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Lockdown-Folgen: Das Staatstheater Augsburg muss viele Premieren verschieben

Lockdown-Folgen

Das Staatstheater Augsburg muss viele Premieren verschieben

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    Die Inszenierung "Oleanna - ein Machtspiel" hat das Staatstheater Augsburg jetzt auch als Produktion für die VR-Brille herausgebracht.
    Die Inszenierung "Oleanna - ein Machtspiel" hat das Staatstheater Augsburg jetzt auch als Produktion für die VR-Brille herausgebracht. Foto: Staatstheater Augsburg

    Es ist so still wie sonst nicht einmal in den Theaterferien. Dort, wo sonst fast 400 Mitarbeiter tätig sind, findet sich nur eine Rumpfmannschaft ein. André Bücker, Intendant des Staatstheaters, arbeitet seit Wochen in einer gespenstischen Atmosphäre. Viele seiner Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, die künstlerische Arbeit ruht, zu tun hat er trotzdem jede Menge. „Wir planen, planen und planen noch einmal.“ Anfang November musste das Staatstheater seinen Spielbetrieb komplett einstellen. Wann das Haus wieder öffnen kann, kann Bücker nicht sagen. „Ich traue mir da gar keine Prognose zu.“

    Wer dachte, dass es nach der vergangenen Spielzeit nicht schlimmer kommen könne, hat sich geirrt. Der zweite Lockdown dauert für das Staatstheater schon fast drei Monate. Die Herbst- und Wintermonate, die besucherstarke Zeit im Jahr mit einer dichten Staffelung an Premieren, fiel fast ganz aus. Stattdessen gab es Online-Premieren.

    Das Staatstheater Augsburg muss Operninszenierungen verschieben

    Staatsintendant André Bücker kann noch nicht sagen, wann der Vorstellungsbetrieb wieder aufgenommen werden kann.
    Staatsintendant André Bücker kann noch nicht sagen, wann der Vorstellungsbetrieb wieder aufgenommen werden kann. Foto: Jan-Pieter Fuhr

    Vieles von dem, was ursprünglich für diese Saison vorgesehen war, muss nun abgesagt und verschoben werden. Die Opern „Il Viaggio a Reims“, „Moskau, Tscherjomuschki“ und „Das Ende der Schöpfung“, das Schauspiel „Der Zauberberg“, die Thomas-Mann-Roman-Adaption des Intendanten, können in dieser Saison nicht mehr inszeniert und gezeigt werden. Aus Zeitproblemen, aber auch, weil im Frühjahr mit größerer Besetzung noch nicht gearbeitet werden kann.

    Dabei hat das Augsburger Staatstheater noch darauf geachtet, einen ausgedünnten Spielplan zu entwerfen, um einzelne Produktionen möglichst oft zeigen zu können. Denn: Durch die Abstandsregeln waren die Sitzplatz-Kapazitäten beschränkt und Theaterkarten ein äußerst gefragtes Gut. Die Nicht-Abonnenten hatten es schwer, Ende September und im Oktober überhaupt Plätze für Vorstellungen zu bekommen.

    Für das Brechtfestival entsteht ein rein digitales Stück

    Seit November kann das Staatstheater nur noch sein Digitalprogramm anbieten. Produktionen auf VR-Brille und Streaming-Angebote auf der Plattform twitch.tv. Mit beidem gehört die Augsburger Bühne zu deutschlandweiten Vorreitern. Jüngst zeigte das Staatstheater mit der Adaption der Oleanna-Inszenierung für die Virtual-Reality-Brille, dass diese Fassung für das digitale Angebot sich weiter von der ursprünglichen Bühnenfassung entfernt hat als in anderen Fällen.

    Mit der großen Premiere für das Brechtfestival geht das Staatstheater stärker in diese Richtung. Die Festivalleiter Tom Kühnel und Jürgen Kuttner sollten ursprünglich Heiner Müllers „Medeamaterial“ für die Bühne inszenieren. Nun wird daraus eine rein digitale Produktion, wie André Bücker verrät. „Das Stück wird mit einem Brechtfestival-Pass am Premierenabend zu sehen sein, anschließend werden wir es in unserer Digitalsparte anbieten.“ Auf die Bühne wird diese Produktion nie kommen. Stattdessen arbeiten Kühnel und Kuttner nun im Grund mit den Schauspielern an einem Film. Diese Arbeit wird nicht für die VR-Brillen, sondern für normale Abspielgeräte wie Monitor, Fernseher oder Tablets aufgenommen.

    Im Staatstheater Augsburg achtet man stark auf die Kontaktbeschränkungen

    Von anderen größeren Theaterhäusern in Deutschland hört man, dass dort während des Lockdowns der Probenbetrieb unverändert weiterlief und Produktionen dort Hauspremieren nur vor Mitarbeitern des Theaters gefeiert haben. Auch Bücker ist das zu Ohren gekommen. „Ich finde das nicht sinnvoll, Stücke auf Halde zu produzieren“, sagt er. Denn wann sollen diese Produktionen je dem Publikum gezeigt werden, wenn nach dem Lockdown mit dem ursprünglich geplanten Programm der Spielbetrieb fortgesetzt werde.

    Im Augsburger Staatstheater achtet man seit den verschärften Kontaktbeschränkungen noch genauer darauf, möglichst keine Begegnungen zuzulassen. Bücker sagt, dass das Sicherheitskonzept des Hauses aufgehe. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie habe es keine Cluster-Bildung innerhalb des Staatstheaters gegeben.

    Probenbetrieb, so er denn gerade stattfindet, wird im Augenblick nur digital bewerkstelligt – etwa für die Brechtfestival-Produktion. „Wir wollen im Februar wieder mit kleineren Einheiten in den Präsenzprobenbetrieb wechseln, ab Ende Februar dann in größeren Einheiten“, sagt Bücker. Aber wie bei so vielem in Corona-Zeiten macht er auch dahinter ein Fragezeichen – soweit es die aktuelle Lage zulasse. „Die Hoffnung, im März wieder vor Publikum spielen zu können, schwindet langsam“, sagt der Staatsintendant. So sehr er versteht, dass diese Pandemie zu den drastischen Schritten zwingt, so wichtig findet er gleichzeitig, dass die Theater wieder ihre kreative Arbeit aufnehmen dürfen, um auf diese Krisenzeit künstlerisch reagieren zu können.

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