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Musik: Eine Begegnung, die alles verändert

Musik

Eine Begegnung, die alles verändert

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    Ein Faible für die Musik des 20. Jahrhunderts hatte Stefan Barcsay schon immer. Mittlerweile hat er sich ganz auf Stücke der Gegenwart spezialisiert und arbeitet dafür mit vielen Komponisten zusammen.
    Ein Faible für die Musik des 20. Jahrhunderts hatte Stefan Barcsay schon immer. Mittlerweile hat er sich ganz auf Stücke der Gegenwart spezialisiert und arbeitet dafür mit vielen Komponisten zusammen. Foto: Wolfgang Mennel

    Sich neu zu erfinden, gehört zu den schwierigsten Aufgaben. Erst recht, wenn man sich im Leben eingerichtet hat. Manchmal hat sich der Augsburger Gitarrist Stefan Barcsay tatsächlich in den letzten Jahren gefragt, ob er den Weg, den er eher zufällig eingeschlagen hat, so konsequent weiterbeschreiten soll. Aber einfach zurück zum Alten, einfach so weitermachen wie davor wollte er auch nicht. Also, was ist da vor acht Jahren so Einschneidendes geschehen?

    Damals war Barcsay 52 Jahre alt, er unterrichtete (wie heute auch) an der Berufsfachschule für Musik in Krumbach und gab Konzerte – mit klassischen Gitarrenstücken, gerne aber auch Musik aus dem 20. Jahrhundert. Und alles deutete daraufhin, dass das musikalische Leben so weiterverlaufen würde, hier der Unterricht und dort die Konzerte. Dann wurde Barcsay von einem befreundeten Musiker gefragt, ein zeitgenössisches Gitarrenstück im Rahmen eines Chorkonzerts zu spielen. Und weil Barcsay wusste, dass der befreundete Musiker den Komponisten Enjott Schneider kannte, fragte er (eher aus einer Laune heraus), ob dieser nicht Schneider nach einer neuen Komposition für Gitarre fragen könne. „Erst dachte ich, dass daraus nichts wird. Dann kam die Antwort, dass

    Es haben sich Welten aufgetan

    Das war der Moment, der alles in Bewegung gebracht hat, der Barcsay auf völlig neue musikalische Wege geführt hat. „Bis dahin bin ich einfach nicht auf den Gedanken gekommen, dass mir ein Komponist ein Stück schreiben könnte“, sagt Barcsay. Von da an wurde genau das der neue Weg. Zuvor wollte er keine CDs aufnehmen, seitdem sind es vier Solo-CDs und zwei CDs, auf denen Barcsay auch mit Sängern zu hören ist. „Es haben sich Welten aufgetan, die ich davor nicht erahnt habe. Ich begegne Musik, die so spannend ist, wie ich es mir nie vorstellen konnte“, sagt er.

    Denn aus der Zusammenarbeit mit Enjott Schneider haben sich inzwischen viele weitere Projekte mit anderen zeitgenössischen Komponisten entwickelt. Für Barcsay hat sich die Tür zur Musik der Gegenwart auf neue Weise geöffnet. Und er ist mittlerweile auch nicht nur der Interpret, der darauf wartet, ein neues Stück spielen zu dürfen, sondern gleichzeitig Ideengeber für Kompositionen und Projekte. Barcsay hat so mit den Komponisten Alois Bröder, Ulrich Schultheiss, Larisa Vrhunc, Stephan Marc Schneider, Dominik Uhrmacher, Joachim F. W. Schneider, Hubert Hoche, Richard Heller, Stefan Blum, Erich S. Hermann, Toni Völker zusammengearbeitet; diese Aufzählung ist nicht vollständig.

    Der Moment, wenn Barcsay ein neues Musikstück geschickt bekommt und es bei sich zu Hause das erste Mal spielt, hat etwas Magisches, etwas völlig Neues, und er darf es zum ersten Mal spielen und hören. „Manchmal denke ich mir, dass es technisch viel zu schwer ist, dass ich es nie spielen kann.“ Aber eine Woche später funktioniert es auf einmal. Manchmal geht das Gespräch mit dem Komponisten auch weiter. Dann fragt Barcsay nach, ob er hier eine Winzigkeit von Pause einfügen könne, damit die Griffhand sich bewegen kann. Andernfalls sei das Stück eine Unmöglichkeit.

    Einmal musste er das Instrument neu lernen

    Nicht jeder, der für Barcsay Stücke auf der Gitarre schreibt, kennt das Instrument und seine Tücken so gut, dass er einschätzen kann, ob die Komposition technisch leicht, extrem schwer oder gar nicht mehr spielbar ist. Erst neulich kam ein Komponist zu Besuch zu Barcsay. Beide erkundeten, was für verschiedene Klänge man einer Gitarre entlocken kann, etwa wenn man mit einem Stahlstift auf die Saiten schlägt.

    Für ein Werk musste Barcsay das Spielen der Gitarre neu lernen. Eine Komposition sah eine andere Stimmung der Grundsaiten vor. „Das war so ungewohnt, so seltsam am Anfang, dass ich nur fünf Minuten üben konnte und dann eine Pause machen musste.“ Der Anschlag der Saite hatte sich verändert, alles war dadurch anders. Wenn Barcsay davon spricht, dann als einem Glück. Das Glück desjenigen, der das Altbekannte plötzlich vollkommen neu erfahren darf.

    Zuletzt hat Barcsay die CD „Nacht und Träume“ vorgelegt. Angeregt von dem gleichlautenden Schubert-Lied fragte Barcsay Komponisten, ob ihnen zu diesem Lied eine Antwort in Form einer Komposition für Gitarre einfällt. Klaus Hinrich Stahmer, Alois Bröder, Joachim F. W. Schneider, Stephan Marc Schneider, Stefan Blum und Larisa Vrhunc haben Barcsay dafür Stücke geschrieben.

    Johannes X. Schachtner wich aus und meinte, dass er angeregt von Schuberts „Meeres Stille“ etwas komponieren könne. Daraus wächst gerade das neue CD-Projekt von Barcsay, die fünfte Solo-Einspielung.

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