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Augsburg: "Schwarze Menschen in der Kunst": eine Führung durch das Schaezlerpalais

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"Schwarze Menschen in der Kunst": eine Führung durch das Schaezlerpalais

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    Höhepunkt der Führung "Schwarze Menschen in der Kunst" ist das Fresko, das Gregorio Guglielmi 1767 an der Decke des Festsaals hinterließ.
    Höhepunkt der Führung "Schwarze Menschen in der Kunst" ist das Fresko, das Gregorio Guglielmi 1767 an der Decke des Festsaals hinterließ. Foto: Achim Bunz

    Manchmal sind es nur Schnipsel in den Gemälden. Doch Claas Henschel, Leiter des Projekts "Migration im Museum", schaut genau hin und zeigt, wie die Maler von Renaissance und Barock weiße Haut als universelles Schönheitsideal und Europas Blick auf vermeintlich "primitive" Völker reproduzierten. In einer Führung durch die langen Korridore des Schaezlerpalais mit ihren vielen Nischen und Räumen legt er kurze Stopps ein und weist in Bildern auf Details hin, die seine These stützen, dass sich in den Darstellungen von Menschen, die als nicht weiß wahrgenommen werden, der eurozentristische Blick jener Zeit spiegelt. Dass Maler des 18. Jahrhunderts afrikanische Gesellschaften trotz bereits verfügbarer differenzierterer Reiseberichte stark schematisch und stereotyp darstellten. "Die Künstler bezogen sich wider besseres Wissen auf Vorlagen aus dem frühen 16. Jahrhundert. Nicht-weiße Menschen werden als in der Rangfolge unterlegen, wenig bekleidet und primitiv festgehalten", erklärt der Historiker.

    Schwarze Menschen in der Kunst? Kleopatra wahr wohl nicht "nobel blass"

    Zum Beispiel die Kleopatra. Fasziniert hat sie die Männerwelt schon immer. Der Maler Anton Raphael Mengs erhielt 1759 einen Auftrag von einem englischen Bankier. Auf dem Bild "Augustus und Kleopatra" sitzt sie hingegossen auf einem orangen Sofa, weißes, weit ausgeschnittenes Kleid, eine Schulter nackt. Großzügig zeigt sie ihre alabasterfarbene Haut. "Niemand weiß, wie sie wirklich ausgesehen hat", erklärt Henschel. "Aber es ist unwahrscheinlich, dass sie so blond und nobel blass war."

    Dunkle Haut findet sich hingegen in "Junge Dame bei der Toilette" von Barthel Beham (um 1534). Ein junger Mensch steht hinter einer rotblond gelockten Schönheit und hält ihren Spiegel. Die Frau aristokratisch blass, die andere Person dunkelhäutig, ein Turban bedeckt die dunklen Haare. Liebevoll schaut sie oder er der Frau über die Schulter. Henschel vermutet, es könne ein so genannter "Hofmohr" sein. Also einer jener jungen Männer und Frauen, die in der Neuzeit als Sklaven an die Fürstenhöfe Europas verkauft, zur Arbeit eingesetzt sowie als exotische Accessoires und Beweis der Mondänität ihrer Besitzer vorgeführt wurden.

    Gregorio Guglielmis Deckenfresko im Schaezlerpalais ist der Höhepunkt

    Höhepunkt der Führung "Schwarze Menschen in der Kunst" ist das Fresko, das Gregorio Guglielmi 1767 an der Decke des Festsaals hinterließ. Dem Milieu des Bankers und Schaezlerpalais-Erbauers Benedikt Adam Liebert entsprechend konzentrierte sich der Maler auf die Göttin Europa als Königin, in Weiß und Gold gehüllt, den weltweiten Handel preisend. Um sie herum eine Geige, Musiknoten, eine Schreibfeder, militärische Utensilien. Den Herrscherinnen von Afrika, Amerika und Asien fehlt diese Zivilisation. Sie werden mit Waren, die Europa für Prunk und Protz ausbeutete, gezeigt: Exotische Tiere aus

    "Mich hat interessiert, ob Menschen in den Bildern hier auch positiv dargestellt werden", erklärt Mouren Heichele. Die 40-Jährige wurde in Nairobi geboren, kam mit zehn Jahren nach Augsburg und arbeitet bei der Regierung von Schwaben. Ehrenamtlich ist sie Vertreterin von Open Afro Aux und Vorstand des Zusammenschlusses

    Eine App zeigt, wie Schwarze in der Kunst dargestellt wurden

    Wie der Text der App erklärt, die als Begleitung zur Führung von der Seite der Kunstsammlungen heruntergeladen werden kann, ist der Mann hinter Jesus vermutlich Legionär aus dem ägyptischen Theben. Diese Legion wurde im dritten Jahrhundert rekrutiert und bestand aus Christen, die sich geweigert haben sollen, gegen Glaubensbrüder vorzugehen. Dafür sollen sie von den Römern inklusive ihres Anführers, des Heiligen Mauritius, hingerichtet worden sein. Ein Märtyrer also, genau der, der schließlich in vielen deutschen Apotheken, Straßen und Hotels als "Mohr" verewigt wurde.

    Die Führung bietet überraschende Einblicke in die lokale Rezeption der kolonialen Zeiten. Live wird sie zwar nur einmal wiederholt. In der App jedoch ist nicht nur sie zu sehen, sondern unter dem Titel "Migration im Museum" auch je eine durch Maximilianmuseum, H2 und Römerlager. Eine Englisch-Version ist integriert, Türkisch und Russisch in Arbeit, wie Museumspädagogin Manuela Wagner erläutert.

    Live-Führungen zu Migration im Museum: Schaezlerpalais, 8. November, "Europa und die Anderen – der frühneuzeitliche Blick auf die Welt in Hinterglasmalereien". Schaezlerpalais, 22. November, "Schwarze Menschen in der Kunst". Maximilianmuseum, 13. November, "Augsburg rund um die Welt".

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