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Konzert: Tanita Tikaram im Parktheater: Es war einmal ein Popstar

Konzert

Tanita Tikaram im Parktheater: Es war einmal ein Popstar

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    30 Jahre nach ihrem fulminanten Debüt, inzwischen 50: Tanita Tikaram am Montagabend im Gögginger Kurhaus.
    30 Jahre nach ihrem fulminanten Debüt, inzwischen 50: Tanita Tikaram am Montagabend im Gögginger Kurhaus. Foto: Bernd Rottmann

    Es ist 21.30 Uhr, genau die Mitte ihres eineinhalbstündigen Konzerts im nahezu ausverkauften Parktheater in Göggingen, da spielt Tanita Tikaram das Lied. Gut 30 Jahre ist es her, dass dieses gleich zum Debüt ihren Namen in der ganzen Popwelt bekannt machte. Eine Zeit, in der im Kontrast zum quietschbunten Material-Girl-Spektakel einer Madonna ohnehin auch wieder melancholische Frauenstimmen eine verbreitete Stimmung trafen, Singer-Songwriterinnen wie Tracy Chapman. Oder

    Die besten Momente hat dieser Abend nicht wegen Tanita Tikaram

    Und doch ist es nicht etwa der Höhepunkt des Abends, den die Sängerin – meist an der Akustik-Gitarre, mitunter am Klavier – zudem mit anderen Stücken jenes ersten Albums aus dem Jahr 1988, „Ancient Heart“, durchsetzt: „Cathedral Song“ gleich zu Beginn, später auch das beschwingte „Good Tradition“ und herzschmerzliche „He Likes the Sun“. Jener eine große Hit wirkt viel mehr wie das spannungsreiche Kontrastmittel im Programm. Denn man versteht ja durchaus auch heute noch und in einer spritzigeren Version wie an diesem Montagabend, warum ausgerechnet „Twist in My Sobriety“ dereinst so einschlug: Dieser melancholisch dunkle, fast monotone, darin aber unmittelbar und warm wirkende Gesang nahe der Sprechstimme von Tanita Tikaram wirkt hier einfach am besten und am unverwechselbarsten. Das heißt aber eben auch: Die besten Momente hat dieser Abend also nicht wegen ihr.

    Durchaus gelungen ist zwar auch, wie die Britin mit indisch-malayischen Wurzeln für ihr kommendes Album Covers von für sie wichtigen Künstlerinnen performt: Sie singt Nina Simones Version von „Wild Is The Wind“, sie singt „Love Isn’t a Right“ von der unbekannt gebliebenen Mutter des großen Nick Drake, Molly; und sie meistert in den nach stehenden Ovationen gewährten Zugaben auch Marlene Dietrichs Gassenhauer „Ich bin von Kopf bis Fuß …“, zunächst freilich in englischer Version als „Falling in Love Again“ – aber, weil sie als Soldatentochter ja auch einst in Münster geboren wurde und ihre Kindheit dort verbracht hat, in der letzten Strophe auch in gutem, charmantem Deutsch.

    Die besten, die wirklich hinreißenden Momente hat dieser Abend, wenn Tanita Tikarams fünfköpfige Band ihre Spielfreude entfaltet. Mit Akkordeon und oft auch gezupfter Violine in melodischen Tupfern, mit groovendem Bass und pointiertem Schlagzeug, mit Hingabe an Klarinette und Saxofon – von der „melancholischen Songwriterin“, als die sich der Star des Abends hier selbst bezeichnete, war bei diesem Auftritt in großen Teilen gar nichts mehr zu spüren. Ihr in Kraft und Höhen noch immer ordentlicher, aber doch beschränkter Gesang wirkte meist nur noch fundierend.

    Die Sängerin, eigentlich in knallrotem Hemd optisch hübsch von ihren ganz in Schwarz auftretenden Musikern abgehoben, trat performatorisch zusehends in den Hintergrund. Und dann spielte es eben auch keine Rolle mehr, ob irgendjemand Songs wie das neuere „To Drink the Rainbow“ oder das ältere „Lovers in the City“ schon mal gehört hatte, ob es unter all den nach dem Durchbruch von Tikaram veröffentlichten Alben noch mal Hits gab oder ob die angekündigten Texte eigentlich mal wieder traurig sind: Wenn sich der Schlagzeuger etwa „Love Is a Depression“ so virtuos zum Solo samt Effektgerät ausufernd unter den Nagel reißt, macht sich die Frontfrau am verdientesten, wenn sie solchen Begleitern den Raum gewährt, selbst Freude daran zeigt und sympathisch allürenfrei moderierend durchs Konzert führt. Wenn sie selbst schon nicht, wie sie zur Ankündigung eines Songs dieses Titels sagte, nicht „Rock’n’Roll“ ist: Ihre Begleiter ließen es im Gögginger Jugendstil-Juwel rocken.

    Ein schöner, mitreißender Abend

    Und so ist vielleicht von dieser Tanita Tikaram auch in Zukunft aller Wahrscheinlichkeit nach kein weiterer Chart-Hit mehr zu erwarten, sie wird also wohl für immer ein Popstar gewesen sein. Aber mit dieser Band und einer solchen unprätentiösen Bühnenlust wird sie im Konzert immer einen schönen, interessanten, mitreißenden Abend bieten. Und das hoffentlich nicht nur zu runden Jubiläen.

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