstsammlungen kuratiert wird, sollen alle digitalen Belange der Kunstsammlungen an einer Stelle gebündelt werden. Mit den auch dadurch gewonnenen Informationen sollen neue digitale Formate entwickelt werden. Gleichzeitig schwebt ihnen ein digitales Generalinventar vor.
Strategische Kommunikation Eng mit dem vorigen Punkt verwoben ist die Idee einer Stabsstelle für strategische Kommunikation. Wie in den vorigen Punkten soll auch diese Stelle umfassend für alle Museen der Kunstsammlungen tätig werden. Dort soll die Marke des Hauses weiterentwickelt werden, für Erkennbarkeit und Unverwechselbarkeit gesorgt werden. Ebenfalls dort soll auch die Social-Media-Kommunikation des Hauses gebündelt werden. Bislang obliegt das den einzelnen Museen der Augsburger Kunstsammlungen.
Zentrale Museumsdirektion Henkel und Ramming schlagen der Stadt weiter vor, nach dem Umzug des Leopold-Mozart-Zentrums von der Maximilianstraße an die ehemalige Post in der Grottenau in diesem Gebäude eine zentrale Museumsdirektion einzurichten. Bislang befinden sich die Büros der Museumsleiter in den jeweiligen Museen; sinnvoller sei laut Henkel und Ramming ein zentraler Ort. Dort könnte auch eine zentrale Bibliothek eingerichtet werden, in der alle Buchbestände der Kunstsammlungen zusammengefasst werden. Die durch den Umzug frei werdenden Räume, etwa im Schaezlerpalais, könnten dann zum Beispiel von der Museumsdidaktik genutzt werden.
Stadtarchäologie Schon seit längerem ist die Leitung des Römischen Museums und der Stadtarchäologie nicht besetzt. Seitdem führen Manfred Hahn (Römisches Museum) und Sebastian Gairhos (Stadtarchäologie) die Geschäfte der beiden Bereiche. Das Konzept sieht vor, diese Struktur so zu belassen und Stadtarchäologie und Römisches Museum auch künftig als getrennte Abteilungen weiterzuführen.
Naturmuseum Kurz auch streift das Konzept das Naturmuseum Augsburg, das früher einmal zu den Kunstsammlungen gehört hatte. Im Augenblick ist das Umweltreferat für das Naturmuseum zuständig. Henkel und Ramming schlagen vor, das Museum dem Kulturreferat anzugliedern, allerdings unabhängig von den Kunstsammlungen.
Welterbe-Besucherzentrum Ein wichtiger Punkt ist abschließend das Welterbe-Besucherzentrum. Henkel und Ramming raten der Stadt, dafür, sollte es zur Anerkennung als Weltkulturerbe kommen, eine Standortdebatte zu führen. In anderen Städten seien die Welterbe-Besucherzentren nämlich in direkte Konkurrenz zu den städtischen Museen getreten. Die Museen haben dort massiv unter der neuen Konkurrenz gelitten. Um das zu vermeiden, könne die Stadt auch über Lösungen nachdenken, ein solches Besucherzentrum an einem der Museen anzudocken.
Insgesamt sehen Henkel und Ramming, dass die Personaldecke der Kunstsammlungen dünn ist. Für eine Entwicklung der Kunstsammlungen unter den oben genannten Gesichtspunkten seien neue Stellen nötig. Gleichzeitig betonen sie, dass ihre Vorschläge nicht von heute auf morgen verwirklicht werden können, sondern nur in einem längerfristigen über mehrere Jahre angelegten Prozess.