Dass moderne oder zeitgenössische Kunst, die im öffentlichen Raum platziert werden soll, auch auf vehemente Ablehnung stößt, ist ein betagtes und länderübergreifendes Regularium. So war es in Augsburg nach 2000, als Kommunalpolitiker sich zunächst reihenweise eine „Aphrodite“-Plastik von Markus Lüpertz für den Ulrichsplatz wünschten, dann aber – auch in Folge einer Bürgeranhörung – reihenweise wieder umfielen. So war es in Augsburg auch 1992, als die rund drei Tonnen schwere und gut sechs Meter hohe Chromnickelplastik „Ostern“ des Berliner Bildhauerehepaars Matschinsky-Denninghoff zunächst auf dem Rathausplatz aufgestellt wurde.
Die Augsburger sahen "Ostern" von Matschinsky-Denninghoff erst als "Faschingsscherz"
Sie fungierte damals als Teil und öffentliches Aushängeschild einer Matschinsky-Denninghoff-Ausstellung des Augsburger Kunstvereins im Holbeinhaus (rund 15 kleine Skulpturen sowie 30 Zeichnungen), wurde auf dem Rathausplatz aber mit mehr Ablehnung denn Wohlwollen begrüßt. Die Kommentare unter den Passanten reichten von „große Spannung“ über „Faschingsscherz“ bis hin zu „Schandfleck“.
Der Name des Kunstwerks – eben „Ostern“ – tat ein Übriges bei der Bildung der öffentlichen Meinung. Dass Brigitte und Martin Matschinsky-Denninghoff, dieses durchaus international beachtete Künstler-Paar, in der liegenden gewundenen Säule ein Symbol der Grablegung sahen und in der aufgerichteten gewundenen Säule ein Symbol der Auferstehung, mochten etliche Bürger nicht nachvollziehen wollen. Und schließlich stand auch noch – quasi neben „Ostern“ der Verdacht von Steuer-Verschleuderung im öffentlichen Raum.
Augsburger Kunstwerk "Ostern" kostete die Steuerzahler nichts
Nun, so war es ganz und gar nicht. Der ehemalige Kulturreferent Kotter entkräftete bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion so demonstrativ wie sprachlich unglücklich den Verdacht, es könnten Steuermittel aufgewendet werden, mit den Worten: „Kein Pfennig“.
In der Tat hatte die Aufstellung der Skulptur die damalige Augsburger Fluggesellschaft „Interot“ gesponsert. Und für den Ankauf des Werks, auf dass es der Stadt zum Geschenk gemacht werde, war eine groß angelegte, letztlich erfolgreiche Spendenaktion für das gut 500.000 Mark teure Werk gestartet worden.
Blieb nur noch die Frage offen: Wenn nicht Rathausplatz, wo dann? Der damalige Oberbürgermeister Peter Menacher erklärte: „In einer Großstadt muss es einen Platz für Ostern geben.“
Vor dem Augsburger Theater fand "Ostern" von Matschinsky-Denninghoff einen festen Platz
Im Gespräch waren der Platz vor der Kongresshalle, der Moritzplatz, der Botanische Garten, die Messe sowie der Kennedyplatz vor dem Theater. Mit knapper Mehrheit entschied sich im Juli 1992 der Stadtrat für die Verkehrsinsel vor dem Theater, wo Matschinsky-Denninghoffs „Ostern“ bis heute ein markantes und akzeptiertes Zeichen setzt.
Den Standort kommentierte seinerzeit Martin Matschinsky, der Anfang 2020 – neun Jahre nach seiner Frau – verstarb, mit den Worten: „Jetzt wird das hier ein Platz. Vorher dominierten Straßenschilder und Leuchtreklamen.“
Lesen Sie mehr zur Kunst im öffentlichen Raum:
- Kunstspaziergang: Botschaften auf rostigen Gaswerk-Wänden
- Kunst im öffentlichen Raum: Rundgang auf dem Augsburger Campus