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Theater: Wenn zwei Paare sich an einem Sommerabend streiten...

Theater

Wenn zwei Paare sich an einem Sommerabend streiten...

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    Jutta Speidel in Gabriel Baryllis „Sommerabend“.
    Jutta Speidel in Gabriel Baryllis „Sommerabend“. Foto: Fred Schöllhorn

    Mit seinem „Paartherapie“- und Konversationsstück „Sommerabend“ tritt der Wiener Theatermann Gabriel Barylli den Beweis an, dass sich lehrreich-amüsante Unterhaltung und Boulevard nicht unbedingt ausschließen. Muss man beim ersten Kennenlernen gleich alles kennen lernen? Wie schnell und warum verlassen die beiden höchst kultivierten Upperclass-Ehepaare – Anna und Wilhelm, Madeleine und Richard – die sich angesichts der bevorstehenden Verbindung ihrer Sprösslinge Maria (Sarah Timpe) und Martin (David Paryla) endlich erstmals begegnen, gewohnte Smalltalk- und Tabuzonen? Fernes Donnergrollen kündete bereits früh das Konflikt-und Gefahrenpotential an, das in diesem von reichlich Champagnerkonsum angeheizten „Sommerabend“ liegt.

    Im emotionalen Chaos fallen die Masken

    Zunächst subtil, dann immer erbarmungsloser schlagen die verbalen Blitze ins heiter-höfliche Partygeplänkel ein, bis im „Jeder gegen Jeden“-Spiel sämtliche Schwächen der jeweiligen Partner bloßgestellt werden. In diesem emotionalen Chaos fallen damit noch vor der Pause sämtliche Masken, wird die Heile-Welt-Fassade mit langjährig ritualisierten Arrangements in Schutt und Asche gelegt.

    Der Zynismus und die Blasiertheit des attraktiven Chirurgen Wilhelm, der unentwegt seine Rolle als „verlässlicher Geldautomat“ betont, kollidieren aufs Schönste mit Richards achtsam-spiritueller Weltverbesserungs-Naivität, die von dessen selbstverliebt, koketter Karriere-Gattin Madeleine wenig wertgeschätzt wird. Während sie von ihren künstlichen Kurven nach den Schönheits-OPs ebenso wie von ihrer Klugheit profitiert, kämpft Anna, einst selbst Ärztin, seit Jahren gegen das Image als Nur-Hausfrau, niederen Selbstwert, sexuelle Defizite und den Seitensprung des Gatten. Am Ende heilen und befrieden die „Jungen“ die gebrochenen Herzen der „Alten“ – inspirieren sie zu einem Neuanfang und zur Rückbesinnung auf die verlorene Zuneigung. Kinder danken den Eltern für das schlechte Vorbild, das sie lehrte, ganz andere Wege zu einer aufrichtigen Liebesbeziehung zu gehen – auch eine Lösung!

    Der in Wien geborene Autor und Schauspieler legt großen Wert darauf, seine Stücke selbst zu inszenieren. Dies ist sicher kein Nachteil, zumal wenn ihm – wie in der in Neusäß als Gastspiel gezeigten Produktion der Münchner „Komödie im Bayerischen Hof“ – mit Jutta Speidel, Carin C. Tietze, Daniel Friedrich und Ralf Komorr ein brillantes Darsteller-Quartett zur Verfügung steht, das sichtbar Freude an der Feinzeichnung der Figuren und der hohen Qualität der Dialoge hat und mit anhaltendem Beifall für einen so temperamentvollen Theaterabend gefeiert wird.

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