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Textilmuseum: Alles hängt mit allem zusammen

Textilmuseum

Alles hängt mit allem zusammen

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    Fragil und doch stabil ist die Installation für das Friedensfest, an der der slowenische Künstler Miha Strukelj derzeit im Textilmuseum arbeitet.
    Fragil und doch stabil ist die Installation für das Friedensfest, an der der slowenische Künstler Miha Strukelj derzeit im Textilmuseum arbeitet. Foto: Michael Hochgemuth

    In der Eingangshalle des Textilmuseums (tim) steht Miha Strukelj inmitten eines fragilen Gebildes und bringt Klebestreifen an. Ein feines Holzgestänge, stabilisiert durch weiße Kugeln. Das Klebeband soll die Stäbe schützen, wenn er die Kugeln mit schwarzer Farbe ansprüht. Danach will er es wieder entfernen – oder doch nicht? „Vielleicht ersetze ich sie auch durch Alustreifen“, überlegt er. Ein Kunstwerk, das ist für

    Der Slowene ist in diesem Sommer auf Einladung der Initiative „Hoher Weg“ Artist in Residence beim Friedensfest. Seit 2015 lädt sie Künstlerinnen und Künstler verschiedener Sparten aus osteuropäischen Staaten ein, ein Kunstwerk zum Thema „Utopie des Friedens“ zu schaffen. Ein Kulturschaffender aus Augsburg übernimmt dabei das Kuratorium – in diesem Jahr ist es Karl B. Murr, der Direktor des Staatlichen Textil- und Industriemuseum. Museumsleute in Ljubljana machten ihn auf Miha Strukelj, der 2009 den slowenischen Pavillon für die Biennale in Venedig gestaltet hatte, aufmerksam. Strukelj passe gut ins tim, stellte Murr schnell fest. Denn das Museum begreife sich ja nicht als reine Ausstellungsfläche für textile Geschichte und Kunst, sondern auch als Laboratorium der Moderne. „Miha Strukelj ist ein Künstler, der sich an der Moderne, an ihren Gründen und Abgründen, abarbeitet“, charakterisiert Murr den Slowenen. Dabei beschäftige er sich mit entscheidenden Fragen: „In welcher Wirklichkeit wollen wir leben? Wie nehmen wir die Wirklichkeit überhaupt wahr? Wie äußert sich das im künstlerischen Prozess?“ Und damit sei man schnell beim diesjährigen Thema des Friedensfestes: Utopie.

    Eine seltsame Faszination

    Wobei Miha Strukeljs Arbeiten auch einen dystopischen Grundton enthalten, beschäftigt er sich thematisch doch mit den Bedingungen urbaner Existenz. Allerdings ist es nicht die funkelnde pulsierende Reklamewelt, sondern die Großstadtöde mit in den Himmel ragenden Betonwänden und verlassenen Vierteln, gezeichnet durch Umweltverschmutzung und Zerstörung, in die sich selten ein Mensch verliert. Sie üben eine seltsame Faszination auf den Künstler aus, der in einem ganz anderen Umfeld groß geworden ist. „Ljubljana ist wie Augsburg, es ist familiär, man trifft immer wieder die gleichen Leute“, erzählt er.

    Auffälligste Grundkomponente in Miha Strukeljs Werk sind Gitterstrukturen, in der Malerei seit Jahrhunderten ein Mittel, Bilder zu übertragen und zu kopieren. Auch der 44-Jährige arbeitet mit diesem Verfahren. Ausgangspunkt seiner Bilder und Zeichnungen sind Fotografien, Aufnahmen aus Filmen, auch Röntgenbilder und Ultraschallaufnahmen, die er weiterführt. Linien, die sich zu Gittern verdichten, sind bei Strukelj jedoch nicht Hilfsmittel, sondern gestaltendes Prinzip. „Sie geben meinem Blick auf die Wirklichkeit Struktur.“

    Für seine Arbeit in Augsburg kreiert Miha Strukelj nun als Hauptwerk – neben einigen Bildern und Zeichnungen – jene Installation, die nach Fertigstellung unter der Decke der Eingangshalle im tim schweben wird. Inspiriert wurde er dazu von den Richard Buckminster Fullers Domes – aus gleichseitigen Dreiecken zusammengesetzte Körper, die bei aller Leichtigkeit extrem stabil sind. Der amerikanische Architekt und Philosoph prägte den Begriff der Nachhaltigkeit und entwickelte eine Vision vom „Raumschiff Erde“, in dem alles mit allem zusammenhängt. Eine Idee, der auch Miha Strukelj einiges abgewinnen kann.

    Vernissage im tim ist am Dienstag, 24. Juli, um 19 Uhr. Laufzeit der Ausstellung bis 11. September

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