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Mozart-Oper: "Die Gärtnerin aus Liebe": So jung und schon so gefühlsklug

Mozart-Oper

"Die Gärtnerin aus Liebe": So jung und schon so gefühlsklug

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    "Die Gärtnerin aus Liebe", eine Oper von Mozart Wolfgang Amadeus, wird im Großen Haus aufgeführt.
    "Die Gärtnerin aus Liebe", eine Oper von Mozart Wolfgang Amadeus, wird im Großen Haus aufgeführt. Foto: A.T. Schaefer

    Es irrt, wer meint, lediglich die sieben letzten Opern Mozarts seien der Begegnung wert, jene aber, die davor entstanden, nicht weiter von Belang. Das wäre Frevel, verschmähte man doch all den Reichtum, den Mozart schon als jugendlicher Opernkomponist zu geben imstande war, wie etwa „La finta giardiniera“ zeigt, die er im Alter von 18 Jahren schrieb: Hinreißend, wie er bereits hier Gefühlswelten in Musik zu setzen vermochte, insbesondere die komplizierten, oft tragischen, oft komischen Verhältnisse zwischen Männern und Frauen. Schon der Dichter und Musiker Christian Friedrich Daniel Schubart war entzückt von dem Werk, als es 1775 auf dem Plan erschien, und tat dies auch hymnisch in der Teutschen Chronik kund, die übrigens in Augsburg erschien – noch ein Grund, weshalb das Theater Augsburg gut daran tat, die „finta giardiniera“, die „vorgebliche Gärtnerin“, ins Große Haus zu bringen.

    Gewiss, der Plot dieser Buffa mit Seria-Einsprengseln ist eine Herausforderung: sieben Personen vergucken sich kreuz und quer ineinander, bevor drei Paare schlussendlich zueinanderfinden. Insofern ist die Verlegung des Geschehens in die Hügel oberhalb von Los Angeles durchaus stimmig. Die gefühlsverwirrt-durchgeknallten Leute, die der Regisseur Roland Schwab in einer Villa mit Blick auf die lichterglimmende Stadt zusammenführt, könnten durchaus der exaltierten Hollywood-Welt entstammen (Bühne, Kostüm: David Hohmann, Renée Listerdal). Der Podestà ist hier irgendein Boss, und Sandrina kümmert sich nicht um seinen Garten, sondern um den Pool. In einem kleinen Film, der zur Ouvertüre läuft, hat man gesehen, weshalb sie hier gelandet ist. Im Cabrio kam es zum Streit mit Belfiore, der heißblütige Lover stieß sie auf die Straße und brauste davon. Jetzt trifft sie den Johnny-Depp-Verschnitt wieder, er soll die Nichte des Podestà heiraten, eine eingebildete Filmdiva – die Irrungen nehmen ihren Lauf.

    Aufgekratzte Handlung mit gebotenem Tempo

    Roland Schwab setzt die aufgekratzte Handlung mit gebotenem Tempo auf einer Rundbühne in Szene und versieht die situative Komik immer auch mit genügend mildem Ernst, um das ganze nicht zur Klamotte werden zu lassen. Es gelingt der Inszenierung zwar nicht, sämtliche Haarsträubereien des Librettos in logische Abläufe zu überführen. Dafür ist der Blick auf die Verrenkungen, die das eine wie das andere Geschlecht unternimmt, um dem jeweils anderen zu gefallen, durchaus entlarvend, wobei die Männer die größeren Strampelaffen sind. Der Komplettverwirrung aller Beteiligten am Ende des zweiten Akts belässt Schwab in seiner Inszenierung die skurrile Surrealität.

    Dass Mozart für die Münchner Uraufführung seine Musik in eher karger Instrumentierung in Partitur setzte, nimmt man im Dirigat von Carolin Nordmeyer nicht als ein Manko wahr. Augsburgs 2. Kapellmeisterin verleiht dem klingenden Geschehen Spannkraft und lebendigen Puls, zudem besitzt sie ein untrügliches Gespür für Mozarts Fähigkeit zur Charakterisierung menschlicher Seelen. Wo Nordmeyer eher verhaltenes Tempo anschlägt, kompensiert sie dies durch straffe Artikulation – klanglich unterstützt durch die bei den Augsburger Philharmonikern im Falle Mozarts schon zur Gewohnheit gewordenen Naturhörner. Etwas mehr Mut, die Pfade notierter Liege-Akkorde hie und da zu verlassen, hätte man sich bei der Begleitung der Secco-Rezitative gewünscht.

    Wie es sich für eine Oper dieses Namens gehört, setzt sängerisch vor allem Cathrin Lange als „Gärtnerin“ Sandrina die Glanzpunkte. Mit homogener, zunehmend an Wärme gewinnender Stimme gelingen ihr Porträts eines leidenden Herzens („Geme la tortorella“) ebenso wie emotionale Achterbahnfahrten (Szene vor dem zweiten Finale). Daneben fällt keiner aus dem übrigen Ensemble ab, auch wenn Martin Schulz (Podestà) bei Mozart nicht ganz die sängerische Prägnanz entfalten kann, die ihm bei jüngerem Repertoire gelingt. Quirlig das Buffo-Geplapper von Samantha Gaul und Giulio Alvise Caselli (Serpetta/Nardo), mit gebotenem Furor Adréana Kraschewski als Arminda, insbesondere lyrisch punktend Christopher Busietta (Belfiore) und Stephanie Hampl (Ramiro).

    „Nach einer jeden Aria war alzeit ein erschröckliches getös mit glatschen“, schrieb Mozart seiner Mutter nach der Uraufführung. Auch bei der jetzigen Augsburger Neuinszenierung wurde viel zwischen den Szenen geklatscht. Doch auch im Ganzen gilt: ein schönes Plädoyer für den jungen Mozart.

    Nächste Termine:  23. und 26. April

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