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Jubiläum: Marie Luise Heller - eine kompromisslose Künstlerin

Jubiläum

Marie Luise Heller - eine kompromisslose Künstlerin

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    Später hat Heller Muster-Bilder gemalt. Die Linien bestehen aus lauter einzelnen Punkten.
    Später hat Heller Muster-Bilder gemalt. Die Linien bestehen aus lauter einzelnen Punkten.

    Im Nachhinein ist es immer leicht, zu sehen, wo und wie das Neue in die Welt kam. Viel schwieriger ist es, in der Gegenwart zu bemerken, dass sich gerade etwas verändert. Genau dafür hatte die Künstlerin Marie-Luise Heller ein feines Sensorium. Heller, 1918 geboren, gehört zu den Frauen in der Kunst, die zwar schon an einer Kunstakademie studieren durften, nach dem Zweiten Weltkrieg in den 1950er und 1960er Jahren aber ganz selbstverständlich in der zweiten Reihe standen. Heller hinter ihrem Künstler-Gatten Ernst Weil, um dessen Karriere es erst einmal ging.

    Nur fand sich Heller nicht ein ganzes Künstlerleben lang damit ab. Nach 20 Jahren, in denen sie ihr eigenes Schaffen mehr oder weniger zurückgestellt hatte, nach der gescheiterten Ehe mit Weil, stürzte sie sich wieder in die Kunst, wie Thomas Weil, ihr Adoptivsohn, erzählt. Heller setzte dort wieder ein, wo sie in den 1950er Jahren stand, bei der informellen Malerei, kam dann allerdings äußerst schnell in völlig neue Fahrwasser.

    Das spannende Bild der Künstlerin Marie-Luise Heller

    Wie im Zeitraffer kann diese Entwicklung gerade in der Galerie Claudia Weil in Friedberg-Rinnenthal nachvollzogen werden. Wenn die Galeristin

    Das begann in den ausgehenden 1960er Jahren mit Experimenten, weil ihr Leinwand und Ölfarben nicht mehr genügten. Sie wollte neue Materialien verwenden. Anfangs war das der Kleber für Plexiglas-Platten, den sie einfärbte und dann in einer fließenden Bewegung auf den Maluntergrund auftrug. Glitzernde Linien auf dem Papier entstanden, Spiralformen, die sie malend ausfüllte. Und von dort ging es weg von der Malerei. Sie, die ausgebildete Malerin, die Picasso in Paris getroffen hatte, bei Willi Geiger in München studiert hatte, mit Otto Piene zusammen gearbeitet hatte, diese Vollblut-Malerin ließ das alles zurück und begann, Objekte herzustellen: aus Plexiglas-Platten mit knallbunten Farben. Plötzlich war sie keine informelle Malerin mehr, sondern eine Op-Art-Künstlerin.

    Die knalligen Farben verschwanden

    Fünf, sechs, sieben Jahre lang entstanden im Atelier in München Objekte, bis bei Heller sich langsam die nächste Häutung als Künstlerin einstellte. Heller begann, sich mit Zen-Buddhismus und Meditation zu beschäftigen, damit einhergehend verschwanden die knalligen Farben auf den Plexiglas-Objekten. Und: Die Muster dort wurden komplexer. Schließlich kehrte Heller auf die Leinwand zurück. Sie fing an, Leinwände mit Klebestreifen zu „bemalen“ – mit sich wiederholenden Mustern. Schließlich griff sie zum Stift, setzte Punkt neben Punkt zu breiten Linien zusammen und diese Linien zu großformatigen sich endlos wiederholenden Mustern, die fast ein bisschen schwindlig machen. Mit welcher Akribie und mit welchem Perfektionswillen sie zur Sache ging, lässt sich auf diesen Bildern erahnen – die aus Punkten zusammengesetzten Linien laufen alle gleich breit und in gleich starker Deckung. Kein Punkt berührt einen anderen. Wochen verbrachte sie Punkte setzend vor einer Leinwand, bis ein Bild fertiggestellt werden konnte.

    Von dort ging es in den 1990er Jahren noch einmal weiter – die Muster lösten sich auf, einzelne Linien blieben übrig. Die Bilder, die nun entstanden, erinnern an Kalligrafie. Und von dort reduzierte sie über die Jahre ihre Arbeiten noch weiter, bis nur noch drei, am Schluss zwei Linien auf einer Leinwand übrig blieben.

    Ein Werkverzeichnis ist in Arbeit

    Zu sehen ist das gerade alles in Rinnenthal in der Galerie Claudia Weil. Bemerkenswert ist, dass das Werk der Künstlerin Marie-Luise Heller, die 2009 in Augsburg gestorben ist, wieder verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt bekommt. In Berlin hat sich die Galeristin Sabine Tauscher das Ziel gesetzt, das Oeuvre kunsthistorisch aufzuarbeiten und ein Werkverzeichnis zu erstellen. Zuletzt waren Arbeiten von Marie-Luise Heller in

    der Ausstellung „100 Jahre Marie-Luise Heller“ in der Galerie Claudia Weil bis zum 21. Oktober (Ferien vom 1. bis zum 20. September), geöffnet Freitag und Samstag von 15 bis 18 Uhr. Parallel dazu ist im Schauraum in der Bergstraße 11 in Augsburg eine Ateliersituation von Marie-Luise Heller nachgestellt. Der Raum kann von der Straße aus betrachtet werden.

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