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Kabarett: Der Franzose, der alles sagen darf

Kabarett

Der Franzose, der alles sagen darf

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    Kabarettist Alfons schenkte dem Augsburger Publikum eine Kaskade an herrlichen Anekdoten mit großartigen Pointen.
    Kabarettist Alfons schenkte dem Augsburger Publikum eine Kaskade an herrlichen Anekdoten mit großartigen Pointen. Foto: Wolfgang Diekamp

    Sein Markenzeichen: eine abgeranzte orangefarbene Trainingsjacke aus der DDR, glänzende ins Gesicht gekämmte Haarsträhnen, eine Kladde mit unleserlichen Notizen und ein starker französischer Akzent – das ist Alfons. Die Kunst-, inzwischen auch die Kultfigur, des deutsch-französischen Kabarettisten Emmanuel Peterfalvi. Gestern Abend war Alfons im Parktheater Göggingen mit „Le BEST OF“, einer Auswahl persönlicher Highlights aus der inzwischen über zwanzigjährigen Kabarettgeschichte.

    Der studierte Kommunikationstechnologe aus Paris kam 1991 nach Deutschland, eigentlich, weil er den Militärdienst umgehen wollte. Möglich wurde dies, indem er ihn zivil bei einer französischen Firma in

    Das Parktheater ist ausverkauft, wie immer, wenn Alfons auf dem Spielplan steht. Peterfalvi kommt in seiner orangefarbenen Trainingsjacke und ohne sämtlichen Schischi aus. Zu erleben ist zwei Stunden lang Alfons pur, eine Mischung aus Live- Comedy politischem Kabarett und fast Erzählstube, mit Unterbrechungen für Videoeinspielungen seiner berühmten Ausflüge als Kulturreporter mit dem riesigen Puschelmikrofon. Er stellt Passanten auf der Straße absurde Fragen und ist dabei so unbescholten, dass diese sich oft sehr offen zeigen und so gehegte und sonst versteckte Vorurteile und Schattenseiten in Sekundenschnelle eingefangen sind.

    Alfons porträtiert auch der Deutschen Gepflogenheiten, filmt bei Schützenfesten, Kleintieranlagen und auf Automessen – er weiß, wo er seinen Puschel hinhalten muss, um gute Geschichten einzufangen.

    Eines seiner größten Steckenpferde ist und bleibt aber, die Unterschiede zwischen Deutschen und Franzosen zu beleuchten: Man hört ihm gerne zu, erkennt sich selbst und nimmt ihm nichts übel – auch weil er jeden auf die Schippe nimmt aber dabei immer wertschätzend bleibt. Toll an den Deutschen findet er zum Beispiel ihre Beziehung zur Natur und die Tradition des Spazierengehens. In Frankreich denkt man Fukushima ist eine Sushiplatte und geht nur in den Wald, wenn man einen Kühlschrank zu entsorgen hat!

    Alfons schenkt dem Augsburger Publikum eine Kaskade an herrlichen Anekdoten mit großartigen Pointen, besonders schön ist, dass er sich glaubhaft selbst amüsiert. Das macht Spaß. Darüber hinaus ist Alfons ein großer Geschichtenerzähler, es interessieren ihn Geschichten hinter den Menschen die in Schlagzeilen standen, über den besten Lehrer der Welt aus Kenia zum Beispiel oder über den langsamsten Schwimmolympioniken aller Zeiten.

    Wirklich bemerkenswert ist an diesem sehr unterhaltsamen und sympathischen Künstler, dass es ihm auch als Kabarettist ein Anliegen ist, friedlicher Botschafter zu sein. Dafür scheut er nicht einmal die Möglichkeit, dass die Stimmung während seiner Show kippen könnte. Dies passierte am gestrigen Abend nicht, aber es wurde sehr still im Saal, als Alfons erzählt, was ihn am Verhältnis der Deutschen zu Angela Merkel am meisten verwundert: Nämlich, dass ausgerechnet dann, als die Kanzlerin endlich mal was macht und als einzige in Europa während der Flüchtlingskrise sagte: „Wir haben Werte. Und wir werden helfen!“ sie nicht mehr Deutschlands liebste Mutti war. Und Peterfalvi alias Alfons betont, na klar, jeder dürfe seine Meinung haben, das sei ihm wichtig, aber eins sei für ihn nicht diskutierbar: „Niemand flüchtet aus Spaß.“

    Alfons erntet großen, langen Applaus im Kurtheater, er selbst bedankt sich beim Augsburger Publikum, dass sie bei seinen Geschichten, die zwischen „hahaha und ohhhh“ rangieren, nicht nur herzlich lachten sondern auch für die „ohhhhhs“ offen waren.

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