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Weihnachtsmärchen: Aschenputtel mit Monster-Familie im Eukitea-Theater

Weihnachtsmärchen

Aschenputtel mit Monster-Familie im Eukitea-Theater

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    Kathrin Müller (Mitte) spielt im Eukitea-Theater in Diedorf das Aschenputtel still, zart und bezaubernd. Immer dann, wenn die Puppen zum Einsatz kommen, wird das Märchen ziemlich grell.
    Kathrin Müller (Mitte) spielt im Eukitea-Theater in Diedorf das Aschenputtel still, zart und bezaubernd. Immer dann, wenn die Puppen zum Einsatz kommen, wird das Märchen ziemlich grell. Foto: Marcus Merk

    „Aschenputtel“ als Theaterstück hat im Advent harte Konkurrenz: Der Film „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ verzaubert seit 1973 allweihnachtlich Familien vor dem Fernseher. Das schreckt das Eukitea-Theater natürlich nicht, schließlich hat auch das Eukitea-Wintermärchen schon eine eigene Tradition: Immerhin im zwölften Jahr lädt das Diedorfer Theaterhaus junge Zuschauer zum Staunen und Träumen rund um einen Märchen-Klassiker ein.

    Für „Aschenputtel“ greifen Giorgio Buraggi und Stephan Eckl auch auf so manch andere Eukitea-Tradition zurück: Wie schon für frühere Produktionen werden Schauspiel und Tanz, Erzählung und Musik, Puppen und fantasievolle Bühnenelemente gemischt. Dieses Cross-over-Konzept geht allerdings in diesem Jahr mit „Aschenputtel“ weniger gut auf als zum Beispiel beim letztjährigen „Froschkönig“, weil es einen Bruch zwischen der Poesie weiter Teile der Inszenierung und dem exaltierten Puppenspiel, mit dem Stiefmutter und -schwestern dargestellt werden, gibt.

    Familienbilder aus glücklichen Tagen

    Aber der Reihe nach. Die Zuschauer empfängt ein warmes Bühnenbild: Cristiana Vindice und Daniel Ruf haben in den oktogonalen Theaterraum einen großen runden Teppich mit Kreisen in verschiedenen Naturfarben gepackt, darauf eine Feuerstelle, eine Bank aus Weidengeflecht und das Grab von Aschenputtels Mutter. Wenn das Licht an- und mehrmals wieder ausgeht, sieht man ähnlich Fotografien eingefrorene lebendige Familienbilder aus glücklichen Tagen: Kathrin Müller als Tochter, Michael Gleich als reicher Kaufmann und Josephine Volk als bald dahinscheidende Mutter.

    Müller bleibt die komplette Inszenierung über ein bezauberndes, stilles, zartes Aschenputtel, das zu einer bezaubernden, stillen, strahlenden Prinzessin im Goldkleid wird. Volk und Gleich wechseln die Darstellungsformen und werden unter anderem zu Puppenspielern, wobei vor allem Volk grell überzeichnet: Permanent kreischend macht ihre aufmerksamkeitsheischende Performance mit den Stiefmutter- und Stiefschwestern-Puppen das Poetische der Inszenierung und die Aura von Müllers Aschenputtel stellenweise kaputt.

    Mit arg grobem Pinselstrich

    Umso mehr, da diese Figuren (Puppentheater Favola, gebaut von Michael Gleich und Daniel Ruf) gar an Puppen aus Monsterfilmen erinnern und einfach nicht in die Waldorf-Ästhetik und den Kosmos des Eukitea voll „warmer Gefühle“ und „neuerwachtem Blick für die Wunder des Lebens“, wie er im Programmheft beschrieben wird, passen. Natürlich darf es im Theater Brüche geben, aber das Eukitea hat oft genug bewiesen, dass es auch Antagonisten rau, aber stimmig innerhalb des Rahmens seines „liebevoll kindgerechten“ und „befreiend heiteren“ Markenkerns (Zitate Programmheft) gestalten und inszenieren kann. Beim „Aschenputtel“ kann alles Pastell der Puppenkostüme nicht übertünchen, dass hier mit arg grobem und fremd wirkendem Pinselstrich das Gut-Böse-Schema der Märchenwelt umgesetzt wird.

    Szene aus der "Aschenputtel"-Inszenierung im Eukitea in Diedorf.
    Szene aus der "Aschenputtel"-Inszenierung im Eukitea in Diedorf. Foto: Marcus Merk

    Zum Glück dürfen die bösen Stiefschwestern-Puppen sich zwar auf den Weg zu den Brautschau-Bällen des Prinzen machen, tauchen dort aber nie auf, weil das Geschehen im Schloss aus der Perspektive des Königssohns erzählt wird (genau wie er sieht auch das Publikum niemand anderen als das strahlende Aschenputtel in seinem goldenen Kleid) und weil Volk in die Rolle des Prinzen wechselt und Gleich eine wunderschön beleuchtete Spieluhr präsentiert, auf der weitere Teilnehmer des Balls als hölzerne Figürchen tanzen.

    Da ist das Eukitea auf der Höhe seiner Kunst und das bleibt den zweiten Teil über meist so: Zum Beispiel wenn Gleich in einer Art Bauchladen-Theater die Szenen mit dem aus dem Schloss flüchtenden Aschenputtel und dem folgenden Prinzen spielt oder mit Tauben auf dem Kopf und an den Händen die Helfer des Mädchens präsentiert.

    Ein Ein-Mann-Orchester

    Für all das lohnt es sich, die schrille Stiefsippschaft geduldig zu ertragen. Und natürlich für die Musik und Geräuschkulissen von Fred Brunner, der das Märchen wie gewohnt kongenial miterzählt: von einfachen analogen Geräuschen wie in eine Schüssel prasselnden Linsen bis zum Hightech-Sound seiner „Workstations“. Wie immer muss man mehrmals während der Aufführung hinschauen und sucht die anderen Musiker – um festzustellen, dass es doch Brunner alleine ist, der akustisch die meteorologisch und sozial klirrende Kälte eines Wintertages oder die orchestrale Opulenz eines majestätischen Ballsaales herbeizaubert.

    Solch einen Fred Brunner (und manches andere, was Theater im Allgemeinen und das Eukitea im Speziellen ausmacht) hat der Film „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ nicht zu bieten, weshalb sich der winterliche Familien-Theaterbesuch im Eukitea am Ende doch lohnt. Versüßt wird er außerdem mit der Ausstellung „Von betörenden Nixen, mutigen Königstöchtern und weisen Frauen“ im Foyer.

    Weitere Termine am 9., 16., 23., 29. und 30. Dezember und am 5., 6., 12., 13. und 20. Januar jeweils um 16 Uhr im Eukitea-Theaterhaus in Diedorf. Karten bei Café Pustet in Augsburg, Buschecke in

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