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Augsburger Hommage an die blinde Starpianistin Maria Theresia Paradis.

Deutsche Mozart-Gesellschaft

Paradis - ein Fall für Ragna Schirmer

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    Ragna Schirmer am Hammerflügel, begleitet von der Hofkapelle München unter Rüdiger Lotter, bei der Konzert-Hommage an Maria Theresia Paradis.
    Ragna Schirmer am Hammerflügel, begleitet von der Hofkapelle München unter Rüdiger Lotter, bei der Konzert-Hommage an Maria Theresia Paradis. Foto: Michael Hochgemuth

    Zwar liegt in den Programmen der Reihe „Mozart! Mozart!“, die von der Deutschen Mozart Gesellschaft veranstaltet wird, der Schwerpunkt vor allem auf der Zeit des Rokoko. Doch erstaunlich ist umso mehr, welche Vielfalt an Themen und Personen dabei zum Klingen kommt. Da sorgte als Orchestra in Residence die Hofkapelle München unter Rüdiger Lotter durch die musikalische Qualität ihres historisch orientierten Spiels für aufregende Begegnungen und Kontraste. Rokoko, eine durchaus noch lebhafte Epoche, ihr Einmünden in die Romantik, hat der Geiger und Dirigent mit seinen musikalischen und wissenschaftlichen Mitstreitern in den Blick genommen. Der jüngste Abend im Kleinen Goldenen Saal ließ es erlebbar machen.

    Seine beiden Hauptthemen waren die Komponistin und Pianistin Maria Theresia Paradis (1759 - 1824) und das Hammerklavier in der Version, die Wolfgang Amadé bevorzugte und auf dem an diesem Abend gespielt wurde. Paradis, die Wiener Musikerin, war in mehrfacher Hinsicht ein Phänomen. Trotz ihrer Erblindung in frühester Kindheit ging sie einen in Europa Aufsehen erregenden Weg als Tastenvirtuosin, die nicht nur vor großem Publikum gefeiert wurde, sondern auch als Pädagogin begehrt war. Und es war keinesfalls der Sensationseffekt ihrer Leistungen als Blinde, der ihr zum Ruhm verhalft. Vielmehr erwies sich die Brillanz ihres Tastenspiels wie auch die Substanz ihrer eigenen Kompositionen als so beträchtlich und für sich sprechend, dass sich jede Relativierung verbat.

    „Der Schulkandidat“ heißt ein Singspiel von Maria Theresia Paradis

    Ihre das Konzert einleitende Ouvertüre zum (ansonsten verschollenen) Singspiel „Der Schulkandidat“ ließ sofort aufhorchen. Wie sie darin verspielte Verzierungen und Arabesken mit theatralischer Darstellungskraft zu verbinden versteht und quasi ein Szenarium aufbaut, lässt an eines ihrer Vorbilder, Joseph Haydn, denken. Die Hofkapelle München unter Rüdiger Lotter mit ihrem akzentreichen Spiel auf historischem Instrumentarium modellierte dies entsprechend farbstark.

    Haydn, der große Einflussnehmer - nicht nur - der Genies Mozart und Beethoven, schätzte Maria Theresia Paradis als Künstlerin. Sein Konzert G-Dur Hob 18/4, wohl für sie geschrieben und von ihr nachweislich gespielt, erklang im Kleinen Goldenen Saal nach der „Schulkandidat“-Ouvertüre. Damit war der Auftritt der Pianistin Ragna Schirmer eingeleitet, die voll allem auch mit dem historischen Hammerklavier internationales Renommee und zahlreiche Auszeichnungen (u.a. ECHO Klassik) erworben hat. Ihr Spiel zusammen mit der Hofkapelle führte eindrucksvoll das authentische Erlebnis einer damaligen „Konzertakademie“ vor. Haydns subtiles Geflecht zwischen einfacher linearer Klarheit und kompakter Themenverdichtung, der Dialog des Tasteninstruments mit dem großen Klangkörper, das ergab spannungsvolle harmonisch-motorische Momente. Wie sich der ganz eigene gestenreiche Klang des historischen Hammerflügels mit Lotters wuchtig-farbigem Ensemble-Sound verband, war genussvoll zu hören, vielleicht manchmal mit einer Spur zu viel Orchestermasse.

    Ein Hammerflügel ganz nach Mozarts Geschmack

    Nach der Pause waren dann, als Thema des Abends, die Protagonistinnen Maria Theresia Paradis und Ragna Schirmer allein im Fokus, und zwar mit Paradis‘ Fantasie G-Dur für Klavier solo. Das Hammerklavier des legendären Wiener Klavierbauers Anton Walter, dessen Exemplar sich W. A. Mozart 1780 erwarb und mit dem er bevorzugt konzertierte und „tourte“, der sogenannte „Mozart-Flügel“, wurde hier mit einem authentischem Nachbau vorgeführt. Der fünf Oktaven große „Spielraum“ lässt durch seine kurzen Anschlagwege der umspannten Hämmer auf die Saiten ein kraftvoll energisches Klangbild zu. Es können wie mit einem Pedal durch Kniehebel Dämpfungen aufgehoben und wieder einfügt werden, und wie beim Cembalo sind etwa durch Züge (Moderator-Zug) klangliche Manipulationen von visionär fahl bis glanzvoll silbern zu erzielen.

    Wie Ragna Schirmer in der wunderbar zwischen volksliedhafter Einfachheit und dramatischer Eskalation mäandernden Fantasie das Potenzial von Maria Theresia Paradis vorführte, wurde vom Publikum zu Recht bejubelt. Mozarts für Paradis geschriebenes Klavierkonzert B-Dur KV 456, eher selten zu hören, machte zuletzt durch die überragende Tastenkunst von Ragna Schirmer und die satte Klangsinnlichkeit von Rüdiger Lotters Hofkapelle den Porträtabend perfekt. Beifallsstürme.

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