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Staatstheater: Schauspiel-Premiere: Im Martinipark trifft Einstein auf Newton

Staatstheater

Schauspiel-Premiere: Im Martinipark trifft Einstein auf Newton

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    Albert Einstein (Klaus Müller) im Sanatorium Park Martini.
    Albert Einstein (Klaus Müller) im Sanatorium Park Martini. Foto: Jan-Pieter Fuhr

    „Willkommen im Park Martini“, französisch klingend mit Betonung auf der letzten Silbe. Die Ausweichspielstätte des Staatstheaters Augsburg wird zum psychiatrischen Sanatorium – mit Masken, Schutzschilden, Desinfektionsmittelspendern und Einbahnstraßenregelung. Mit maximal 132 Besuchern, von denen einige zu Beginn sogar eine exklusive Führung durch die Räumlichkeiten erhalten werden, und drei Insassen, die sich reichlich sonderbar verhalten: Johann Wilhelm Möbius, Albert Einstein und Isaac Newton. Wobei letztere beiden in Wahrheit eigentlich Herbert Georg Beutler und Ernst Heinrich Ernesti heißen und nicht das sind, was sie vorgeben. Doch was ist schon normal, was verrückt, gerade in solch einer Umgebung? Da darf man sich im Übrigen auch bei der Sanatoriumsleiterin Dr. Mathilde von Zahnd und ihren Mitarbeiterinnen nicht ganz sicher sein.

    Dar das Machbare auch immer umgesetzt werden?

    Nicht nur Literatur- und Theaterkennern klingelt es bei diesen Namen im Ohr. Schließlich ist Friedrich Dürrenmatts Schauspiel „Die Physiker“, das im Martinipark an diesem Samstag Premiere hat, auch knapp 70 Jahre nach seiner Entstehung Schullektüre und darüber hinaus eines der meistgespielten Stücke auf deutschsprachigen Bühnen. Es geht darin, um die zeitlos gültige Frage nach der Ethik von Wissenschaft und Forschung. Darf alles technisch Machbare tatsächlich auch umgesetzt werden?

    Die drei Physiker im Sanatorium vertreten dabei drei unterschiedliche Positionen: Die Freiheit der Wissenschaft ist für Beutler/Newton oberstes Gebot. Dass Forschung einer politischen Richtlinie folgen muss, sagt dagegen Ernesti/Einstein. Möbius schließlich ist bereit, sich als Wissenschaftler zurück zu ziehen und damit seine Existenz zu opfern, um mit seiner Entdeckung der Weltformel den Bestand der Menschheit nicht zu gefährden.

    Regisseurin Antje Thoms inszeniert "Die Physiker" von Friedrich Dürrenmatt am Staatstheater Augsburg
Bild: Ulrich Wagner
in dieser Halle können 140 Zuschauer das Stück verfolgen
    Regisseurin Antje Thoms inszeniert "Die Physiker" von Friedrich Dürrenmatt am Staatstheater Augsburg Bild: Ulrich Wagner in dieser Halle können 140 Zuschauer das Stück verfolgen

    Antje Thoms, der Regisseurin dieser „Physiker“-Inszenierung für das Staatstheater, ist letztere Haltung am nächsten. „Möbius ist der einzige, der sich nicht verstellt, der die Verantwortung für sein Forschen übernimmt“, führt sie aus. Natürlich sei es mittlerweile naiv zu glauben, mit einem Rückzug aus der Wissenschaft die Welt zu retten. „Heutzutage ist es ja nicht mehr dieses eine Genie, sondern es gibt Teams in aller Welt, die sich einen Wettkampf liefern.“ Aber die Folgen von Wissenschaft und Forschung mit zu bedenken, sei doch geboten, meint Thoms. Ob es nun die Auswirkungen der atomaren Spaltung sind, die in der Zeit des Kalten Kriegs in den 1960er Jahren den thematischen Hintergrund zu Dürrenmatts Stück lieferten, oder Künstlicher Intelligenz und Genmanipulation, wie sie heute diskutiert werden. Wie Friedrich Dürrenmatt diesen Themenkomplex um Verantwortung, Gerechtigkeit und Macht in seinen Theaterstücken und Romanen verhandle, liege ihr sehr, erzählt

    Die Sanatoriumsleiterin übernimmt am Schluss die Macht

    Einen neuen Blick wirft die Regisseurin, die in Augsburg schon „Das Kind träumt“ und die Trilogie „Gas“ in Szene gesetzt hat, jedoch auf die Figur der Mathilde von Zahnd. „Für mich ist sie nicht verrückt, sondern besonders schlau und perfide“, sagt Thoms. Der Originaltext gebe auch diese Variante her, hat sie festgestellt. „Man versteht, dass Frauen, die jahrhundertelang als Pflegepersonal herumgeschoben wurden, nun das Gefühl haben, endlich auch einmal dran zu sein“, sagt Thoms und macht deutlich: „Es gibt durchaus auch andere Gründe, die Macht zu übernehmen, als den, einfach nur durchgeknallt zu sein“.

    Premiere „Die Physiker“ von Friedrich Dürrenmatt am Samstag, 26. September, um 19.30 Uhr im Martinipark

    Dauer 2 Stunden 20 Minuten inkl. einer Pause

    Inszenierung Antje Thoms

    Bühne/Kostüme Florian Barth

    Musik Stefan Leibold

    Dramaturgie Lutz Keßler

    Darsteller Elif Esmen (Oberschwester Martha Boll), Gerald Fiedler (Herbert Georg Beutler, genannt Newton), Ute Fiedler ( Mathilde von Zahnd), Andrej Kaminsky (Richard Voß, Kriminalinspektor), Jenny Langner (Frau Missionar Lina Rose / Monika Stettler), Klaus Müller (Ernst Heinrich Ernesti, genannt Einstein), Sebastian Müller-Stahl (Johann Wilhelm Möbius), Patrick Rupar (Missionar Oskar Rose / Oberpfleger / Polizist)

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