Durch das Schaufenster seiner Apotheke, mitten im Krakauer Ghetto, verfolgte der Nichtjude Tadeusz Pankiewicz den Terror der Deutschen auf dem Friedensplatz. Im März 1941 machten sie aus einem Stadtteil mit 3000 Bewohnern innerhalb von 17 Tagen ein Ghetto. 15000 jüdische Bürger wurden hierher zwangsumgesiedelt. Nur Pankiewicz blieb als einziger Nichtjude auf diesem scharf bewachten Areal. Direkt nach dem Krieg schrieb er seine Erlebnisse auf.
„Die Apotheke im Krakauer Ghetto“ ist eine sachliche, unaufgeregte und doch grausige Dokumentation. In einer vom Ensemble Feygele gerahmten Veranstaltung wurde die Neuauflage des Buches vorgestellt. Trocken, ohne Drama las Schauspieler Matthias Klösel in der Stadtbücherei. Die Buchhandlung am Obstmarkt und der Verein „Gegen Vergessen“ nahmen ihre 130 Zuhörer mit auf eine größere Reise. Im Gespräch mit dem Vereinsvorsitzenden Stefan Mack erklärte der Friedberger Verleger Jupp Schluttenhofer: „Was die Deutschen anrichteten, ist ungeheuerlich. Ich wollte, dass die Menschlichkeit dieses Mannes, seine Erinnerungen und Augenzeugenberichte nicht verloren gehen.“
Doch auch heute gibt es in Augsburg direkte Bezüge zu Krakau und dem nahen KZ Plaszow. Auf dem Podium, zwischen den Instrumenten seiner Klezmer-Band, berichtete Feygele-Gründer Josef Strzegowski erstmals öffentlich von seiner Familiengeschichte. Sein Vater stammte aus der Krakauer Gegend. Er war als 28-Jähriger im Krakauer Ghetto und Plaszow interniert. Hier gab es statt eines Krematoriums einen Erschießungshügel, auf dem, so hatte Strzegowski von seinem Vater später erfahren, am Fließband Juden erschossen wurden. Mehrfach stand auch sein Vater dort oben. Doch ein österreichischer Offizier holte ihn jedes Mal wieder herunter, weil er Strzegowskis Namen mit dem des Komponisten Tschaikowsky verwechselte. Tagelange Folter in einem russischen Bunker hielt er ebenfalls stand, wie der Musiker erzählt. Der Vater überlebte. „Dass es dieses Buch jetzt wieder gibt, es nicht nur die Grausamkeiten, sondern in Gestalt des Apothekers auch die Menschlichkeit dokumentiert, ist für uns Juden von großer Wichtigkeit“, erklärt er.
Tadeusz Pankiewicz, „Die Apotheke im Krakauer Ghetto“, 288 Seiten, 25 Euro. Erhältlich in der Buchhandlung am Obstmarkt