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Jüdisches Museum: "Hatte eisernen Willen zu leben": Was ein Augsburger in Auschwitz erlebte

Jüdisches Museum

"Hatte eisernen Willen zu leben": Was ein Augsburger in Auschwitz erlebte

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    Ein Bild der Familie Frank aus dem Jahr 1911 zeigt (von links) Ludwig, die Schwester Herta, die Mutter Barbara sowie die Geschwister Siegfried und Rosa.
    Ein Bild der Familie Frank aus dem Jahr 1911 zeigt (von links) Ludwig, die Schwester Herta, die Mutter Barbara sowie die Geschwister Siegfried und Rosa. Foto: Familie Cullmann

    „In der Mitte des Ankunftsplatzes stand ein Kastenwagen mit grossem aufgemaltem roten Kreuz. Die Lastwagen mit den Ungluecklichen setzten sich inzwischen in Bewegung und den Schluss der Kolonne bildete dieser Rote Kreuz-Wagen, der nichts anderes als die Gasbomben fuer die Vergasung enthielt. Kein Mensch hatte natürlich davon eine Ahnung, im Gegenteil, durch die Anwesenheit des R.K.-Wagens hielt man sich etwas geborgen“. Die Sätze schildern eine Ankunft im Konzentrationslager Auschwitz und stammen aus einem Bericht des Augsburgers Ludwig Frank, den dieser, nachdem er 1945 befreit wurde, verfasst hatte. Für seine Familie und Freunde, um die Schrecken der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschine an die Nachwelt weiterzugeben.

    Ludwig Frank: Sieben eng beschriebene Seiten

    „In seiner Sachlichkeit und Distanz ist dieser Bericht eines der erschütterndsten Dokumente, die ich kenne“, sagt Barbara Staudinger, die Direktorin des Jüdischen Museums Augsburg Schwaben. Ihr fielen die sieben eng beschriebenen Seiten in die Hände, als sie zu einem anderen Thema im Archiv von Gernot Römer forschte. Der ehemalige Chefredakteur unserer Zeitung hat sich über Jahrzehnte mit der Geschichte der Juden in

    Auf sieben Seiten berichtet Ludwig Frank über die Zustände im Konzentrationslager Auschwitz.
    Auf sieben Seiten berichtet Ludwig Frank über die Zustände im Konzentrationslager Auschwitz. Foto: Familie Cullmann

    Ludwig Frank selbst war im Jüdischen Museum bisher ein unbeschriebenes Blatt. Nur so viel ist inzwischen bekannt: 1900 in Augsburg in eine jüdische Familie geboren, wurde er während des Novemberpogroms 1938 verhaftet und ins Konzentrationslager Dachau gebracht. 1939 wurde er entlassen, mit der Auflage, Deutschland den Rücken zu kehren. Er ging zu seinem Bruder nach Lyon. Bei einem Fluchtversuch in die Schweiz 1942 wurde er an die Gestapo verraten und nach Auschwitz deportiert. Nach der Befreiung kehrte Ludwig Frank nach

    Ludwig Frank war Schreiber im Familienlager

    In dem Bericht schildert Ludwig Frank die Umstände seiner Flucht aus Frankreich und seiner Verhaftung mit der anschließenden Deportation nach Auschwitz. Sehr genau und nüchtern beschreibt er die Zustände im Lager, berichtet in Details über das Leid und die Qualen der Menschen und weiß doch, dass er die tatsächlichen Vorgänge nur lückenhaft wiedergeben kann: „Und so liesse sich über Scheusslichkeiten, die in der Welt einzig dastehen, ein ganzes Buch schreiben.“

    Aus seinem Bericht geht auch hervor, dass Frank als Schreiber im Theresienstädter Familienlager tätig war. Deshalb habe er so genauen Einblick in das Schicksal der Insassen gehabt, sagt Staudinger. So kann er über die Ankunft von Augsburger Juden in Auschwitz berichten und sie zum Teil sogar namentlich benennen. 107 Menschen seien damals deportiert worden. Wer den Transport überlebt habe, sei nach wenigen Tagen im Lager gestorben. Ludwig Frank überlebte das Grauen trotz seines schon fortgeschrittenen Alters von über 40 Jahren krank und ausgezehrt. „Ich hatte einen eisernen Willen zu leben und meine Lieben wieder zu sehen und ich habe unter furchtbarem Durchfall und anderer Merkmale von bedeutendem Kraefteverfall durchgehalten bis der 1. Amerikaner am 8. Mai kam.“

    Information: Der Schauspieler Matthias Klösel liest am Dienstag, 13. Oktober, um 18.30 Uhr im Kulturhaus Abraxas aus dem Bericht von Ludwig Frank; Tickets nur im Vorverkauf unter www.reservix.de, im Abraxas büro und in der Bürgerinformation am Rathausplatz.

    Hören Sie sich dazu auch unser Gespräch mit Barbara Staudinger, der Direktorin des Jüdischen Museums, aus dem vergangenen Jahr an:

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