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Hilfsaktionen: Kulturschaffende kämpfen in der Corona-Krise ums Überleben

Hilfsaktionen

Kulturschaffende kämpfen in der Corona-Krise ums Überleben

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    Dot präsentiert sein neues Album „Monsters“ über den Stream auf clubundkultur.tv, einem Augsburger Zusammenschluss.
    Dot präsentiert sein neues Album „Monsters“ über den Stream auf clubundkultur.tv, einem Augsburger Zusammenschluss. Foto: Youtube

    Konzerte und Theatervorstellungen sind abgesagt, Kinosäle und Tanzflächen verwaist. Das Coronavirus diktiert seit Wochen den Alltag der Menschen in Deutschland – das kulturelle Leben in aller Öffentlichkeit kommt darin nicht mehr vor. Das bringt Kulturschaffende und Veranstalter in existenzielle Nöte.

    Im Sensemble Theater gibt es Gutscheine statt Karten

    Im Spielplan des Sensemble-Theaters entfallen die kommenden Veranstaltungen. Wenn die Ausgehbeschränkungen wieder gelockert werden, könnte die nächste Aufführung am 22. April sein – aber eben auch nur wenn… Planen kann Theaterleiter Sebastian Seidel unter diesen Umständen nicht. Er versucht indes durch Aktionen, etwas Geld in die Kasse zu spülen, wovon laufende Kosten beglichen werden können. „Jetzt spenden statt Applaus“ lautete ein Aufruf auf der Homepage des Theaters, „Gutscheine statt Karten“ ein anderer. „Wir sind sehr glücklich. Uns erreichen Spenden und es werden viele Gutscheine geordert. Das hilft uns“, sagt er.

    Aufmunternde E-Mails kämen nun ebenfalls zur rechten Zeit. Seidel: „Es tut gut zu lesen, wie sehr unser Theater vielen Augsburgern am Herzen liegt. Sie schreiben, dass wir ein Kraftort sind.“ Der Theaterleiter hofft, dass sie es durch die mentale und finanzielle Unterstützung bis in den Mai schaffen werden. Eine Aussage, wie lange Kulturbetriebe geschlossen bleiben, könne schließlich niemand treffen. Eines weiß Seidel allerdings schon jetzt: Sobald sie ihren Spielbetrieb wieder aufnehmen können, werde es viele Zusatzvorstellungen geben. „Wir machen auch keine Sommerpause. Wenn es geht, werden wir den August durchspielen.“

    Corona-Verluste lassen sich nicht nachholen

    Den Mitgliedern der Augsburger Club- und Kulturkommission (CUKK), ein Zusammenschluss von Club-, Party-, Konzert- und Kulturveranstaltern in Augsburg, sind aufgrund des Coronavirus ebenfalls die Hände gebunden. „März und April sind eigentlich top Monate. Die fehlen uns. Verlorene Umsätze können wir nicht nachholen“, sagt Sebastian Karner, der die Kantine, das Lamm und die Soho Stage betreibt.

    Gemeinsam mit seinen Mitstreitern Club- und Kulturkommission, der Stadt Augsburg, dem Staatstheater, dem Kulturhaus Abraxas und einem kreativen Technikteam wollen sie in dieser Phase „Lebenszeichen“ setzen und zeigen Livestreams im Internet. Konzerte, DJ-Acts, Theaterstücke, Poetry Slams und Lesungen sind in unterschiedlichen Locations geplant. Die Technik für das Streamen hat die Kommission gestiftet. „Wir wollen in dieser Situation gemeinschaftlich auftreten und gesehen werden“, betont Bernhard Klassen, Vorstand der CUKK.

    Die Corona-Krise ist ein Kraftakt für die Clubszene

    Gezeigt wurde etwa schon ein Konzert des Augsburger Rappers Errdeka auf der Brechtbühne, das DJ-Set des Kollektivs Melomani (Aleks Zylla und Robert Pfab) oder „Wein, Käse & Literatur“ mit Marius Müller im Tante Frizzante & Herr Brand. Als Gegenleistung bitten die Organisatoren um eine Spende und haben dafür eine Kampagne bei Startnext gestartet. Bei der Aktion mit dem Titel „Rettet die Club & Kulturszene in Augsburg“ haben immerhin schon über 120 Unterstützer knapp 5000 Euro an Spenden zugesichert. Klassen: „100 Prozent der Spenden gehen zurück in die Szene.“ Für Sebastian Karner ist klar: „Wir haben vor Corona Kultur gebraucht und wir brauchen sie danach. Wir werden aber sehen, wer in der Augsburger Club- und Klublandschaft danach noch übrig bleibt.“ Es sei für alle ein Kraftakt.

    Auch im Jazzclub mussten reihenweise Konzerte abgesagt werden. „Das ist so schade. Wir hatten ein tolles Programm auf die Beine gestellt, der Vorverkauf lief gut“, hadert Sascha Felber, erster Vorsitzender des Vereins, mit der Situation. Nun müssten sie sich „durchwurschteln“. Genauso wie das Sensemble-Theater hat auch der Jazzclub auf seiner Internetseite seine Kundschaft um Spenden und den Kauf von Gutscheinen gebeten. „Wir haben auch schon einige Spenden und Bestellungen erhalten. Aber das deckt die Kosten nicht“, sagt Felber. Die Vereinsmitglieder wollen sich noch mehr einfallen lassen – so wollen sie sich etwa auch an der breit aufgestellten Streaming-Aktion der Augsburger Kulturszene beteiligen. „Für das erste Konzert, das gestreamt werden soll, konnten wir Tim Allhoff gewinnen. Das Konzert soll in den kommenden Wochen stattfinden.“ Sascha Felber sieht aber auch die Stadt in der Pflicht. Im Rahmen der Kulturförderung müssten die Clubs und Spielbetriebe jetzt unterstützt werden.

    Das Liliom verkauft Stuhlpatenschaften

    Auf Unterstützung ist auch das Liliom angewiesen. Neben Kino- und Restaurant-Gutscheinen mit allen möglichen Wunschbeträgen können auch Kino-Jahreskarten in Verbindung mit einer Stuhlpatenschaft gekauft werden. „Gutscheine und Jahreskarten werden bei uns nachgefragt“, ist Betreiber Michael Hehl froh über den Zuspruch. Im Januar 2019 hätten Daniela Bergauer und er gerade erst das Kino übernommen und in dem einen Jahr viel Stammpublikum hinzugewonnen. Diese Zwangspause käme nun mehr als unpassend. „Gerade vor Ausbruch des Coronavirus sind wir mit der Renovierung des Restaurants fertig geworden.“ Als Nächstes sollen die Kinos renoviert werden. „Vielleicht ziehen wir das jetzt vor. Das Schlimme ist, dass niemand sagen kann, wie lange es hintenraus dauert“, sagt Michael Hehl.

    Nächste Termine Das Staatstheater Augsburg bietet am Freitag, 3. April, um 20.15 Uhr einen Theaterabend „Ananas@Home“ als Livestream unter clubundkultur.tv an. Das Kulturhaus Abraxas sendet am Samstag, 4. April, eine Kinder-Vorlesung ab 14.30 Uhr.

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