„Orchester braucht Orgel“ – auf die kurze Formel brachte es die Philharmonische Gesellschaft Augsburg, als sie 2012 ihre Benefizaktion begann. Die 1972 erbaute Steinmeyer-Orgel im Kongress am Park sollte wieder aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen und die dringend nötige Sanierung erhalten. Jetzt, 45 Benefizkonzerte später, geht es mit der Arbeit endlich los.
Den Auftrag dazu erhielt Orgelbaumeister Siegfried Schmid aus Immenstadt im Allgäu. In Augsburg hat er sich u. a. mit der neuen Kirchenorgel in St. Elisabeth empfohlen. Der Stadtrat hatte schon im vergangenen Herbst beschlossen, das Großinstrument als eine der wenigen Konzertsaalorgeln im süddeutschen Raum wieder bespielbar zu machen. „Es ist sehr erfreulich, dass das Leben trotz Corona nicht gänzlich stillsteht. Immerhin kann das Handwerk in einigen Gewerken weiterarbeiten – so auch das Orgelbauhandwerk. Dem beauftragten Orgelbaumeister im Kongress am Park wünsche ich für seine Aufgabe eine gute Hand und gutes Gelingen“, so Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle.
Es wird Monate dauern, die Orgel auseinander zu bauen
Wie Orgelbaumeister Siegfried Schmid erläutert, wurden in einem ersten Schritt bereits die Blasebälge ausgebaut und in seiner Werkstatt – wo nötig erneuert. „Für mich ist es eine ganz besondere Aufgabe, dieses Großmusikinstrument wieder zum Klingen zu bringen. Es wird allerdings noch Monate dauern, bis die zehn Tonnen schwere Orgel auseinandergebaut und wieder zusammengesetzt ist“, so Schmid.
In der Steinmeyer-Orgel befinden sich insgesamt 4485 Pfeifen. Sie hat 65 Register auf vier Manualen und Pedal. Wegen ihrer rein mechanischen Traktur galt sie bei ihrer Fertigstellung 1972 als Sensation, nachdem alle bisherigen Konzertorgeln pneumatisch oder elektrisch funktionierten. Doch die Königin der Instrumente litt mehr und mehr an Erstickung durch Ablagerungen in den Ventilen, Pfeifen, Windladen. Die Schäden rühren vom Granulat bröselnder Dichtungen her, was der Kunststoffgläubigkeit in den Siebzigern geschuldet sei, wie der Orgelprofessor Karl Maureen erklärte. Die Steinmeyer-Orgel ist integraler Bestandteil des unter Denkmalschutz stehenden Kongresszentrums. Bei der Generalsanierung der Halle von 2010 bis 2012 wurde das Großinstrument aus Kostengründen ausgespart.
Benefizkonzerte und Patenschaften helfen bei der Finanzierung
Diese missliche Lage rief das Engagement der Philharmonischen Gesellschaft mit dem Cellisten Jakob Janeschitz-Kriegl an ihrer Spitze auf den Plan. Zu den Konzerterlösen trat die pfiffige Idee, Patenschaften für die Orgelpfeifen zu verkaufen. Die Kleinsten waren für 33 Euro zu haben dann aufwärts zu den ganz Großen, die 1000 Euro kosteten (die mächtige „Bombarde“). Schritt für Schritt konnte Janeschitz-Kriegl hunderte Patenschaften für Orgelpfeifen vermitteln. Zusammen mit den Spenden aus den Benefizkonzerten wurden schlussendlich 50 Prozent der Gesamtkosten in Höhe von etwa 330000 Euro für die Orgelsanierung samt neuem Spieltisch eingesammelt. „Ich bin schon sehr gespannt, wie die Orgel in der ausgezeichneten Konzertsaal-Akustik von Kongress am Park klingen wird“, sagt Jakob Janeschitz-Kriegl, Vorsitzender der Philharmonischen Gesellschaft.
Domorganistin Claudia Waßner, die als Kustodin die Steinmeyer-Orgel in Kongress am Park betreut, betont: „Es ist für mich eine überaus ehrenvolle Aufgabe, mich um diese Orgel zu kümmern und dieses wunderbare Instrument dann auch bespielen zu dürfen.“ Als die Steinmeyer-Orgel beim Symphoniekonzert im Januar 2006 noch bespielt wurde, äußerte sich unser Kritiker hingerissen von der „französischen Note“: Poulenc steckte voll bunter Überraschungen und in Saint-Saëns’ Orgelsymphonie habe die C-Dur-Strahlkraft der Orgel geblendet.